Österreichisches Parlament

10/22/2021 | Press release | Distributed by Public on 10/22/2021 07:14

Gentechnik ist bedeutender Faktor für Wissenschaft und Wirtschaft

Wien (PK) - Das österreichische Gentechnikgesetz schreibt eine Information der Öffentlichkeit über die Entwicklungen auf dem Gentechniksektor im Dreijahresrhythmus vor. Der achte Bericht seit Bestehen des Gentechnikgesetzes für den Berichtszeitraum von 2017 bis 2019 (III-411 d.B.) wurde von Gesundheitsministerium und Wissenschaftsministerium dem Nationalrat vorgelegt.

Im Berichtszeitraum wurde in Österreich kein Antrag auf Freisetzung oder Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Organismen gestellt. Auf dem Gebiet der somatischen Gentherapie am Menschen wurde ein Antrag zur Erprobung einer neuen Behandlungsmöglichkeit bei schwerer Form von Hämophilie A gestellt.

Die wirtschaftliche Bedeutung der Gentechnologie in den Bereichen der Forschung, der Humanmedizin und Pharmazie ist enorm gestiegen, wie es im Bericht heißt. Die Gentechnik habe sich von einer ehemals neuen und der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannten wissenschaftlichen Spezialdisziplin zu einer durchaus gut etablierten, gut verwalteten und gut in den wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Kontext integrierten Materie entwickelt.

Erzeugnisse mit gentechnisch veränderten Organismen

Im Berichtszeitraum erfolgte die Marktzulassung von 36 gentechnisch veränderten Organismen: Zwanzig Mais-Linien, drei Raps-Linien, vier Baumwoll-Linien, sieben Sojabohnen-Linien, eine Zuckerrüben-Linie sowie eine Nelken-Linie zur Verwendung als Schnittblume. Die gentechnische Veränderung beinhaltet fast ausschließlich die Einbringung von Genen zur Herbizidtoleranz und/oder Insektenresistenz. Mit Ende 2019 befanden sich weitere 40 Produkte in unterschiedlichen Stadien des Zulassungsverfahrens.

Genetische Analysen und Therapien gut etabliert

Der wissenschaftliche Ausschuss für Genanalysen und Gentherapie am Menschen (WAGG) begutachtete insgesamt 16 Anträge auf Zulassung von Einrichtungen zur Durchführung von genetischen Analysen. Dabei handelte es sich um drei Neuanträge und 13 Anträge auf Erweiterung einer bereits bestehenden Zulassung, davon sieben zur Durchführung von Präimplantationsdiagnostik (PID). Erstmals war die Zahl der Erweiterungsanträge größer als die Zahl der Neuanträge. Dies führen die AutorInnen des Berichts darauf zurück, dass sich offenbar bereits zugelassene Einrichtungen in den vergangenen Jahren gut etabliert haben und nun ihr Tätigkeitsgebiet erweitern.

Rechtliche Änderungen

Im Berichtszeitraum 2017-2019 erfolgten zwei Anpassungen des Gentechnikgesetzes an die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sowie das Erwachsenenschutzrecht. Der Europäische Gerichtshof stellte fest, dass durch Mutagenese (Herbeiführung von Mutationen des Erbguts) gewonnene Organismen genetisch veränderte Organismen (GVO) sind und daher grundsätzlich den in der GVO-Richtlinie vorgesehenen Verpflichtungen unterliegen. Dieses Urteil spielte eine wichtige Rolle für die Einstufung der sogenannten "neuen Züchtungstechniken". Dabei handelt es sich um gentechnische Methoden, die vorwiegend in der Pflanzenzüchtung eingesetzt werden können. Durch Anwendung dieser "neuen Züchtungstechniken" werden gezielte Veränderungen des Genoms vorgenommen. Auch herbizid- oder pestizidresistente Pflanzen werden so erzeugt. Für Österreich bestehe derzeit kein Handlungsbedarf in der Umsetzung des EuGH-Urteils, da das Gentechnikgesetz diesem vollinhaltlich entspreche, stellt der Bericht fest. Validierte Nachweismethoden dieser "neuen Züchtungstechniken" sollen entwickelt werden, da derzeit genomeditierte Produkte nicht nachweisbar sind.

Gentechnisch veränderte Petunien aus dem Verkehr gezogen

In den Niederlanden, Großbritannien, Deutschland und in Dänemark sind gentechnisch veränderte Zierfische sowie deren Nachzüchtungen ohne Zulassung in Verkehr gebracht worden. Da das Inverkehrbringen von in der EU nicht zugelassenen GVO verboten ist, wurde für Österreich auf der Internetseite des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen eine entsprechende Warnung veröffentlicht, um Zoohandlungen auf die Problematik aufmerksam zu machen.

Im April 2017 gelangten in Finnland erstmals Petunien in den Handel, die von den Behörden als gentechnisch verändert identifiziert wurden. Gentechnisch veränderte Pflanzen benötigen eine europäische Zulassung. Bei den gentechnisch veränderten Pflanzen handelte es sich um orangefarbene bzw. lachsfarbene Sorten. Es bestand allerdings zu keiner Zeit Gefahr für Menschen, Tiere oder die Umwelt, heißt es im Bericht. In Österreich gelangten keine gentechnisch veränderten Petunien in den Handel.

Wirtschaftliche Aspekte der Gentechnik

Anwendungen der Gentechnik sind wesentliche Bestandteile der modernen Biotechnologie und eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts mit hohem wirtschaftlichen Impact und enormen wirtschaftlichem Wachstumspotenzial, so der Bericht. Generell sind durch gentechnische Anwendungen betroffen: die Landwirtschaft ("grüne Gentechnik") sowie die Industrie ("weiße Gentechnik"). Eine besonders wichtige Rolle spielt Gentechnik vor allem aber im Gesundheitsbereich ("rote Gentechnik"). Der landwirtschaftliche Anbau von genetisch veränderten Pflanzen hat in Österreich keine wirtschaftliche Bedeutung, allerdings gibt es durchaus Importe von Futtermitteln dieser Kategorie. 2019 wurden insgesamt 557.000 Tonnen Sojabohnen und Sojaschrott nach Österreich importiert, die aus den USA bzw. aus Südamerika stammen.

Die Arzneimittelindustrie und Medizin wäre in ihrer heutigen Form ohne Gentechnik gar nicht mehr vorstellbar, heißt es im Bericht weiter. Im Berichtszeitraum wurde mit den finanziellen Förderinstrumenten die Gründung von insgesamt 23 Unternehmen mit einer Gesamtfördersumme von 16,5 Mio. € und von 22 Vorgründungsprojekten mit einer Gesamtfördersumme von 4,2 Mio. € im Life Sciences Bereich unterstützt. Von diesen beschäftigen sich etwa die Hälfte mit Gentechnologie im engeren Sinn, rund zwei Drittel

haben einen mittelbaren Bezug zur Gentechnik.

Neu gegründete und junge österreichische Unternehmen sind im Hinblick auf ihre Überlebensfähigkeit überdurchschnittlich stabil, ca. 85% der seit 1998 geförderten Unternehmen sind noch operativ bzw. nach einem erfolgreichen Exit in einem anderen unternehmerischen Verband tätig. Gemäß Gentechnikbericht existieren in Österreich 363 Unternehmen der Biotech- und Pharmaindustrie mit etwa 28.850 MitarbeiterInnen und Umsatzerlösen von 13,97 Mrd. € pro Jahr. Im Berichtszeitraum wurden sieben Forschungsaufträge vergeben. (Schluss) ibe