European Commission - Directorate-General for Employment, Social Affairs and Inclusion

01/30/2023 | Press release | Archived content

Rat nimmt Empfehlung zu angemessenem Mindesteinkommen an

Diese Empfehlung des Rates stellt darauf ab, Armut und soziale Ausgrenzung zu bekämpfen sowie ein hohes Beschäftigungsniveau zu erreichen, indem eine angemessene Einkommensunterstützung durch eine Mindestsicherung, ein wirksamer Zugang zu unterstützenden und essenziellen Dienstleistungen für Personen ohne ausreichende Mittel und die Integration arbeitsfähiger Personen in den Arbeitsmarkt gefördert werden.

Eine Empfehlung zur Stärkung der Netze der sozialen Sicherheit

Zwar verfügen alle Mitgliedstaaten über Netze der sozialen Sicherheit, doch sind die Fortschritte im Hinblick auf Zugänglichkeit und Angemessenheit dieser Netze uneinheitlich. Daher empfiehlt der Rat, dass die Mitgliedstaaten solide Netze der sozialen Sicherheit bereitstellen und, wenn nötig, diese verstärken, indem angemessene Einkommensunterstützung durch Mindestsicherungsleistungen und andere damit verbundene Geldleistungen und Sachleistungen kombiniert werden und der Zugang zu unterstützenden und wesentlichen Dienstleistungen ermöglicht wird. Den Mitgliedstaaten wird empfohlen, die Höhe des Mindesteinkommens im Rahmen einer transparenten, soliden und im Einklang mit dem nationalen Recht festgelegten Methodik unter Einbeziehung einschlägiger Interessenträger festzusetzen und dabei allgemeine Einkommensquellen, besondere Bedürfnisse benachteiligter Haushalte, Einkommen von Geringverdienenden oder Mindestlohnempfängern, Lebensstandard und Kaufkraft, Preisniveau und damit verbundene Entwicklungen zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Förderung der Geschlechtergleichstellung, der Einkommenssicherheit und der wirtschaftlichen Unabhängigkeit von Frauen, jungen Erwachsenen und Menschen mit Behinderungen empfiehlt der Rat außerdem, die Möglichkeit vorzusehen, dass die Mindestsicherung auch einzelnen Haushaltsmitgliedern gewährt wird.

Den Mitgliedstaaten wird ferner empfohlen, bis spätestens 2030 schrittweise ein angemessenes Niveau der Einkommensunterstützung zu erreichen, dabei aber gleichzeitig die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu wahren. Darüber hinaus sollten die Mitgliedstaaten die Höhe der Mindestsicherung regelmäßig überprüfen und sie gegebenenfalls anpassen, um die Angemessenheit dieser Unterstützung aufrechtzuerhalten. In Zeiten eines wirtschaftlichen Abschwungs kann ein flexibel gestaltetes Mindesteinkommen eine wichtige Rolle bei der Abmilderung der negativen sozialen Folgen und bei der Stabilisierung der Wirtschaft spielen.

Mindestsicherung: der Schlüssel zur Überwindung von Armut und Ausgrenzung

Die Mindestsicherung ist ein Schlüsselelement in den Strategien zur Überwindung von Armut und Ausgrenzung. Sie trägt auch zur Unterstützung einer nachhaltigen und inklusiven Erholung bei Wirtschaftskrisen bei. Robuste Netze der sozialen Sicherheit verbessern nicht nur die soziale und gesundheitliche Lage derjenigen, die am weitesten vom Arbeitsmarkt entfernt sind, sondern sie bringen auch dauerhafte soziale und wirtschaftliche Vorteile für die Europäische Union mit sich, was zu gerechteren und resilienteren Gesellschaften mit einem stärkeren Zusammenhalt führt.

Trotz der Fortschritte in den letzten zehn Jahren waren im Jahr 2021 über 95,4 Millionen Menschen nach wie vor von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, wobei das Risiko für Frauen höher ist. Die COVID-19-Pandemie hat die sozialen und wirtschaftlichen Vorteile angemessener und zielgerichteter Netze der sozialen Sicherheit deutlich gemacht, wobei die Eindämmungsmaßnahmen Frauen und benachteiligte Gruppen unverhältnismäßig stark treffen, insbesondere was den Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung anbelangt. Der ungerechtfertigte und rechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat zu einem drastischen Anstieg der Energiepreise geführt, und die dadurch bedingte Inflation beeinträchtigt Haushalte mit niedrigem Einkommen und Haushalte mit mittlerem Einkommen noch zusätzlich.

Hintergrund

Diese Empfehlung baut auf der Empfehlung 92/441/EWG des Rates über gemeinsame Kriterien für ausreichende Zuwendungen und Leistungen im Rahmen der Systeme der sozialen Sicherung auf, die sie ersetzen wird. Sie ergänzt auch die Empfehlung 2008/867/EG der Kommission zur aktiven Eingliederung der aus dem Arbeitsmarkt ausgegrenzten Personen. Der Rat hat in seinen Schlussfolgerungen vom 9. Oktober 2020 zur Stärkung der Mindestsicherung zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung in der COVID-19-Pandemie und darüber hinaus aufgerufen.

Die Kommission hat den Vorschlag für die Empfehlung in der Sitzung der Gruppe "Sozialfragen" vom 7. Oktober 2022 vorgestellt. Nach der Prüfung durch die Gruppe wurde unter tschechischem Vorsitz Einvernehmen über den Kompromisstext erzielt. Da die für die Überarbeitung durch die Rechts- und Sprachsachverständigen erforderliche Zeit einer förmlichen Annahme im Dezember im Wege stand, erzielten der AStV und der Rat auf der Tagung des AStV am 30. November 2022 und auf der Tagung des Rates "Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucherschutz" am 8. Dezember 2022 zunächst eine politische Einigung über den Text. Die Empfehlung wurde dann auf der Tagung des Rates am 30. Januar 2023 als A-Punkt förmlich angenommen.

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