German Federal Chancellor

04/24/2024 | Press release | Distributed by Public on 04/24/2024 08:38

Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und Premierminister Sunak am 24. April 2024

(Die Protokollierung des fremdsprachlichen Teils erfolgte anhand der Simultandolmetschung)

BK Scholz: (auf Englisch) Sehr geehrter Herr Premierminister, lieber Rishi Sunak, es freut mich ganz besonders, Sie heute hier in Berlin begrüßen zu dürfen. Deutschland und das Vereinigte Königreich sind enge Freunde, Partner und Verbündete. Wir haben eine lange gemeinsame Geschichte, einen ähnlichen Blick auf die Welt und teilen wichtige Werte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die freie Marktwirtschaft. Herzlich willkommen in Berlin!

(auf Deutsch) Meine Damen und Herren, lassen Sie mich etwas wiederholen, was mir sehr wichtig ist: Ohne Sicherheit ist alles nichts. Ich sage das natürlich mit Blick auf den unerbittlichen Angriffskrieg, den Russland seit mehr als zwei Jahren gegen die Ukraine führt - ein Krieg, der unermessliches Leid und unglaubliche Zerstörung erzeugt. Deutschland und Großbritannien stehen gemeinsam an der Seite der Ukraine. Unser Ziel ist klar: zu unterstützen, dass sich die Ukraine gegen die russische Aggression behaupten kann. Wichtig ist aber auch: Wir, die Nato-Staaten, sind nicht im Krieg mit Russland. Deutschland und Großbritannien sind die größten Unterstützer der Ukraine in Europa, und wir werden, lieber Rishi, unsere Unterstützung so lange fortsetzen, wie das notwendig ist.

Es ist ein ermutigendes und auch notwendiges Signal, dass der amerikanische Kongress nun die Gelder zur Unterstützung der Ukraine freigegeben hat. Diese Entscheidung zeigt, dass Putin sich verrechnet, wenn er glaubt, die Staaten in Europa, die USA und all die anderen Unterstützer würden die Ukraine irgendwann im Stich lassen. Wir werden das nicht tun.

Ich will aber auch klar sagen: Der Beschluss der Vereinigten Staaten entbindet uns hier in Europa nicht von der Aufgabe, unsere Unterstützung für die Ukraine weiter auszubauen, damit das Land sich gegen die Aggression verteidigen kann. Alle Europäer sollten im Verhältnis ihrer jeweiligen Wirtschaftskraft die notwendigen Entscheidungen treffen. Wir werden uns weiter eng untereinander abstimmen, insbesondere zu gemeinsamen Projekten zum Training von ukrainischen Soldatinnen und Soldaten und um die verteidigungsindustrielle Basis der Ukraine zu stärken. Die ganz konkrete Kooperation bei Hubschraubern im Hinblick auf Wartung, Ausbildung und Bewaffnung gehört zum Beispiel dazu.

Russlands Überfall auf die Ukraine markiert eine Zeitenwende; das habe ich immer wieder so gesagt. Damit ist natürlich verbunden, dass wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine die Sicherheitsarchitektur Europas und die Verständigung in Europa und in der Welt, dass Grenzen mit Gewalt nicht verändert werden sollen, gefährdet sind. Für uns hier in Europa bedeutet das, dass wir den europäischen Pfeiler der Nato stärken müssen - auch und ganz besonders, wenn es darum geht, über ein ausreichendes Abschreckungspotenzial zu verfügen; denn unsere europäische Fähigkeit zur Abschreckung und Verteidigung muss immer glaubwürdig sein.

Wir müssen außerdem die vorhandenen Kapazitäten besser nutzen und die Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern vertiefen. Ganz praktisch tun wir das mit Großbritannien bei einer ganzen Reihe von Projekten, etwa beim neuen Artilleriesystem und beim Radpanzer "Boxer". Wir arbeiten beim "Eurofighter" zusammen und wollen dieses Flugzeug auch weiterentwickeln, und wir wollen auch bei der Sky-Shield-Initiative zusammenarbeiten. Ich sehe deshalb auch sehr positiv der Entwicklung entgegen, dass Großbritannien dem deutsch-französisch-spanischen Exportkontrollabkommen beitritt und damit auch unsere Kooperation weiter vertieft werden kann.

Unsere beiden Länder, Deutschland und Großbritannien, leisten wichtige Beiträge zu Europas verteidigungsindustrieller Basis, und das wollen wir auch weiter stärken und weiter ausbauen. Wir werden deshalb auch eine Taskforce einsetzen, um einen strukturierten und verbesserten Rahmen für bilaterale Sicherheits- und Verteidigungskooperationen zu schaffen.

Wir benötigen auch einen Austausch über viele Fragen der bilateralen Zusammenarbeit, die wir vertiefen werden. Da geht es zum Beispiel um Kooperationen im Bereich der Energie, ganz besonders, wenn es um erneuerbare Energien und um Offshore-Windkraftanlagen in der Nordsee geht. Wir wollen auch eine Machbarkeitsstudie auf den Weg bringen, um den Handel mit Wasserstoff zwischen Deutschland und Großbritannien voranzubringen.

Wir blicken auf eine sehr gute Kooperation unserer Sicherheitsbehörden, zum Beispiel gegen Schleuser und organisierte Kriminalität. Deshalb werden wir auch den Dialog und die Zusammenarbeit in Migrationsfragen fortsetzen - unter Wahrung von Grundrechten und internationalem Recht. Für uns in Deutschland gehört dazu, dass wir auch legale Wege der Zuwanderung in unsere Gesellschaft mit im Blick haben, die wir brauchen, damit Wirtschaftswachstum und ökonomischer Wohlstand auch in Zukunft gewährleistet sind.

Im Übrigen geht es uns darum, dass wir die Kontakte zwischen Deutschen und Briten stärken wollen. Es ist mir jedenfalls sehr wichtig, dass wir auch da unsere Zusammenarbeit ausbauen und es möglich machen, dass dem engen Austausch der Briten und Deutschen da keine Hürden entgegenstehen.

Wir begrüßen viele, viele Zusammenarbeiten, die wir im Bereich der Innovation und der Forschung haben. Auch das gehört zu der Partnerschaft unserer Länder.

Man sieht, wir haben viele, viele Themen, die wir miteinander laufend besprechen. Ich bin deshalb umso froher, dass wir das jetzt auch hier vor Ort in Berlin im direkten Kontakt tun. Ich will gerne ergänzen: Das fällt umso leichter, als wir beide schon eine sehr lange Partnerschaft miteinander haben; denn wir haben auch schon zusammengearbeitet, bevor wir unsere heutigen Ämter hatten. Ich erinnere mich jedenfalls gerne daran, und ich weiß, dass das für Rishi Sunak genauso gilt.

In dem Sinne: Schönen Dank fürs Kommen!

PM Sunak: Olaf, mein Freund, ich freue mich sehr, heute hier zu sein. Wie Olaf schon gesagt hat, kennen wir uns schon lange; denn wir waren beide Finanzminister. Zu den schlimmsten Tagen der Pandemie haben wir oft telefoniert, und ich habe damals Ihre Expertise sehr wertgeschätzt. Wir haben uns auch von der Kurzarbeitspolitik hier in Deutschland durchaus inspirieren lassen.

Wir haben uns auch eng zusammengeschlossen zu den Beatles, die ja in Hamburg auch sehr bekannt sind. Als der König letztes Jahr zum ersten Mal als König Deutschland besucht hat, hat er noch einmal über das besondere Band der Freundschaft zwischen unseren Ländern gesprochen. Unsere Partnerschaft verdeutlicht das ja in besonderem Maße.

Zu diesem gefährlichen Zeitpunkt ist die Verbindung zwischen unseren Ländern so stark wie nie. Wir treffen uns heute, während ein Krieg auf unserem Kontinent tobt. Es gibt neue Bedrohungen auf der ganzen Welt. Olaf, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Führungsrolle hier. Sie haben die historische Zeitenwende angesprochen und die historische Entscheidung getroffen, die Verteidigungsausgaben in Deutschland zu erhöhen. Wir stehen hier gemeinsam als die Länder mit den größten Verteidigungsausgaben in Europa, als unerschütterliche Nato-Alliierte, und wir stehen für die Unterstützung der Ukraine in Europa. Gemeinsam werden wir die Ukraine unterstützen, solange es nötig ist, wie du schon gesagt hast. Wir freuen uns auch auf die Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine, die hier in Berlin im Juni ausgerichtet werden wird. Wir werden außerdem weiter eng zusammenarbeiten bei den globalen Herausforderungen im Nahen Osten, damit wir dort auf einen besseren Weg finden.

Wir haben mehr Verantwortung übernommen für unsere gemeinsame Sicherheit, und heute gehen wir noch darüber hinaus. Wir öffnen ein neues Kapitel in den Sicherheitsbeziehungen zwischen unseren beiden Ländern, wie Sie von Kanzler Scholz bereits gehört haben. Wir wollen ein neues Rahmenwerk für unsere Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich schaffen und eine sofortige Ausweitung unserer Zusammenarbeit in der Industrie erreichen. Gemeinsam möchten wir das "Boxer"-Artilleriesystem beschaffen, damit unsere Soldatinnen und Soldaten hochmoderne Fähigkeiten bekommen und hunderte deutsche und britische Arbeitsplätze gesichert werden.

Wir müssen hier ganz klar sein: Diese Partnerschaft bezieht sich auf alle Bereiche unserer Gesellschaften und unserer Wirtschaft. Wir haben auch die Zusammenarbeit in vielen anderen Bereichen schon angesprochen: Technologie, künstliche Intelligenz, illegale Migration, Handel, Investitionen. Ich freue mich, dass wir auch neue Investitionen in Höhe von acht Milliarden in Großbritannien sehen werden, insbesondere im Energiebereich.

Ich freue mich sehr auf die Vertiefung unserer Diskussion in den kommenden Wochen und Monaten im Rahmen der G7, des Nato-Gipfels, der europäischen politischen Gemeinschaft und vielleicht auch, wenn unsere Fußballteams bei der Europameisterschaft aufeinandertreffen werden. Wir stehen für gemeinsame Werte, gemeinsame Entschlossenheit, und in dieser Zeit müssen wir den Anforderungen und den Herausforderungen gerecht werden.

Was uns wirklich zusammenbringt, sind die Menschen. Olaf, Liverpool liebt Jürgen Klopp, München liebt Harry Kane, und das erinnert uns an dieses besondere Band der Freundschaft, das der König ja auch letztes Jahr beschrieben hat. Als enge Alliierte und Partner stehen wir weiter Seite an Seite, um Sicherheit und Wohlstand zu gewährleisten - im Vereinigten Königreich Großbritannien, in Deutschland und in ganz Europa. - Vielen Dank!

Frage: Herr Bundeskanzler, sind Sie davon überzeugt, dass Donald Trump sich zu hundert Prozent den Nato-Grundlagen verpflichtet fühlt, insbesondere natürlich Artikel 5, wo es um den Schutz anderer Mitgliedstaaten geht?

Herr Premierminister, gestern haben Sie über einen vorgesehenen Anstieg der Verteidigungsausgaben gesprochen. Vor wenigen Wochen haben Sie im Haushalt aber Steuersenkungen angekündigt. Gibt es da nicht ein Ungleichgewicht zwischen diesem Meilenstein, von dem Sie jetzt gesprochen haben, wo Europa mehr für Verteidigung ausgeben muss, und der Tatsache, dass Sie gleichzeitig sagen, Sie könnten das Loch stopfen, indem Sie ein paar Beamte und ein bisschen etwas bei Forschung und Entwicklung einsparen? Müssen Sie nicht ehrlicher sein und den Menschen sagen, dass das sehr viel schmerzhafter wird, dass die Steuern ansteigen werden und dass Ausgaben anderswo gekürzt werden?

PM Sunak: Ich glaube, das entspricht nicht ganz der Realität. Die Ausgaben, die ich gestern angesprochen habe, sind komplett gegenfinanziert, insbesondere indem wir die Verwaltungskosten auf die Höhe von 2019 reduzieren; denn da gab es einen starken Aufwuchs. Der Schatzkanzler hat das letztes Jahr durchgerechnet. Diese Schätzung ist nun abgeschlossen, und deswegen sind wir zuversichtlich, dass wir die Einsparungen entsprechend durchführen können. Gleichzeitig werden wir mehr für Forschung und Entwicklung ausgeben. Das ist auch in den Plänen schon so widergespiegelt.

Wir haben auch keine Wahl, wir müssen für Verteidigung mehr ausgeben. Ob uns das gefällt oder nicht: Die Welt ist gefährlicher geworden; seit dem Ende des Kalten Krieges war sie noch nie so gefährlich wie jetzt. Olaf, ich und meine anderen Kollegen tun, was notwendig ist, damit unsere Länder und unser Kontinent sicher sind. Das hat das Vereinigte Königreich immer getan und das machen wir auch heute; das habe ich gestern auch so ausgedrückt. Das ist die größte Stärkung unserer nationalen Verteidigung in einer ganzen Generation und das ist voll finanziert. Wir haben eine starke Wirtschaft und einen Wirtschaftsplan, auf dem das Ganze basiert und auf den es gegründet ist.

Die Inflation lag bei elf Prozent, als ich mein Amt angetreten bin. Jetzt sind die Zahlen stark zurückgegangen. Die Energiepreise sind gesunken. Die Wirtschaft springt wieder an, weil unser Wirtschaftsplan funktioniert, und deswegen kann ich solche Ankündigungen auch machen. Wir wollen weiterhin Steuern senken. In den letzten Wochen kam die zweite Steuersenkung - 900 Pfund weniger für den Durchschnittsbürger. Wir unterstützen Investitionen in die Wirtschaft, aber man braucht einen soliden Wirtschaftsplan, um diese Ankündigung auch treffen zu können. Das machen wir, das funktioniert auch, und deswegen habe ich das auch so angekündigt.

Olaf wird die Frage zu den USA auch noch beantworten. Ich würde hier vielleicht noch kurz dazu sagen, und ich denke, Olaf stimmt mir da zu: Die US-Präsidenten haben schon immer für höhere europäische Verteidigungsausgaben plädiert. Insofern ist das nichts Neues, und Olaf hat das auch schon angesprochen. Wir können nicht erwarten, dass die Amerikaner jeden Preis zahlen werden und jede Last tragen werden, wenn wir in Europa nicht selbst bereit sind, diese Opfer zu bringen und diese Investitionen zu tätigen. Genau das tun wir auch. Olaf hat ja über die Zeitenwende gesprochen; die Führungsrolle, die er da eingenommen hat, habe ich angesprochen. Wir stehen hier wirklich für dieses Bekenntnis, und dass wir genau das tun, zeigen wir jetzt. So werden sich dann auch die USA weiterhin zur Nato bekennen.

BK Scholz: Ich weiß, warum Sie gefragt haben; denn die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland sowie die Beziehungen zwischen den USA und den europäischen Nato-Staaten und auch Europa insgesamt sind exzellent. Das hat etwas zu tun mit der Leadership von Präsident Biden, die wirklich außerordentlich ist. Er bemüht sich sehr intensiv und aktiv um eine gute Entwicklung der internationalen Beziehungen, und dazu gehört natürlich unsere enge Zusammenarbeit in der Nato.

Gleichwohl, wir haben eine Nato-Allianz, die zwischen Staaten, zwischen Nationen abgeschlossen wurde. Wir wollen das nordatlantische Bündnis gemeinsam voranbringen, damit wir das, was uns auch als gemeinsame Werte verbindet - Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Marktwirtschaft -, verteidigen können. So ist es, und deshalb bin ich ganz zuversichtlich, dass sich daran über die vielen Jahre, die wir jetzt vor uns haben, über die nächsten Jahrzehnte nichts ändern wird. Da wird es ja immer wieder einmal neue Präsidenten geben, zum Beispiel in acht oder in zwölf Jahren. Ich glaube, wir müssen darauf vertrauen, dass das eine langfristige Partnerschaft ist.

Ich will ergänzen, dass es in der Tat so ist, dass Europa seine Anstrengungen zur Verteidigung massiv ausgeweitet hat. Das gilt für Deutschland mit unserem Sondervermögen und das gilt mit unserem Commitment, dauerhaft wenigstens zwei Prozent unserer Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Das ist dann schon sehr viel. Wenn man das berechnet, dann sieht man, dass dabei eine sehr starke Verteidigungsarmee entsteht, und die wird auch gebraucht, damit wir unser Nato-Territorium gemeinsam verteidigen können. Denn auf unsere Kraft sind ja auch diejenigen angewiesen, die von uns erwarten, dass wir im Falle eines Angriffs ihr Territorium verteidigen. Das können wir und das werden wir können.

Frage: Herr Bundeskanzler, ist für Sie nach dem US-Hilfspaket der Zeitpunkt gekommen, an dem Sie einer Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine zustimmen, weil die Amerikaner ja auch substanziell neue Waffensysteme in dem Paket haben?

Herr Premierminister, verstehen Sie das Argument des Bundeskanzlers, bisher keine Taurus-Marschflugkörpern zu liefern?

Noch eine Frage, anschließend an die erste Frage: Würden Sie beide zustimmen, dass die 2,5 Prozent das neue Nato-Ziel für die Verteidigungsausgaben sind?

BK Scholz: Schönen Dank für diese Frage zu der Unterstützung für die Ukraine. Das gibt mir die Gelegenheit, noch einmal darauf hinzuweisen, dass Deutschland der größte Unterstützer der Ukraine ist - in finanzieller Hinsicht, aber eben auch, wenn es um Waffenlieferungen geht. Wir haben seit dem Ausbruch des Krieges Waffen im Wert von etwa 28 Milliarden Euro geliefert oder zugesagt. Das ist mit weitem Abstand das meiste, was in Europa gegenwärtig aufgebracht wird. Sie wissen, dass auch in diesem Jahr das Budget, das wir in unserem Verteidigungshaushalt vorgesehen haben, um die militärische Unterstützung der Ukraine zu organisieren, bei oberhalb von 7,5 Milliarden Euro liegt. Das ist ein erheblicher Betrag.

Wir haben auch - manchmal zusammen mit Großbritannien, manchmal auch alleine - sehr weitreichende und effektive Mittel geliefert, damit sich die Ukraine verteidigen kann. Ich erinnere an die Mehrfachraketenwerfer, die wir zusammen mit den USA und Großbritannien auf den Weg gebracht haben und die unverändert eine wichtige Rolle bei der Verteidigung der Ukraine spielen. Da wollen wir auch gerne und in der Strecke mehr machen.

Ich erinnere daran, dass wir einen großen Teil der Luftverteidigung der Ukraine möglich machen. Dazu zählen unsere Gepard-Flakpanzer, dazu zählt das, was wir mit dem IRIS-T-System möglich gemacht haben, das eine erstklassige Unterstützung der Ukraine bei der Luftverteidigung gewährleistet, und dazu zählen die bisher zwei und demnächst drei Patriot-Batterien mit all den Raketen, die dazugehören. In dieser Größenordnung hat kein einzelner Staat solche Unterstützungsleistungen - mit Luftverteidigung, mit Patriot-Batterien - möglich gemacht, und wir sehen unsere Rolle schon darin, genau auf diesem Pfad weiterzugehen.

Was das von Ihnen angesprochene Waffensystem betrifft, wird sich meine Entscheidung nicht ändern.

PM Sunak: Wenn es darum geht, die Ukraine zu unterstützen, dann bin ich sehr stolz auf alles, was das Vereinigte Königreich schon geleistet hat. Wir stehen natürlich als die zweit größten Unterstützer der Ukraine an der Seite Deutschlands. Aber wenn es dann um langfristige Fähigkeiten geht - dabei geht es um die Ausbildung von ukrainischen Soldatinnen und Soldaten, Langstreckenwaffen, Panzer -, haben wir immer versucht, ganz vorne dabei zu sein und die Hilfe zu leisten, die benötigt wird. Da würde ich auch noch einmal auf das eingehen, was Olaf schon gesagt hat: Deutschland ist jetzt gerade zusammen mit dem Vereinigten Königreich der größte Unterstützer der Ukraine.

Sie haben eine Fähigkeit angesprochen. Jedes Land hatte unterschiedliche Dinge, die es einbringen kann, die es liefern kann. Olaf hat über Patriot-Systeme gesprochen. Ein Schlüsselelement für die Ukraine ist wirklich die Luftabwehr. Olaf und ich haben darüber mit Präsident Biden gesprochen. Wir haben darüber gesprochen, wie wichtig es ist, dass die Ukraine mehr Fähigkeiten zur Luftverteidigung erhält. Da würde ich Olaf wirklich noch einmal herzlich danken wollen. Präsident Selenskyj hat gestern auch noch einmal über die Bedeutung der Luftverteidigung und die Rolle gesprochen, die Olaf und Deutschland hierbei wahrgenommen haben. Da kann man seine Führungsrolle also wirklich nur loben. Wir sind, Gott sei Dank, eine breit aufgestellte Koalition an Ländern. Wir stehen zusammen, um die Ukraine zu unterstützen. Jeder kann etwas anderes liefern, etwas Zusätzliches einbringen. Wichtig ist, dass wir zusammenstehen und die Ukraine unterstützen, solange es nötig ist, sodass Putin sieht, dass seine Aggression scheitern wird. Wir verteidigen diese uns so wichtigen Werte.

Zu der anderen Sache in Ihrer Frage bezüglich der Verteidigungsausgaben im Allgemeinen: Mit dem Nato-Generalsekretär habe ich gestern gesprochen. Es ist offensichtlich, dass die Welt heutzutage gefährlicher geworden ist. Autoritäre Staaten sind auf dem Vormarsch und schließen sich auch zusammen, um Instabilität auf der ganzen Welt zu bewirken. Das schadet unserer Sicherheit zu Hause, im Vereinigten Königreich und auf dem ganzen Kontinent, und es ist richtig, dass wir vor diesem Hintergrund erkennen müssen, dass wir mehr tun müssen. Olaf und Deutschland haben das mit der Zeitenwende gemacht. Wir haben die historische Entscheidung getroffen, 2,5 Prozent des BIP bereitzustellen. Die Verteidigungsausgaben steigen auf dem ganzen Kontinent, in Deutschland, in Norwegen, im Vereinigten Königreich, in den baltischen Staaten. Das passiert, und wir werden uns später einmal an diesen Moment zurückerinnern und sehen, dass das wirklich ein Paradigmenwechsel war und dass wir uns jetzt auf ein neues Paradigma einstellen. Wir wollen unsere Länder sicher halten, unsere Werte verteidigen und unseren Kontinent sicher halten.

Frage: Herr Premierminister, Sie haben gesagt, Verteidigung werde heute eine Priorität sein. Sie haben den Abgeordneten gesagt, dass es darum geht, andere Dinge zu depriorisieren. Was genau wird gestrichen werden? Bedeutet das, dass weitere Steuererleichterungen jetzt vom Tisch sind? Können Sie weitere Einschnitte beispielsweise bei den öffentlichen Dienstleistungen ausschließen?

Bundeskanzler Scholz, Sie haben heute mit Ihrem Kollegen über Migration gesprochen. Überlegen Sie, auch ein ähnliches Abkommen wie das mit Ruanda abzuschließen, im Rahmen dessen illegale Migranten in ein Drittland gebracht werden?

PM Sunak: Ich würde vielleicht noch einmal auf die Frage von vorher eingehen, die Gerry gestellt hat. Die Ankündigungen von gestern zeigen ja: Der Plan wirkt. Die Energiepreise sinken. Die Wirtschaft springt an. Die Inflation sinkt. Es gibt Rekordinvestitionen, auch im Gesundheitswesen. Das wird sich auch nicht ändern. Es gibt Rekordinvestitionen in die Schulen. Das wird sich auch nicht ändern. Das wird weiterlaufen und auch steigen. Gleichzeitig sind wir in der Lage, die Steuern für die Menschen zu senken. Es gibt 900 Pfund an Steuererleichterungen für jeden Bürger.

Wir haben hier natürlich auch Entscheidungen zu treffen. Jede Regierung muss priorisieren, und ich habe entschieden, die Verteidigung zu priorisieren, denn das ist das, was für unser Land getan werden muss. Wenn man einen starken Plan für die Wirtschaft hat - den haben wir, wir halten uns daran, er funktioniert -, dann werden wir die Verteidigungsausgaben erhöhen können. Das ist ein durchfinanzierter Plan.

Wir haben eine ganz genaue Vorstellung davon, wie wir Stellen im öffentlichen Sektor abbauen. Da ist die Zahl der Stellen angestiegen. Das können wir wieder zurückfahren. Das, was ich gestern schon angekündigt habe, reflektiert das ja auch. Gleichzeitig werden wir Steuern senken.

Aber ich kann das nur noch einmal wiederholen: Wir haben einen Plan, der funktioniert auch, und ich bin auch bereit, Entscheidungen zu treffen; da bin ich ganz ehrlich. Verteidigung ist für mich eine Priorität, eine Priorität für die Regierung, und das ist die richtige Priorität für das Land. Wenn jemand sagt, das sei falsch, dann soll er erklären, warum das so ist; denn für mich ist das doch sehr klar. Das internationale Umfeld hat sich eben geändert.

Über die illegale Migration haben Olaf und ich auch ein gutes Gespräch geführt. Er wird sicherlich auch noch etwas dazu sagen. Illegale Migration ist eine gemeinsame Herausforderung auf dem ganzen europäischen Kontinent. Alle Staats- und Regierungschefs sprechen darüber, wie wir zusammenarbeiten können, um dagegen vorzugehen. Das haben wir gestern auch gesehen. Im Kanal sind schon wieder Menschen auf tragische Art und Weise gestorben. Olaf und ich haben darüber gesprochen, wie wir die Zusammenarbeit zwischen den Behörden verstärken können. Auf der ganzen Welt müssen wir versuchen, diese Migrationsströme einzudämmen. Das macht jeder auf seine Weise. Die italienische Premierministerin hat geschaut, was man in Nordafrika tun kann, zusammen mit der EU, und Olaf und ich haben darüber eben auch ausführlich gesprochen.

BK Scholz: Noch einmal schönen Dank für die Frage. - In der Tat haben wir große Herausforderungen zu bewältigen, und zu denen gehört der Umgang mit all den Fragestellungen, die sich um die Migration drehen.

Deutschland ist ein Land, das wirtschaftliches Wachstum hat und auch in den nächsten Jahren weiter haben will. Deshalb sind wir auf den weiteren Zugang, die Zuwanderung von vielen Männern und Frauen angewiesen, die Talent und Fähigkeiten haben und hier gebraucht werden. Wir haben das mit der Reform unseres Arbeitskräfteeinwanderungsgesetzes leichter gemacht. Die Regeln sind wahrscheinlich im internationalen Vergleich mittlerweile die modernsten und ausgearbeitetsten, um all die Talente nach Deutschland zu bringen, die dort an der wirtschaftlichen Entwicklung teilnehmen wollen.

Gleichzeitig gibt es die große Herausforderung der irregulären Migration, und im letzten Jahr haben wir eine ganze Reihe weitreichender Entscheidungen getroffen, wie wir das Management der irregulären Migration in Deutschland besser gestalten können. Es sind sehr viele Gesetze geändert worden. Es sind auch viele Einzelregelungen bewegt worden, die notwendig sind, damit das gelingt. Es geht um die Digitalisierung von Behörden. Es geht um die Frage, wie wir sicherstellen können, dass Gerichte schnell und zügig entscheiden. Einige tun es innerhalb kurzer Zeit, dreieinhalb Monate, andere brauchen 20 für den gleichen Fall, für die gleichen Probleme. Warum? - Da sind wir vorangekommen und haben genau das gemacht. Für mich war das letzte Jahr das Jahr, in dem alle Entscheidungen vorbereitet werden mussten, die aus deutscher Perspektive für ein Management der irregulären Migration notwendig sind.

Im Ergebnis, würde ich sagen, hat es - sowohl, was die Offenheit für Arbeitskräftezuwanderung betrifft, als auch, was das Management der irregulären Migration betrifft - die weitreichendsten Veränderungen der letzten 20 bis 30 Jahre gegeben, und die werden jetzt auch ihre Wirkung entfalten.

Ergänzt wird das natürlich - für uns wichtig - durch die veränderte und verbesserte Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union. Wir haben mit der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems gerade die notwendige Gesetzgebung in Europa zustande gebracht. Auch das ist ein großer, großer Fortschritt, mit dem viele Jahre niemand gerechnet hat.

Im Übrigen geht es immer um bilaterale Fragen. Etwa der Kampf gegen Schleuser ist etwas, das uns alle bewegt, auch bilateral. Da sind wir übrigens sehr effektiv.

Frage: Herr Premierminister, Herr Bundeskanzler, ich habe eine Frage an Sie beide. Es gab Verhaftungen mutmaßlicher chinesischer Spione in beiden Ländern. Wie besorgniserregend ist das aus Ihrer Sicht? Was bedeutet das für die Beziehungen mit China? Welche Konsequenzen muss man aus diesen Fällen ziehen?

Herr Bundeskanzler, ich habe eine Frage an Sie zu dem amerikanischen Waffenpaket und zu Taurus. Sie haben sich bei Ihren Entscheidungen zur Lieferung von Waffensystemen neuer Qualität ja eigentlich immer an den amerikanischen Entscheidungen orientiert. Das war bei der weitreichenden Artillerie so. Das war zuletzt auch beim Leopard-2-Panzer so. Warum ist das im Fall der Marschflugkörper jetzt nicht so?

BK Scholz: Schönen Dank für die Fragen, die ich gerne beantworten will. Zunächst einmal zu der letzten: Wir haben weitreichende Artillerie geliefert und tun das auch weiter. Das sind unsere Mehrfachraketenwerfer, die wir zur Verfügung gestellt haben und bei denen Deutschland, Großbritannien und die USA relativ zu Beginn des Krieges die Allerersten waren, die solche Systeme zur Verteidigung der Ukraine zur Verfügung gestellt haben, und da liefern wir ständig nach. Das ist ja unsere Aufgabe, die wir haben. Um solche Waffen handelt es sich im Prinzip auch bei dem, was jetzt hier entschieden wird.

Trotzdem sage ich noch einmal: Meine Entscheidung ist sehr klar, was das eine Waffensystem betrifft. Meine Entscheidung ist aber auch klar, dass wir weiter der größte Unterstützer der Ukraine in Europa sein werden, dass wir weiter zusammen mit Großbritannien die beiden sein werden, die das meiste tun, gerade auch das, was zur Verteidigung wichtig ist. Über die drei Patriot-Batterien habe ich ja bereits gesprochen. Das ist etwas, das unmittelbar notwendig ist. Vielleicht darf ich das noch mit der Hoffnung verbinden, dass andere Länder, die auch über Patriot-Systeme verfügen, jetzt auch einmal schauen, ob sie trotz aller eigenen Sicherheitsanforderungen ein solches System erübrigen können, weil alle zusammen dann schon einen Unterschied ausmachen und die Luftverteidigung der Ukraine massiv stärken können.

Was die erste Frage in Bezug auf China betrifft: Es ist ganz wichtig, dass wir gute Nachrichtendienste haben, gute Staatsanwaltschaften, gute Polizeiarbeit, dass alle eng zusammenarbeiten und dass das auch über Grenzen hinweg geschieht. Wir können Spionage gegen uns nicht akzeptieren, egal, aus welchem Land sie kommen. Deshalb muss sie entdeckt und müssen diejenigen, die Verantwortung haben, verhaftet und vor Gericht gestellt werden. Man sieht an den jüngsten Verhaftungen hierzulande und auch anderswo, dass das ziemlich gut gelingt. Das sollte uns aber kein Anlass sein, unsere Hände in den Schoß zu legen, sondern Ansporn, mit aller Kraft alles dafür zu tun, dass wir allen auf die Schliche kommen, die in unseren Ländern gegen uns und unsere Sicherheit spionieren. Das ist, glaube ich, die Botschaft, die jetzt unmittelbar notwendig ist.

Einen Satz will ich noch hinzufügen: Der Verdacht, der sich hier gegen Mitarbeiter und Kandidaten der AfD richtet, ist sehr besorgniserregend. Wir sind ein Rechtsstaat. Deshalb kann und will ich mich in die Ermittlungstätigkeit der Justiz und der Staatsanwaltschaft nicht einmischen und werde das auch nicht tun. Aber das, was wir da erfahren haben, finde ich sehr, sehr, sehr besorgniserregend.

PM Sunak: Dazu kann ich nur wenig sagen, denn im Vereinigten Königreich gibt es aktuelle Untersuchungen, die laufen. Deswegen kann ich nur allgemein etwas dazu sagen. Wir verteidigen unsere Demokratie, unsere demokratischen Prozesse und Institutionen. Das ist eine absolute Priorität für uns. Wir werden keinerlei Aktivitäten dulden, die das untergraben. Letztes Jahr haben wir ein neues Gesetz verabschiedet, den National Security Act, durch den unsere Polizei und Sicherheitskräfte neue Mittel an die Hand bekommen, damit sie besser auf Bedrohungen durch feindliche Akteure von außen, Spionage usw. reagieren können. Diese Mittel sind auch wichtig, damit unser Land sicher bleibt. Unsere parlamentarischen und demokratischen Prozesse und Institutionen dürfen nicht untergraben werden, wo auch immer das herkommt. Vielen Dank!