BEE – Bundesverband Erneuerbare Energien e.V.

05/03/2024 | Press release | Distributed by Public on 05/03/2024 02:41

BEE-Stellungnahme zum Wasserstoffbeschleunigungsgesetz

Stellungnahme

BEE-Stellungnahme zum Wasserstoffbeschleunigungsgesetz

3. Mai 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Neben der Anwendbarkeit des WassBG auf Anlagen zur Aufspaltung und zum Import von Ammoniak sollten auch andere Derivate von Wasserstoff, wie Methanol oder synthetisches Methan, einbezogen werden.
  • Auch die Infrastruktur zur Einspeisung von erneuerbarem Methan ins Gasnetz sollte vom Wass BG umfasst werden. Ebenfalls sollte klargestellt werden, dass alle Verdichter, die für die Transportfähigkeit von Wasserstoff erforderlich sind (z.B. zur Trailerbefüllung) unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen.
  • Das WassBG sollte neben Wasserstoff aus Elektrolyse auch Wasserstoff aus Biomasse (biogenen Wasserstoff) umfassen.
  • Diese Grenzwerte der novellierten 4. BImSchV sollten auf die Anwendung der Prüfverfahren im UVPG übertragen werden, um eine einheitliche Rechtsanwendung zu gewährleisten.
  • Elektrolyseurvorhaben sollten ausschließlich mit erneuerbarer Energie versorgt werden, damit diese im überragenden öffentlichen Interesse liegen. Die Antragstellung vom Vorhabenträger für netzgebundene Elektrolyseure nach §4 Absatz 2 Ziffer 2 sollte entsprechend geändert werden.
  • Die Evaluierung der Wirkungen des WassBG sollte bereits in einer ersten Iteration bis zum 1. Januar 2028 und dann in regelmäßigen Abständen erfolgen.
  • Um eine ausreichende Beschleunigung beim Ausbau der Elektrolyseurskapazitäten zu erreichen ist es erforderlich, dass eine Änderung des Bauplanungsrechts in den §§ 35, 249a BauGB erfolgt.
  • Um den Ausbau ausreichender Ausbau der Wasserstoffspeicherkapazitäten anzureizen, sollten zielgerichtete Änderungen am Bundesberggesetz (BBergG), Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und Erdölbevorratungsgesetz (ErdölBevG) vollzogen werden.
  • Um die Systemdienlichkeit sicherzustellen, sollten die Kriterien für den Strombezug bei der Produktion von grünem Wasserstoff, insbesondere im Bereich der geographischen und zeitlichen Korrelation konkretisiert werden.
  • Für die systemdienliche Belieferung der Elektrolyseure mit Strom, sollte die "starre Proportionalität" in § 21b EEG für Lieferungen abseits des öffentlichen Netzes auch außerhalb der unmittelbaren räumlichen Nähe aufgehoben werden.
  • Der §14c EnWG zur marktgestützten Beschaffung von Flexibilitätsdienstleistungen im Elektrizitätsverteilernetz sollte so ausgestaltet werden, dass Elektrolyseure benötigten Flexibilitätsdienstleistungen bereitstellen können.
  • Eine Netzentgeltbefreiung Elektrolyseure sollte über das Jahr 2027 hinaus ermöglicht werden, allerdings nurfür Elektrolyseure an systemdienlichen Standorten.
  • Im Energiesteuergesetz sollte die Gleichstellung von Verbrennern und Brennstoffzellen herbeigeführt werden, um beim In-Verkehr-Bringen von Wasserstoff an der Tankstelle steuerliche Klarheit zu haben.

Vorbemerkungen

Der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) begrüßt die Möglichkeit zur Stellungnahme zum vorliegenden Entwurf des Wasserstoffbeschleunigungsgesetzes (WassBG) Viele der Ausführungen im vorliegenden Entwurf sind zu begrüßen und stellen gute Möglichkeiten dar, um die Verfahren zur Realisierung von Wasserstoffvorhaben zu beschleunigen.

Jedoch besteht an verschiedener Stelle Nachbesserungsbedarf, etwa bei der Ausgestaltung des Umfang des Anwendungsbereichs des Gesetzes. Des Weiteren will unser Verband an dieser Stelle darauf hinweisen, dass zur Sicherstellung eines erfolgreiches Hochlaufs der Wasserstoffwirtschaft weitere Gesetzgebungen notwendig sind.

Der BEE nimmt aus diesem Grund wie folgt Stellung.

1 Änderungsbedarf im Bereich des vorliegenden Entwurfs zum Wasserstoffbeschleunigungsgesetz

1.1 Einbeziehung aller Wasserstoffderivate in den Anwendungsbereich des Gesetzes

Neben der Anwendbarkeit des WassBG auf Anlagen zur Aufspaltung und zum Import von Ammoniak sollten auch andere Derivate von Wasserstoff, wie Methanol oder synthetisches Methan, einbezogen werden. Es ist kein sachlicher Grund erkennbar, weshalb diese Derivate gegenüber Ammoniak benachteiligt werden.

Das WassBG sollte entsprechend auch Anlagen zur Herstellung von erneuerbarem Methan und Methanol sowie Anlagen zur Gewinnung von CO2 aus der Luft oder aus nachhaltiger Biomasse, einschließlich Nebenanlagen (z.B. lokale CO2-Speicher oder Transportinfrastruktur), umfassen.Einbeziehung von Verteilnetzen für erneuerbares Methan in die Infrastrukturplanung

1.2 Einbeziehung von Verteilnetzen für erneuerbares Methan in die Infrastrukturplanung

Bei der Umstellung von bestehenden Gastransportnetzen von Methan auf Wasserstoff im Zuge des sukzessiven Ausbaus des Wasserstoff-Kernnetzes muss sichergestellt werden, dass bestehende Methan-Verbraucher auch in Verteilnetzen weiterhin sicher versorgt werden können.

Die dezentrale Einspeisung von erneuerbarem Methan (Biomethan, synthetischem Methan) in Netze auf der Verteilnetzebene reduziert den Bedarf von Methan aus vorgelagerten Hochdrucknetzen. Infolgedessen könnten einzelne Hochruckleitungsstränge für die Versorgung mit Wasserstoff früher "frei" und somit für Wasserstoff umgenutzt werden, ohne dass zwangsläufig Methanverbraucher auf unteren Netzebenen nicht mehr versorgt werden können. Die Versorgung regionaler Endkunden mit Methan bleibt so trotz Umstellung ausgewählter Leitungsstränge der Hochdrucknetze sichergestellt.

Das WassBG sollte deshalb auch Infrastruktur zur Einspeisung von erneuerbarem Methan ins Gasnetz umfassen.

1.3 Einbeziehung aller Arten von Verdichtern in den Anwendungsbereichs des Gesetzes

Der derzeitige Gesetzesentwurf sieht vor, dass nur Verdichter für den Betrieb von Wasserstoffleitungen unter den Anwendungsbereich fallen. Es sollte klargestellt werden, dass alle Verdichter, die für die Transportfähigkeit von Wasserstoff erforderlich sind (z.B. zur Trailerbefüllung) unter den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen. Die ersten Wasserstoffleitungen werden erst in einigen Jahren in Betrieb gehen. Bis dahin wird die Verdichtung für die Trailerbefüllung das maßgebliche Mittel sein, um Wasserstoff transportfähig zu machen. Daher sollten diese Verdichter auch unter den Anwendungsbereich des WassBG fallen.

1.4 Einbeziehung von biogenem Wasserstoff in den Anwendungsbereich des Gesetzes

Neben der Herstellung von erneuerbarem Wasserstoff aus erneuerbarem Strom mittels Elektrolyse, kann erneuerbarer Wasserstoff auch aus Biomasse gewonnen werden. Biogener Wasserstoff kann in konventionellen Techniken erzeugt werden und ist nahezu beliebig skalierbar. Er kann daher als Einstieg in eine erneuerbare Wasserstoffwirtschaft dienen und später, mit dem Roll-Out der Elektrolyse, durch strombasierten Wasserstoff ergänzt oder ersetzt werden.

Biogener Wasserstoff kann auch deshalb von großer Bedeutung sein, weil bei dessen Produktion besonders viel klimaneutrales CO2 anfällt. Letzteres wird im neuen Energiesystem in großen Mengen als Grundstoff in der industriellen Produktion benötigt, sowie für die dauerhafte Speicherung, um nicht vermeidbare Rest-Emissionen auszugleichen ("Negativemissionen").

Das WassBG sollte neben Wasserstoff aus Elektrolyse auch Wasserstoff aus Biomasse adressieren wird. Dies bedeutet, dass in die Liste in § 2 Abs. 1 neben "Elektrolyseuren zur Erzeugung von Wasserstoff" auch "Anlagen zur Erzeugung von biogenem Wasserstoff" aufgenommen werden.

1.5 Vereinheitlichung der Elektrolyseurs-Grenzwerte in BImSchV und UVPG

Artikel 6 des WassBG ändert das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG). Während der BEE die Anpassungen grundsätzlich begrüßt, sollte auf eine einheitliche und stringente Regelsetzung geachtet werden.

Die geplanten Schwellenwerte unterscheiden sich von denen der novellierten 4. BImSchV: Dort sind Schwellenwerte gemäß den EU-Vorgaben vorgesehen, die auf die Produktionskapazität abstellen (50t H2 pro Tag). Diese Grenzwerte sollten auf die Anwendung der Prüfverfahren im UVPG übertragen werden, um eine einheitliche Rechtsanwendung zu gewährleisten.

1.6 Besondere Anforderungen für Elektrolyseure

Elektrolyseurvorhaben sollten ausschließlich mit erneuerbarer Energie versorgt werden, damit diese im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen.

Die Antragstellung vom Vorhabenträger für netzgebundene Elektrolyseure nach §4 Absatz 2 Ziffer 2 sollte daher aufzeigen, dass die elektrische Energie zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien erzeugt wird, statt zu mehr als 80 Prozent.

Hierdurch werden Projekte, deren Planung vorsieht, diese zu Teilen auch mit fossiler Energie zu betreiben, nicht behindert. Diese erfahren dann aber nicht die gleiche Bevorzugung wie rein erneuerbare Vorhaben.

1.7 Besondere Anforderungen für Elektrolyseure

Das WassBG soll wesentlich dazu beitragen, die zum Jahr 2030 gesteckten Ziele der Nationalen Wasserstoffstrategie zu erreichen. Daher bedarf es einer früheren Evaluierung als aktuell im Entwurf vorgesehen, um einen der Energiewende dienlichen Wasserstoffhochlauf zu sicherzustellen.

Die Evaluierung der Wirkungen des WassBG sollte daher bereits in einer ersten Iteration bis zum 1. Januar 2028 erfolgen. Für den Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten des WassBG und diesem Stichtag können bereits Auswirkungen hinsichtlich der Dauer von Genehmigungsverfahren und erfolgten Investitionsentscheidungen geprüft werden.

Anschließend sollten die Wirkungen des WassBG in regelmäßigen zeitlichen Abständen evaluiert werden.

2 Weitere gesetzliche Änderungs- und Umsetzungsbedarfe zur Sicherstellung eines erfolgreiches Hochlaufs der Wasserstoffwirtschaft

2.1 Novellierung des § 249a BauGB

Für Elektrolyseure ist derzeit im Regelfall ein Bebauungsplan erforderlich. Dieser Schritt nimmt ca. 1,5 bis 2 Jahre Zeit in Anspruch. Um eine ausreichende Beschleunigung beim Ausbau der Elektrolyseurskapazitäten zu erreichen ist ist es daher erforderlich, dass ergänzend zu den im vorliegenden Entwurf des WassBG vorgeschlagenen Verfahrungsbeschleunigungen eine Änderung des Bauplanungsrechts in den §§ 35, 249a BauGB erfolgt.

Durch die unter bestimmten Bedingungen planungsrechtliche Privilegierung von Wasserstoffvorhaben im Außenbereich wären langwierige Bauleitplanverfahren nicht mehr erforderlich. Die derzeitige "angehängte" Privilegierung im Bereich der Wind- oder Solarenergie mit den tatbestandlichen Voraussetzungen des §249a ist dafür unzureichend.

Aus diesem Grund schlägt der BEE eine Ergänzung des § 35 BauBG Abs. 1 vor. Hier sollte eine Nr. 10 hinzugefügt werden.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es …

Neu zusätzlich Ergänzung Nr. 10:

"der Umwandlung von elektrischer Energie in Wasserstoff nach Maßgabe des § 249a dient.

Des Weiteren sieht der BEE auch eine Neufassung des §249a BauGB selbst als erforderlich an. Hintergrund ist, dass durch das Erfordernis des räumlich-funktionalen Zusammenhangs sowie der Ausschließlichkeit der Stromnutzung aus der betreffenden EE-Anlage nur systemdienliche Elektrolyseure angereizt werden sollten.

Folgende Neufassung der ersten beiden Absätze des § 249a BauGB wird vorgeschlagen:

(1) "Ein Vorhaben im Sinne des § 35 BauGB Abs. 1 Nr. 10, ist, unter Maßgabe der in Absatz 2 genannten weiteren Voraussetzungen, im Außenbereich privilegiert, wenn es in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit

  1. einer Anlage zur Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach § 35 Absatz 1 Nummer 5 oder
  2. einer Anlage zur Nutzung solarer Strahlungsenergie nach § 35 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b oder Nummer 9 oder
  3. einer sonstigen Anlage zur Nutzung solarer Strahlungsenergie oder
  4. einem Umspannwerk

steht.

(2) Ein Vorhaben ist nach Absatz 1 nur zulässig, wenn

1. durch technische Vorkehrungen sichergestellt ist, dass der Wasserstoff ausschließlich aus dem Strom der in Absatz 1 lit. a bis c genannten Anlagen oder ergänzend dazu aus dem Strom sonstiger Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien erzeugt wird,

2. die Produktionskapazität nicht mehr als 50 t Wasserstoff pro Tag beträgt und der Höhenunterschied zwischen der Geländeoberfläche im Mittel und dem höchsten Punkt der baulichen Anlagen 10 Meter nicht überschreitet,

3. die genannte Anlage oder die sonstigen Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien nach Nummer 1 nicht bereits mit einem anderen Vorhaben zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff verbunden sind.

2.2 Setzung der richtigen Rahmenbedingungen für den Ausbau der Wasserstoffspeicherkapazitäten

Der Gesetzesentswurf sieht in §§ 5 und 6 eine Digitalisierung und Beschleunigung der Verfahren nach § 70 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) sowie §§ 8 und 15 WHG vor. Dies ist begrüßenswert.

Für Wasserstoffspeicher sind die im Bundesberggesetz (BBergG) vorgesehenen Genehmigungsverfahren besonders relevant. Das BBergG soltle daher folgendermaßen geändert werden:

  • Frist zur Beteiligung von Fachbehörden: Im Rahmen der Verfahrensbeschleunigung sollten konkrete Zeiträume definiert werden, in denen die zuständigen Behörden reagieren. Darüber hinaus könnte eine ausbleibende Reaktion als Zustimmung definiert werden. Dabei sollte insbesondere die Frist für beteiligte Fachbehörden maximal vier Wochen betragen. Bei einer ausbleibenden Stellungnahme der Fachbehörde sollte die zuständige Behörde die Zustimmung der Fachbehörde unterstellen und mit dem Verfahren fortfahren.
  • Frist zur Nachforderung von Antragsunterlagen: Genehmigungsverfahren verzögern sich oftmals, da zu Beginn keine Prüfung erfolgt, ob die Antragsunterlagen vollständig sind. Nachträglich werden dann häufig immer weitere Unterlagen angefordert. Dies sollte vermieden werden.
  • Frist zur Nachforderung von Antragsunterlagen: Die Regelungen für das Zulassungsverfahren gem. § 54 ff BBergG enthalten keine Fristen für die Zulassung eines Betriebsplans. Dies sollte ergänzt werden, eine Frist von zwei Monaten erscheint angemessen.
  • Vorzeitiger Baubeginn durch Erweiterung: Wird ein Rahmenbetriebsplanverfahren durchgeführt kann der Baubeginn von neuen Untergrundspeichern bereits vorzeitig beginnen. Diese Praxis sollte bei Wasserstoffspeichern häufiger angewendet werden.
  • Digitalisierung des Zulassungsverfahrens: Im Genehmigungsverfahren nach dem BBergG sollte auch die Einreichung von elektronischen Antragsunterlagen zugelassen werden. Dies führt zu einer unmittelbaren Beschleunigung des Verfahrens, da die Unterlagen nicht erst in Behörden digitalisiert werden müssen und so unmittelbar an Fachbehörden und Dritte weitergeleitet werden können.
  • Sollte das BBergG selbst nicht geändert werden, könnte das WassBG um Ausnahmeregelungen für Wasserstoffspeicher äquivalent zu den §§ 5 und 6 WassBG ergänzt werden.

Stilllegungsanzeigen gem. § 35h EnWG:

Soll eine Erdgaskaverne auf Wasserstoff umgestellt werden, bedarf dies einer Stilllegeanzeige bei der Bundesnetzagentur und bedeutet somit einen umfangreichen bürokratischen Prozess. Es wäre sinnvoll, dies durch ein Anzeigeverfahren zu ersetzen oder Verfahrenserleichterungen einzuführen. Dazu könnte in § 35h EnWG die Berücksichtigung anderer öffentlicher Belange als nachteilige Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit wie beispielsweise Schaffung von notwendiger Infrastruktur für den Wasserstoffhochlauf ergänzt werden. Ferner sollte § 35h eine Frist für die behördliche Entscheidungsfindung enthalten. Mit dem Wegfall des Risikos einer Gasmangellage sollte § 35h EnWG gänzlich gestrichen werden.

Erdölbevorratungsgesetz und Änderungsbedarfe hinsichtlich der Um- und Nachnutzung für H2-Speicher:

Die Umrüstung bestehender Erdölkavernen in Wasserstoffspeicher ist eine relativ schnell umsetzbare Maßnahme zur Speicherung von Wasserstoff. Die Erdölkavernen in Deutschland werden nahezu vollumfänglich durch den Erdölbevorratungsverband bewirtschaftet. Um eine rechtssichere Lösung für die dauerhafte Nachnutzung leerstehender Erdölkavernen als Wasserstoffspeicher zu erreichen, ist eine gesetzliche Regelung in das ErdölBevG aufzunehmen.

Der BEE schlägt folgende Regelung könnte als § 6 Abs. 1a ErdölBevG vor, die zugleich die Möglichkeit eröffnen würde, auch neuen Kavernenraum herzustellen:

"(1a) Der Erdölbevorratungsverband ist berechtigt, eine Nachnutzung der in seinem Eigentum stehenden unter- und oberirdischen Vorratsräume zu ermöglichen, soweit diese zur Erfüllung der Bevorratungspflicht nach § 3 langfristig nicht mehr benötigt werden. Als Nachnutzung kommt insbesondere die Überlassung von Vorratsräumen an Dritte für deren Lagerzwecke in Betracht. Im Zuge der Nachnutzung ist auch die Einlagerung anderer als der in § 4 genannten Stoffe und Komponenten zulässig. Zu diesem Zweck darf der Erdölbevorratungsverband auch technische Umrüstungen der Vorratsräume vornehmen und zusätzliche unterirdische Vorratsräume herstellen. Die Nachnutzung darf nicht zu einer Erhöhung des Bevorratungsbeitrages führen.

2.3 Konkretisierung der Kriterien zur zeitlichen und geographischen Korrelation von EE- und H2-Produktion

Um die Systemdienlichkeit sicherzustellen, sollten die Kriterien für den Strombezug bei der Produktion von grünem Wasserstoff, insbesondere im Bereich der geographischen und zeitlichen Korrelation konkretisiert werden:

  • Im Zusammenhang mit der zeitlichen Korrelation sollte die Einführung des Kriteriums der stündlichen Zeitgleichheit zwischen EE-Stromerzeugung und Elektrolyse, so wie es den Mitgliedsstaaten von der EU-Kommission explizit freigestellt wird, vom 01.01.2030 auf den 01.07.2027 vorgezogen werden. Erst mit dieser enger ausgelegten Zeitgleichheit kann sichergestellt werden, dass bei der für die Wasserstoffgewinnung erforderlichen Stromerzeugung die CO-Emissionen minimiert werden.
  • Bei der geographischen Korrelation hat die EU-Kommission in ihrem delegierten Rechtsakt lediglich Gebotszonen-bezogene Kriterien definiert, den Mitgliedsstaaten darüber hinaus aber offen gelassen, weitere Kriterien einzuführen. Vor diesem Hintergrund schlägt der BEE die Einführung eines Standortkriteriums, welches verhindert, dass Elektrolyseure als neue Stromverbraucher die Situation beim Netzengpassmanagement weiter verschärfen. BEE-Vorschlag: Die EE-Anlage, die den Strom für die Wasserstoffproduktion über einen Stromabnahmevertrag bereitstellt, liegt in einem Radius von 200km Entfernung um den Elektrolyseur.

Die regionale Eingrenzung führt dazu, dass die Elektrolyse vorrangig an Orten mit hoher EE-Erzeugung stattfindet. Die Netzausbaupläne der ÜNB sehen eine vermehrte Verortung von Elektrolysekapazität im Norden Deutschlands bereits vor. Dadurch können Elektrolyseure dazu beitragen, Netzkosten zu senken, indem sie Netzengpässe beheben und somit den Netzausbaubedarf reduzieren. Das Kriterium der Systemdienlichkeit ist somit erfüllt. Fehlt hingegen eine solche Eingrenzung und wird Elektrolyse auch in Regionen mit wenig EE-Erzeugung und mit bereits bestehenden Lastüberschüssen angereizt, kann diese die Anzahl von Netzengpässen und damit die Kosten von Redispatch-Maßnahmen erhöhen.

2.4 Bedingte Aufhebung der "starren Proportionalität" in § 21b EEG

Betreiber von Erneuerbaren-Energien-Anlagen sollten systemdienlich über direkte Leitungen Strom an Elektrolyseure liefern können, ohne mit diesem Strom das Netz unnötig zu belasten. Diese Belieferung außerhalb des Netzes der allgemeinen Versorgung muss flexibel und situationsbedingt möglich sein, auch wenn die übrigen Strommengen über die geförderte Direktvermarktung ins Netz geliefert werden. Dem steht aber das Erfordernis aus § 21b Abs. 2 EEG entgegen, dass die verschiedenen Vermarktungsformen in jeder Viertelstunde im gleichen Verhältnis erfolgen müssen (sog. starre Proportionalität); dies kann nur monatlich angepasst werden. Eine Ausnahme gilt für die Direktlieferung an Dritte nur in unmittelbarer räumlicher Nähe. Da jedoch insbesondere Windparks oft mehrere Kilometer von den Elektrolyseanlagen entfernt stehen, befinden sie sich meist nicht in unmittelbarer räumlicher Nähe. Das hat zur Folge, dass die Elektrolyseure oft jederzeit mit Strommengen beliefert werden, unabhängig von ihrem tatsächlichen Bedarf. Eine flexible, systemdienliche Betriebsweise ist so nicht möglich.

Für die systemdienliche Belieferung der Elektrolyseure mit Strom, sollte die "starre Proportionalität" in § 21b EEG für Lieferungen abseits des öffentlichen Netzes auch außerhalb der unmittelbaren räumlichen Nähe aufgehoben werden. Systemdienlich betriebene Elektrolyseure, welche erzeugungsnah vor demselben Netzverknüpfungspunkt, also ohne Netznutzung, mit Strom direkt beliefert werden, müssen auch tatsächlich flexibel gefahren werden können. Für die Anlagenbetreiber der EE-Erzeugungsanlagen ist es wichtig, dass die Einspeisung ins Netz weiterhin mit der Marktprämie vergütet werden kann. Denn nur über eine solche verlässliche Absicherung der Finanzierung können, die für die Dekarbonisierung des Stromsystems erforderlichen

2.5 Ausgestaltung des §14c EnWG zur marktgestützten Beschaffung von Flexibilitätsdienstleistungen

Die Netzentgelte geben heute Anreize für hohen und konstanten Verbrauch. Bei einer vollständigen Versorgung aus erneuerbaren Quellen müssen wir umdenken - Flexibilität muss belohnt werden. Die Netzentgelte müssen aus diesem Grund günstiger sein, wenn sich Verbraucherinnen und Verbraucher auf eine flexible Abnahme des Stroms einstellen. Auf diese Weise wird bei höherer Einspeisung mehr produziert und das Netz entlastet.

Mit § 14c EnWG hat die BNetzA ein bisher ungenutztes Instrument, um regionale Flexibilitäten zu ermöglichen. Die marktgestützte Beschaffung von Flexibilitätsdienstleistungen im Elektrizitätsverteilernetz sollte verbindlich festgelegt werden, um den raschen Ausbau erneuerbarer Energien netzdienlich zu gestalten.

2.6 Bedingte Entfristung der Netzentgeltbefreiung über das Jahr 2027 hinaus

Die aktuelle Rechtslage in § 118 Abs. 6 EnWG ermöglicht Elektroyseursbetreibern eine Netzentgeltbefreiung bis zum Jahr 2027, allerdings ohne eine Knüpfung an klare Systemdienlichkeitskriterien. Eine Entfristung der Netzentgeltbefreiung über das Jahr 2027 hinaus ist im Rahmen der bestehenden Netzentgeltsystematik zur Herstellung von Investitionssicherheit sinnvoll. Eine solche Netzentgeltbefreiung sollte sich aber auf solche Elektrolyseure begrenzen, die an systemdienlichen Standorten betrieben werden

2.7 Steuerliche Klarstellung für Wasserstoff als Kraftstoff

Reiner Wasserstoff unterliegt nur dann als Kraftstoff der Energiesteuer, wenn er zur unmittelbaren Erzeugung von mechanischer Energie eingesetzt wird, z.B. in Verbrennungsmotoren oder in Turbinen. In Brennstoffzellen hingegen wird mit Wasserstoff elektrische Energie erzeugt. Aus energiesteuerrechtlicher Sicht handelt es sich nicht um eine Verwendung als Kraft- oder Heizstoff und es fällt keine Energiesteuer an.

Daher sollte eine Gleichstellung von Verbrennern und Brennstoffzellen im Energiesteuergesetz herbeigeführt werden, um beim In-Verkehr-Bringen von Wasserstoff an der Tankstelle steuerliche Klarheit zu haben.

2.8 Weitere Maßnahmen zur Sicherstellung der Betriebswirtschaftlichkeit der Wasserstoffproduktion

Förderprogramme für die Transformation weiterer Sektoren wie Klimaschutzverträge oder Kohlenstoffdifferenzvertäge (CCfDs) sollten so ausgestaltet werden, dass Elektrolyseure nicht als inflexible Grundlast zum Bremsklotz der Energiesystemwende werden.

Grüner Wasserstoff ist heute zudem aufgrund starker fossiler Marktverzerrungen im Vergleich zu grauem oder blauem Wasserstoff noch relativ teuer. Zwar wird die Skalierung der Produktion perspektivisch niedrigere Investitionskosten für Elektrolyseure nach sich ziehen. Um den Abnehmern konkurrenzfähige Preise bieten zu können, ist jedoch auch die sich kontinuierlich erhöhende CO2-Bepreisung von großer Bedeutung.

Ein zentraler Punkt für den Ausbau von Elektrolyseuren liegt in der betriebswirtschaftlichen Grundlage, die dafür gegeben sein muss. Als starker Bestandteil des Fundamentes im Bereich der Flexibilität eines klimaneutralen Stromsystems wird deutlich, dass sich deren Auslastung stark an dem Dargebot der Erneuerbaren Energien orientieren und somit markt- als auch netzdienlich fahren muss.

Damit eine solche Fahrweise nicht zu Einschränkungen im Ausbau der betriebswirtschaftlichen Grundlage von Elektrolyseuren kommt, ist es notwendig entsprechende ausgleichende Anreize für eine solch markt- und netzdienliche Fahrweise zu realisieren. Der BEE hat hierfür in seiner Strommarktdesignstudieb ereits die Befreiung von den Netzentgelten für Elektrolyseure unter der Bedingung eines systemdienlichen Betriebs vorgeschlagen.

Darüber hinaus hat sich der BEE in seinem kürzlich veröffentlichen Grundsatzpapier mit der Systemdienlichkeit im Rahmen des Hochfahrens der Wasserstoffwirtschaft befasst. Das Papier zeigt durch Zusammenstellung verschiedener Maßnahmen auf, wie ein rechtlicher Rahmen für Elektrolyseurbetreiber geschaffen werden kann, der eine ausreichende Betriebswirtschaftlichkeit ermöglicht und zugleich systemdienliche Fahrweisen anreizt.

1https://www.klimaneutrales-stromsystem.de/

2https://www.bee-ev.de/service/publikationen-medien/beitrag/potentiale-des-wasserstoffs-optimal-nutzen

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Ansprechpartner*in

Florian Widdel
Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE)
Referent für Digitalisierung, Sektorenkopplung und Energienetze

E-Mail an Florian Widdel schreiben
0151 17123009

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