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05/02/2024 | News release | Distributed by Public on 05/02/2024 06:44

Hilflosigkeit überwinden

Die Bundesregierung will den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt weiter verbessern.

Foto: picture alliance / Zoonar

Tagtäglich erleben viele Kinder und Jugendliche sexuelle Gewalt. Sie brauchen Hilfsangebote und Unterstützung. Und was ist zu tun, wenn man in seiner Umgebung Missbrauch vermutet? Alle, die zu diesem Thema Fragen haben oder Unterstützung brauchen, können sich seit zehn Jahren vertrauensvoll an das Hilfetelefon "Sexueller Missbrauch" wenden. Hier finden jene kompetente Ansprechpartner, die selbst von sexueller Gewalt betroffen sind oder waren. Aber auch alle, die sich um ein Kind sorgen, einen Verdacht oder auch "nur" ein komisches Gefühl haben oder sich unsicher sind und Fragen zum Thema stellen möchten, sind beim Hilfetelefon genau richtig.

Dies sei von "unschätzbarem Wert" für alle Anrufenden, betonte die Unabhängige Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus anlässlich des Jubiläums. Das Telefon soll eine niedrigschwellige Möglichkeit bieten, Hilflosigkeit zu überwinden. Bundesfamilienministerin Lisa Paus ermutigt Betroffene, sich Hilfe zu holen, sich zu informieren. "Wer anruft, erhält die Gewissheit: Da ist jemand an meiner Seite, der mir Sicherheit gibt."

Das Hilfetelefon sexueller Missbrauch bietet seit 2014 unter der Rufnummer 0800 22 55 530 ein deutschlandweit erreichbares Hilfsangebot zum Thema sexueller Missbrauch. Die Beraterinnen und Berater unterstützen bei allen Fragen zum Thema kostenlos und anonym. Wenn gewünscht zeigen sie Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung vor Ort auf. Mit Hilfe von Dolmetscherinnen kann die Telefon-Beratung auch in 19 Fremdsprachen stattfinden. Auch in Gebärdensprache oder per Mail ist eine Beratung möglich. Das Hilfetelefon ist ein Angebot von N.I.N.A. e.V.- gefördert von der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs.

Gesprächszahlen steigen

Seit Start des Hilfetelefons im Mai 2014 wurden insgesamt rund 50.000 Gespräche geführt. Die Tendenz der Anrufe sei steigend, wie Claus betonte. "Das zeigt ganz deutlich, wie wichtig die Arbeit des Hilfetelefons ist." Und die steigenden Zahlen seien auch ein Beleg dafür, dass die Gesellschaft zunehmend sensibler auf das Thema sexualisierte Gewalt reagiere. Und es gilt in jedem Fall die Devise: Lieber einmal zu viel anrufen!

Entsprechend der Bedarfe wurden die Angebote des Hilfstelefons in den letzten Jahren kontinuierlich weiterentwickelt: So kam 2021 die Online-Beratung hinzu und 2022 eine spezielle Fachkräfteberatung. 2023 und 2024 folgten dann die Beratung in Fremdsprachen und in Gebärdensprache.

Seit 2016 werden die Gespräche - sofern die Anrufenden zustimmen - in anonymer Form wissenschaftlich ausgewertet. Hier einige Ergebnisse:

  • Die meisten Anrufe gibt es zu Verdachtsfällen. Diese haben insbesondere seit 2019/2020 deutlich zugenommen und sind seither auf einem konstanten Niveau geblieben.
  • 49,1 Prozent der Anrufer sind Angehörige, beziehungsweise Personen aus dem sozialen Umfeld.
  • 32,1 Prozent der Anrufenden sind Betroffene.
  • Es melden sich mehr Frauen (knapp 73 Prozent) als Männer.
  • Es melden sich vermehrt Fachkräfte (2023: 16,4 Prozent).
  • Als Tatkontext wird 2023 vor allem die Familie genannt (43,5 Prozent), gefolgt vom sozialen Umfeld (22,4 Prozent), der Schule (knapp 11 Prozent) und dem Kindergarten (7 Prozent).

Beratung auch online möglich

Für alle, die sich mit ihrem Anliegen lieber online an das Hilfetelefon wenden möchten, gibt es eine Online-Beratung.Die nehmen vor allem Jugendliche und junge Erwachsene gerne in Anspruch. Thema sind hier zunehmend auch Formen von sexualisierter Gewalt im Netz oder zwischen Gleichaltrigen.

Tanja von Bodelschwingh, die Leiterin der Online-Beratung erläutert: Viele Jugendliche täten sich schwer, über solche Erlebnisse zu sprechen. Schreiben schaffe ihnen "die nötige Distanz". Sie könnten selbstbestimmt entscheiden, was sie mitteilen wollten und ob sie sich erneut melden wollen. Das mache vielen Mut, auch weitere Schritte zu gehen.

Weitere Verbesserungen geplant

Aber so gut und wichtig dieses Angebot ist: Weitere Schritte sind notwendig. Darauf wies die Unabhängige Missbrauchsbeauftragte Claus hin: "Wir sind in der Verantwortung, sowohl die Unterstützung für Betroffene als auch den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt zu verbessern." Das ist auch das Ziel der Bundesregierung. Sie hat sich daher im Koalitionsvertrag vorgenommen, die gesetzliche Grundlage für Betroffene zu verbessern. So soll die Arbeit der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs gesetzlich geregelt werden.

Auch der Nationale Rat gegen sexuelle Gewalt soll verstetigt werden und die Arbeit der Aufarbeitungskommission in ihrer jetzigen Form weitergeführt werden. Die Bundesregierung arbeitet gerade am entsprechenden Gesetz mit dem Ziel, es baldmöglichst im Kabinett zu beschließen.