DETEC - Federal Department of the Environment, Transport, Energy and Communications of the Swiss Confederation

05/24/2024 | Press release | Distributed by Public on 05/24/2024 05:38

Ansprache Swiss Media Forum 2024

Generalsekretariat UVEK

Luzern, 24.05.2024 - Bundesrat Albert Rösti

Es gilt das gesprochene Wort!

Besten Dank für die Einladung zum diesjährigen Swiss Media Forum. Ich bin gerne zu Ihnen gekommen: Die Kulisse stimmt, das Wetter hält - und das Thema des Forums gefällt mir sehr. Denn wenn wir über Medienvielfalt und Medienpolitik sprechen, so geht es um nichts weniger als um den demokratischen Kern unseres Landes.

Medien sind nämlich die Basis für gut informierte Bürgerinnen und Bürger, ohne Medien gibt es keine politischen Debatten. Medien sorgen für Rede und Gegenrede, prüfen Argumente, ordnen sie ein und wägen sie ab. Die Vielfalt verschiedener Medien widerspiegelt die ganze Breite des politischen Spektrums von links bis rechts, wie dies eine lebendige Demokratie auszeichnet.

Allerdings - das muss ich Ihnen nicht sagen - sind die Medien unter Druck. Als Medienminister besorgt mich diese Entwicklung. Darüber hinaus bin auch ich ein Medienkonsument, dem das Wohlergehen Ihrer Branche am Herzen liegt.

Gestatten Sie mir, dass ich einige Zahlen und Fakten nenne, auch wenn sie Ihnen natürlich bestens bekannt sind.

ZAHLEN UND FAKTEN

Die relevanten Zahlen zeigen seit Jahren leider nur in eine Richtung: Abwärts.

Entwicklung Anzahl Zeitungstitel und Auflagen

- Die Anzahl Titel ist seit 2009 von damals 312 auf heute 245 gesunken. Das ist ein Rückgang von rund 21 Prozent.
- Auch die Auflagen sind in den letzten 15 Jahren kleiner geworden. Hier hat sich die Anzahl Auflagen ziemlich genau halbiert. Und zwar von 9,21 Millionen auf heute 4,56 Millionen.

Entwicklung der Werbeeinnahmen

Die Werbeeinnahmen gehen seit Jahren deutlich zurück:
- Besonders bei den Zeitungen, und dort vor allem bei der Tagespresse.
- Verluste gibt es auch beim Fernsehen: Knapp die Hälfte der Fernseh-Werbegelder geht ins Ausland. Und generell wird weniger Werbegeld ins Fernsehen investiert.
- Hingegen Zuwachs im Online-Markt: Schätzungen zufolge fliessen jährlich zwei Milliarden Franken an Werbegeldern an Suchmaschinen, Soziale Medien und YouTube.

VERÄNDERUNGEN IN DER MEDIENWELT

Diese wirtschaftlichen Herausforderungen sind die Folge des tiefgreifenden Umbaus der Medienwelt.

Digitalisierung

Riesige Anzahl an Angeboten im Internet; doch die Aufmerksamkeit ist begrenzt - Schweizer Medien sind in Konkurrenz um Aufmerksamkeit und Werbegelder zu unzähligen Angeboten:

  • Ausländische Plattformen wie Instagram, TikTok oder Facebook und Suchmaschinen wie Google holen Werbegelder aus der Schweiz, aber sie investieren nicht in journalistische Inhalte für das schweizerische Publikum. Der Bundesrat ist daran, eine Regulierung dieser Plattformen vorzubereiten. Wir wollen mehr Transparenz schaffen und die Rechte der Nutzerinnen und Nutzer stärken.
  • Die Bedeutung von Online-Medien nimmt immer mehr zu.

    Online-Medien sind seit einigen Jahren die wichtigste Mediengattung für die Meinungsbildung der Schweizer Bevölkerung. (Allerdings gibt es Unterschiede zwischen den Landesteilen und den Altersgruppen.)
  • Oder anders gesagt: Immer mehr Menschen in unserem Land entfernen sich aus dem Einflussbereich der klassischen Medien.
KI

Die Künstliche Intelligenz wird auch den Journalismus verändern.
  • KI ist inzwischen überall: Bei der Recherche und Auswertung von Daten, Produktion von Inhalten und Distribution (Personalisierung).
  • Chancen: Bereits heute nutzen verschiedene Schweizer Medienhäuser verschiedene KI-Anwendungen. Verbunden damit ist die Hoffnung, dass KI zu einer besseren Qualität und grösseren Quantität von journalistischen Inhalten beitragen kann.
Ausserdem kann KI hier zu Effizienzgewinnen führen - z.B. wenn «eintönige» Arbeiten wie die blosse Vermeldung von Sportresultaten aus unteren Ligen einfach und schnell aufbereitet werden können.

  • Risiken: Gleichzeitig stellen sich unter anderem Fragen nach Transparenz (woher stammen die verwendeten Daten?), Vergütungen (müssen die Plattformen bezahlen, wenn sie Medieninhalte benutzen?), aber auch zum Wert der journalistischen Leistung (wenn alle einfach nach Informationen suchen können) und damit zur Zahlungsbereitschaft für KI-basierte Leistungen. Nicht zuletzt wird es auch unklarer werden, was überhaupt noch eine journalistische Leistung ist oder wer ein Journalist ist.
  • Auch hier sind wir aktiv und prüfen die Notwendigkeit einer KI-Regulierung, u.a. spezifisch für den Medienbereich.

ZUSTAND UND ROLLE DER SRG
  • Initiative im August 2023 eingereicht
  • Die Initiative fordert eine Senkung der Haushaltabgabe auf 200 Franken sowie die Abschaffung der Unternehmensabgabe.
  • Der Bundesrat lehnt die Initiative ab. Sie hätte zu weitreichende Folgen für die Demokratie, die Kultur und die Gesellschaft.
  • Die Annahme der SRG-Initiative hätte eine Umstrukturierung bzw. Zentralisierung der SRG zur Folge. Die heutige dezentrale Struktur und das entsprechende publizistische Angebot könnten nicht mehr gewährleistet werden.
  • Kein Gegenvorschlag. Das RTVG schreibt dem Bundesrat zwei Steuerungsinstrumente zu, die aufeinander verweisen: Die Bestimmung der Höhe der Abgabe und die Definition des Leistungsauftrags der SRG. Dies hat sich bewährt. Der Bundesrat will daran festhalten.
  • Die Höhe der Abgabe wird in der Radio- und Fernsehverordnung festgelegt.
  • Der Bundesrat hat seinen Vorschlag, die Abgabe auf 300 Franken zu senken, in eine Vernehmlassung geschickt: - 2027 Senkung der Haushaltabgabe von 335 auf 312 Franken, Erhöhung der Limite für die Abgabepflicht mehrwertsteuerpflichtiger Unternehmen auf 1.2 Mio. - 2029 Senkung der Haushaltabgabe auf den Zielwert 300 Franken.
  • Dies hat eine Reduktion der finanziellen Mittel der SRG zur Folge (2029 1.2 Mia. Abgabe).
  • Der Bundesrat hat zudem bereits 2022 festgelegt, dass die SRG ihren Online-Auftritt künftig stärker auf Audio- und audiovisuelle Angebote ausrichten soll. Damit will der Bundesrat die Transformation in Richtung Online-Bereich ermöglichen, ohne aber damit die Angebote der privaten Verleger unnötig zu konkurrieren.
  • Zudem soll sich die SRG gemäss den Vorgaben des Bundesrats vom 7. September 2022 insgesamt stärker auf Information, Bildung und Kultur ausrichten.
In den Bereichen Unterhaltung und Sport soll die SRG auf jene Bereiche fokussieren, die von anderen Anbietern nicht abgedeckt werden. Diese Vorgaben sollen ab 2029 umgesetzt werden (neue Konzession).

  • Weiteres Vorgehen: Bundesrats-Entscheid vor den Sommerferien. In der zweiten Jahreshälfte wird sich das Parlament mit der SRG-Initiative befassen.


WAS POLITISCH IN DER PIPELINE IST

In dieser für die Medien schwierigen Situation will der Bundesrat gute Rahmenbedingungen schaffen. Einfache Pauschalrezepte gibt es nicht - verschiedene Ansätze aber schon:

UNTERSTÜTZUNG NACHRICHTENAGENTUR KEYSTONE-SDA durch Bund

  • Ziel der Leistungsvereinbarung: Berichterstattung der Lokalradios und Regionalfernsehen stärken. Die publizistischen Leistungen der Veranstalter sollen durch ein redaktionelles Basisangebot auf überregionaler, nationaler und internationaler Ebene ergänzt werden. So können sich die Veranstalter auf die Berichterstattung in den Regionen konzentrieren.
  • Für diese Unterstützung stehen jährlich 4 Millionen Franken zur Verfügung.
  • Unterstützt werden die Text-Basisdienste (News und Sport) in Deutsch, Französisch und Italienisch (sowie weitere Dienste, die grösstenteils aus Meldungen aus den Basisdiensten bestehen).
  • Die Keystone-SDA hat Veränderungen im Personal oder Anpassungen des Leistungsangebots dem BAKOM im Vorfeld zu melden.
  • Eine Ausweitung auf audiovisuelle Dienste wird zurzeit im Rahmen der Pa. Iv. Chassot diskutiert. Dies würde den Stand der Nachrichtenagentur in der Schweizer Medienlandschaft stärken, benötigt jedoch weitere finanzielle Mittel und damit auch eine weiterreichende Leistungsvereinbarung.

Postulate und parlamentarische Initiativen
  • Bericht zum Postulat von NR Katja Christ «Strategie für eine zukunftsgerichtete Medienförderung jetzt aufgleisen»
Grundsätzliches/Stossrichtung:

o Der Bundesrat wurde beauftragt, Modelle der kanalunabhängigen Fördermodelle aufzuzeigen, ohne dabei Strukturen zu zementieren oder Geschäftsmodelle vorzuschreiben.

o Der Bundesrat hat eine Auslegeordnung gemacht. Der Ball liegt jetzt beim Parlament, es kann die Richtung für die künftige Medienförderung vorschlagen.

o Zudem können kurzfristig verschiedene allgemeine Fördermassnahmen vorgeschlagen werden, die der ganzen Medienbranche zugutekommen. Verschiedene Massnahmen werden von parlamentarischen Vorstössen bereits thematisiert
(z.B. Pa.Iv. Bauer zur Erhöhung der Abgabe für regionalen Service public; Pa.Iv. Chassot zur Ausweitung der Aus- und Weiterbildung und Unterstützung der Nachrichtenagenturen).

  • Pa.Iv. Buillard (Stand:)
o Ausbau der Zustellermässigung (inkl. Frühzustellung) um 50%

o Vernehmlassung abgeschlossen

o Geschäft wieder in der KVF-N

o Kanalabhängige Förderung (nur Printerzeugnisse)

  • Pa.Iv. Chassot und Bauer
o Allgemeine Massnahmen zur Medienförderung im RTVG ausbauen (Nachrichtenagentur, Aus- und Weiterbildung, Presserat)

o Abgabenanteil für regionalen Service public auf 6-8% erhöhen

o Vernehmlassung noch in diesem Jahr geplant

  • Leistungsschutzrecht
Der Bundesrat hat am 24. Mai 2023 die Vernehmlassung zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes eröffnet. Medienunternehmen sollen künftig eine Vergütung für die Nutzung ihrer journalistischen Leistungen durch grosse Online-Dienste erhalten, wovon auch Medienschaffende profitieren sollen.

Die Vernehmlassung dauerte bis zum 15. September 2023.

Wichtig ist mir: Bei allen Unterstützungsmassnahmen geht es dem Bundesrat einzig um die Rahmenbedingungen. Für die Inhalte bleiben auch in Zukunft ganz allein die Verlage, die Medienschaffenden zuständig. Die Unabhängigkeit der Medien ist und bleibt ein hohes, ein unantastbares Gut.

Gestatten Sie mir zum Schluss eine persönliche Bemerkung, die mich zum Beginn meiner Ausführungen zurückbringt:
Gute Medien schaffen in der Bevölkerung das Vertrauen, das für unsere direkte Demokratie unerlässlich ist. Gut sind die Medien dann, wenn sie Qualität bieten, wenn sie also solide Fakten in einer gepflegten Sprache und auf spannende Weise vermitteln und einordnen. Dieses journalistische Handwerk hat, so scheint es mir, unter dem wirtschaftlichen Druck in letzter Zeit etwas gelitten.

Längst schreiben und kommentieren Journalistinnen und Journalisten nicht nur, sie fotografieren auch, filmen und schneiden Nachrichtenclips, sie gestalten ausserdem das Layout der Zeitung, setzen Posts auf Social Media ab und nehmen vielleicht auch noch einen Podcast auf - der Journalist als Produktionsmaschine! Das geht nicht immer gut.

Zwangsläufig bleibt die Berichterstattung bei dieser Belastung an der Oberfläche, eine Vertiefung mit der Materie liegt mangels Zeit nicht drin. Manchmal frage ich mich, ob alle diese Kanäle notwendig sind - oder ob weniger nicht mehr wäre.

Innovationen sind zwar unabdingbar. Entscheidend ist indes, wo investiert wird. Ob technische Neuerungen und noch mehr Kanäle und Tools die Zukunft sind oder die Pflege der journalistischen Kerntugenden: Das müssen die Verlegerinnen und Verleger entscheiden. Klar aber ist: Sie stehen in der Verantwortung, dass die wichtigen Informationen auch in Zukunft zu unseren Bürgerinnen und Bürgern gelangen.

Meine Damen und Herren
Eine Schweiz ohne starke und unabhängige Medien ist für mich undenkbar. Medien sind unerlässlich für unsere Demokratie. Die Verlegerinnen und Verleger, die Journalistinnen und Journalisten erfüllen daher eine edle und eine anspruchsvolle Aufgabe.

Ich wünsche ihnen dabei viel Erfolg. Wir brauchen ihr Engagement in Zukunft mehr denn je!

Adresse für Rückfragen

Kommunikation UVEK, Tel. +41 58 462 55 11


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