Johannes Gutenberg-Universität Mainz

05/22/2024 | Press release | Distributed by Public on 05/22/2024 02:24

Mainzer Theologe richtet ökumenischen Klimaappell auch an den Bundespräsidenten

Bundespräsident soll Reform des Bundes-Klimaschutzgesetzes nicht unterschreiben

22.05.2024

In einem Schreiben vom 22. Mai 2024 an den Bundespräsidenten haben sich mehr als 125 Theologinnen, Theologen und in theologisch-kirchlichen Einrichtungen tätige Mitarbeitende an den Bundespräsidenten gewandt: "Herr Bundespräsident Steinmeier, wir bitten Sie eindringlich: Machen Sie in Verantwortung gegenüber den Menschen (insbesondere auch den Kindern und künftigen Generationen) sowie den Tieren und der Schöpfung im weiteren Sinne von Ihrem Recht Gebrauch, die Novelle des Klimaschutzgesetzes nicht auszufertigen (Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG)."

Das entschärfte Klimaschutzgesetz wurde trotz vielfacher Kritik von Fachleuten am 26. April 2024 vom Bundestag und am vergangenen Freitag, 17. Mai 2024, vom Bundesrat verabschiedet. Bisher haben sieben Bundespräsidenten von Art. 82 GG Gebrauch gemacht, indem sie ein von Bundestag und Bundesrat bereits beschlossenes Gesetz nicht durch ihre Unterschrift ausgefertigt, also den letzten erforderlichen Schritt in der parlamentarischen Gesetzgebung verweigert haben.

Der Initiator des Appells, Prof. Dr. Ruben Zimmermann, Evangelisch-Theologische Fakultät der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, bezieht sich auf das ausführliche Schreiben der Anwaltskanzlei Geulen und Klinger im Auftrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) an den Bundespräsidenten vom 16. Mai 2024, das 18 Punkte auflistet, in denen die Novelle des Klimaschutzgesetzes als verfassungswidrig angesehen wird.

Bereits im Oktober 2023 hatte Zimmermann einen Appell mit mehr als 260 Verantwortungsträgerinnen und Verantwortungsträgern aus Theologie und Kirchen als Erstunterzeichner*innen initiiert und alle zuständigen Minister und Ministerinnen sowie Parteivorsitzende aufgerufen, eine "menschen- und lebensfreundlichere Klimaschutzpolitik" zu betreiben und insbesondere das Klimaschutzgesetz nicht zu entschärfen. Danach haben sich mehr als 5.000 weitere Unterzeichner*innen diesem Appell angeschlossen.

Der jetzige Aufruf führt den früheren Appell konsequent fort. Wiederum haben trotz der Kürze der Zeit viele mitunterzeichnet: namhafte Expertinnen und Experten der theologischen Klimaethik wie zum Beispiel Markus Vogt (München), Michael Rosenberger (Graz/Würzburg), Julia Enxing (Bochum), Andreas Lob-Hüdepohl (Berlin; Deutscher Ethikrat) oder Frederike van Oorschot (Heidelberg); Mandatsträger*innen wie Bischöfe (zum Beispiel Christian Kopp der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern; Dr. Stefan Oster des römisch-katholischen Bistums Passau; Harald Rückert der Evangelisch-Methodistischen Kirche Deutschland), Leitende kirchlicher und freier theologischer Einrichtungen oder Akademien wie zum Beispiel der geschäftsführende Direktor des bischöflichen Hilfswerks "Misereor e.V.", Pirmin Spiegel, der Delegat für Soziales und Ökologie Zentraleuropäische Provinz der Jesuiten, P. Klaus Väthröder SJ; Prof. Dr. Joachim Valentin vom "Haus am Dom" Frankfurt oder Prof. Dr. Klara Butting vom Bildungszentrum "Woltersburger Mühle"; ferner Pröpst*innen, (Ober-)Kirchenräte, Dekan*innen, Pfarrer*innen, Synodale oder Bildungsreferierende etc. aus vier unterschiedlichen Kirchen (evangelische Landeskirchen, römisch-katholische Kirche, alt-katholische Kirche, evangelisch-methodistische Kirche).

Forschungsprojekte zur Schöpfungsethik

Professor Zimmermann arbeitet seit einigen Jahren in Forschungsprojekten zur Schöpfungsethik und hat auch internationale Konferenzen zum Thema durchgeführt (zum Beispiel "Creation Concepts - Creation Care" 2022; "Zur Sprach(un)-fähigkeit von Theologie und Kirche in der Klimakrise", März 2024). Er ist Mitbegründer des Mainzer Forschungsbereichs "Ethik in Antike und Christentum", der sich zur Aufgabe gesetzt hat, aus der Lektüre von antiken Texten, insbesondere der Bibel, hermeneutisch reflektiert Impulse für ethische Diskurse der Gegenwart zu gewinnen. Der Theologie sieht sich von seinem Schöpfungsverständnis her verpflichtet, als Anwalt gegen die Zerstörung von Lebensräumen von Menschen, Tieren und Pflanzen aufzutreten. In der Tradition von Propheten des Alten und Neuen Testaments sei die Intention des Appells, die Regierenden zur Verantwortung zu mahnen, damit sie die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Kipppunkte der Erdsysteme noch abwenden und noch mehr Zerstörung von Lebensgrundlagen jetziger und künftiger Menschen und anderer Lebewesen verhindern zu können.