Österreichisches Parlament

10/04/2022 | Press release | Distributed by Public on 10/04/2022 10:45

Gleichbehandlungsausschuss: Opposition fordert Verbesserungen beim Gewaltschutz, bei Gehaltstransparenz und Schutz vor DiskriminierungZahlreiche Anträge von SPÖ, FPÖ und NEOS[...]

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Parlamentskorrespondenz Nr. 1069 vom 04.10.2022

Themenfelder:Gleichbehandlung/​Frauen/​InneresFormat:Ausschusssitzungen des NationalratsStichworte:Nationalrat/​Ausschuss/​Gleichbehandlung/​Diskriminierung

Gleichbehandlungsausschuss: Opposition fordert Verbesserungen beim Gewaltschutz, bei Gehaltstransparenz und Schutz vor Diskriminierung

Zahlreiche Anträge von SPÖ, FPÖ und NEOS mehrheitlich vertagt

Wien (PK) - Die Themen Gewaltschutz, Lohntransparenz, Verbesserung des Opferschutzes bei Sexualdelikten, Frauengesundheit, Altersdiskriminierung und Maßnahmen gegen LGBTIQ-Feindlichkeit standen auch im zweiten Teil des heutigen Gleichbehandlungsausschusses im Mittelpunkt der Debatte [EKM1] . Ausgangspunkt dafür waren zahlreiche Anträge der Opposition, die alle vertagt wurden. Bei den SPÖ-Forderungen ging es etwa um die Etablierung einer bundesweiten Koordinierungsstelle gegen Gewalt an Frauen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention, die Vorlage eines Einkommenstransparenzgesetzes sowie die Ausweitung des Diskriminierungsschutzes außerhalb der Arbeitswelt. Die NEOS setzten sich unter anderem für die Verbesserung des Opferschutzes bei Sexualdelikten sowie für die Einrichtung einer Informationsplattform ein, die einen vollständigen und niederschwellig erreichbaren Überblick über die tatsächlichen Angebote im Bereich des Gewaltschutzes ermöglichen soll. Die Freiheitlichen halten es für wichtig, dass bei sämtlichen Sexualdelikten die Nationalität der Täter:innen gegenüber den Medien genannt wird. Außerdem haben sie Vorschläge zur Bekämpfung der Altersdiskriminierung vorgelegt.

Bundesweite Koordinierungsstelle, Gewaltschutzlandkarte, einheitliche Richtlinien und Nennung der Nationalität der Täter:innen

Im Hinblick auf die Umsetzung der im Jahr 2011 unterzeichneten Istanbul-Konvention setzt sich SPÖ-Abgeordnete Eva Maria Holzleitner für die Einrichtung einer bundesweiten Koordinierungsstelle gegen Gewalt an Frauen ein (2284/A(E)). Obwohl Artikel 10 des Vertrags die Etablierung einer offiziellen Koordinierungsstelle vorsehe, wurde in Österreich bisher lediglich eine "interministerielle Arbeitsgruppe" installiert. Diese sei aber weder unabhängig, noch in der Lage, Maßnahmen zu implementieren. Andere Länder - wie etwa Spanien - hätten bereits wesentlich mehr unternommen. Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP) wies darauf hin, dass im Jahr 2015 bereits eine diesbezügliche Stelle im Ressort eingerichtet wurde. Da nun ein Gespräch mit den dort tätigen Personen in Aussicht gestellt wurde, stellte sie einen Vertagungsantrag. Dieser Argumentation schloss sich auch Meri Disoski (Grüne) an. Eva Maria Holzleitner (SPÖ) verwies erneut auf das spanische Modell, das breiter angelegt sei und vor allem externe Expert:innen einbeziehe, um Lücken im Gewaltschutz aufzudecken.

Da von Gewalt betroffene Frauen oft gar nicht wissen würden, wo sie sich hinwenden können, sollte das Ministerium eine entsprechende Informationsplattform zur Verfügung stellen, schlägt NEOS-Mandatarin Henrike Brandstötter vor. Diese sollte eine übersichtliche und vollständige Zusammenstellung aller Gewaltschutzzentren, Frauenhäuser und weiteren dem Gewaltschutz dienlichen Einrichtungen enthalten (2701/A(E)). Außerdem sieht sie Handlungsbedarf im Bereich des Opferschutzes, wo verbindliche Richtlinien für die Vorgehensweise der Polizei beim Umgang mit Opfern von Sexualdelikten fehlen würden (2702/A(E)). Es komme immer wieder zu Situationen, in denen die Glaubwürdigkeit der Betroffenen angezweifelt werde, was traumatische Folgen haben könne.

ÖVP-Abgeordnete Elisabeth Pfurtscheller machte unter anderem darauf aufmerksam, dass es in jedem Bundesland bereits ein Gewaltschutzzentrum gebe, mit dem die Polizeibehörden intensiv zusammenarbeiten. Es gebe auch schon viele Exekutivbeamt:innen, die eine spezielle Schulung in diesem Bereich absolviert haben. Außerdem hätten die betroffenen Frauen die Möglichkeit, psychosoziale Prozessbegleiter:innen zu Gesprächen beizuziehen.

Was die Einrichtung einer Informationsplattform betrifft, so machte Meri Disoski (Grüne) auf das Frauenserviceportal aufmerksam, das schon jetzt eine sehr umfassende Darstellung biete. Bei der Qualität der Polizeiarbeit in Bezug auf den Umgang mit Betroffenen von häuslicher Gewalt sehe sie schon noch Verbesserungspotential. Die derzeit laufende Evaluierung im Innenministerium sei daher zu begrüßen und abzuwarten.

Den Freiheitlichen wiederum ist es ein Anliegen, dass bei sämtlichen Sexualdelikten die Nationalität der Täter:innen gegenüber den Medien genannt wird (2690/A(E)). Alle betroffenen Frauen hätten ein Anrecht darauf, dass über diese Taten tatsachenorientiert berichtet wird, argumentiert FPÖ-Mandatarin Rosa Ecker. Alle Anträge wurden bei den Abstimmung vertagt.

SPÖ für mehr Gehaltstransparenz zur Verringerung der Einkommensschere zwischen Frauen und Männern

Neuerlich eingebracht hat die SPÖ ihren Vorschlag für ein Einkommenstransparenzgesetz (277/A), der abermals vertagt wurde. Trotz Verbesserungen in den letzten Jahren zähle Österreich nach wie vor zu den Ländern mit einem großen geschlechtsspezifischen Einkommensunterschied, zeigten die Sozialdemokrat:innen auf. Bereits geschaffene Instrumente wie Einkommensberichte oder Gehaltsangaben in Stelleninseraten würden zwar gut angenommen, seien aber noch nicht wirksam genug. Kernpunkt des vorgelegten Gesetzentwurfs ist eine umfassende innerbetriebliche Gehaltstransparenz. Zu diesem Zweck sollen Unternehmen verpflichtet werden, ein Mitarbeiter:innenverzeichnis zu führen, das neben Qualifikationen, Verwendung und Einstufung auch das Ausmaß der Arbeitszeit sowie die Höhe der Bezüge und sonstiger Zahlungen enthält. Dieses soll allen Beschäftigten zugänglich gemacht werden, wobei strenge Verschwiegenheitsauflagen vorgesehen sind.

Außerdem fordert die SPÖ eine Ausweitung - des von Unternehmen mit mehr als 150 Mitarbeiter:innen alle zwei Jahre zu erstellenden - Einkommensberichts, etwa was Informationen über die von Männern und Frauen geleisteten Überstunden, Maßnahmen zur Verbesserung der Einkommens- und Chancengleichheit sowie Fort- bzw. Rückschritte betrifft. Schließlich soll in Stellenausschreibungen künftig nicht nur das Mindestentgelt, sondern auch die maßgebliche Einstufung angegeben werden müssen, verlangt Verena Nussbaum (SPÖ). Ganz wesentlich sei nach Ansicht von Eva Maria Holzleitner (SPÖ) zudem, dass auch Sanktionen verhängt werden, wenn Unternehmen Frauen wissentlich schlechter bezahlen als ihre männlichen Kollegen, die dieselbe Leistung erbringen.

Wie bekannt sei, gebe es in der Koalition in dieser Frage keinen Konsens, räumte Abgeordnete Meri Disoski (Grünen) ein. Die Wirtschaftskammer sei eine sehr mächtige Lobby, die sich Fortschritten in diesem Bereich entgegenstelle. Dass es heutzutage noch so einen großen Gender-Pay-Gap gebe wie in Österreich sei beschämend.

Gudrun Kugler (ÖVP) präferierte alternative Wege, um die Einkommensschere zu verringern. Dazu gehörten etwa die Erhöhung des Frauenanteils in besser bezahlten Branchen oder der Ausbau der Väterbeteiligung.

SPÖ: Ausweitung des Diskriminierungsschutzes außerhalb der Arbeitswelt, Maßnahmen gegen LGBTIQ-Feindlichkeit in Österreich, mehr Personal für die Gleichbehandlungsanwaltschaft

Bereits seit Langem werde sowohl in Österreich als auch auf EU-Ebene über eine Ausweitung des Diskriminierungsschutzes außerhalb der Arbeitswelt diskutiert, zeigt die SPÖ in einem Antrag auf (2412/A). Mario Lindner (SPÖ) unternimmt nun erneut einen Vorstoß und tritt mit Nachdruck dafür ein, dass Menschen beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen nicht diskriminiert werden dürfen, und zwar nicht nur wie derzeit nur unabhängig von ihrem Geschlecht und ihrer ethnischen Zugehörigkeit, sondern auch unabhängig von ihrem Alter, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität, ihres Geschlechtsausdrucks oder ihrer Geschlechtsmerkmale. Das soll insbesondere auch den Zugang zu Wohnungen betreffen. Mit dem Diskriminierungsverbot einher gehen sollen Maßnahmen zur Rechtsdurchsetzung und Schadenersatzregelungen, ein erweiterter Schutz vor Belästigung sowie die Ausweitung der Kompetenzen der Gleichbehandlungskommission und der zuständigen Gleichbehandlungsanwält:innen.

Die Grünen stehen grundsätzlich für ein Levelling-up in Bezug den Ausbau des Diskriminierungsschutzes, konstatierte Abgeordnete Faika El-Nagashi (Grüne), man sei darüber auch im Gespräch mit dem Koalitionspartner. Allerdings enthalte die heute zur Debatte stehende SPÖ-Initiative neue Kategorien wie Geschlechtsausdruck oder Geschlechtsmerkmale, die rechtlich nicht definiert seien.

In weiteren Initiativen macht Mario Lindner (SPÖ) auf die dramatische Zunahme an Angriffen auf die LGBTIQ-Community in den vergangenen Monaten aufmerksam. Nicht nur zerstörte Regenbogenfahnen und Vandalismus gegen öffentliche Zeichen für Gleichberechtigung und Akzeptanz fänden fast wöchentlich ihren Weg in die Medien, auch Angriffe und Hassverbrechen gegenüber Schwulen, Lesben, Bisexuellen, transidenten, intergeschlechtlichen und queeren Menschen. Er fordert deshalb die "längst überfällige" Novellierung des Diskriminierungsschutzes im Gleichbehandlungsgesetz und einen umfassenden Plan zum Vorgehen gegen LGBTIQ-Feindlichkeit und Diskriminierung (2047/A(E)). Abgeordneter Nico Marchetti (ÖVP) informierte darüber, dass bereits ein runder Tisch mit Stakeholdern aus der Community geplant sei, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Damit begründete er auch seinen Vertagungsantrag.

Überdies machte sich die SPÖ für eine personelle Aufstockung der Gleichbehandlungsanwaltschaft stark, um vor allem die Beratungs- und Unterstützungsangebote in den Regionalbüros sicherstellen zu können (1043/A(E)). Die drei Initiativen der SPÖ wurden mehrheitlich vertagt.

Bundesministerin Susanne Raab informierte darüber, dass die Gleichbehandlungsanwaltschaft in der letzten Zeit personell weiter aufgestockt wurde; dieser Pfad soll fortgesetzt werden.

FPÖ-Anträge: Maßnahmen gegen Altersdiskriminierung bei der Jobsuche und bei Bankgeschäften notwendig

Mit der Problematik der Altersdiskriminierung setzt sich die FPÖ in zwei Entschließungsanträgen auseinander. Laut österreichischer Gleichbehandlungsanwaltschaft steige die Altersdiskriminierung auch in der Arbeitswelt, berichtete Rosa Ecker, die auf Probleme bei der Jobsuche für Personen im fortgeschrittenen Alter hinweist. Auf Schwierigkeiten würden ältere Menschen auch bei Bankgeschäften stoßen, wie zum Beispiel beim Umgang mit digitalen Instrumenten (z.B. Online-Banking). Es gebe auch vermehrt Beschwerden von Pensionist:innen, wonach ihre Kreditkarten nicht verlängert würden, der Überziehungsrahmen bei Konten gekürzt oder gestrichen werde oder keine Kredite mehr gewährt würden. Banken sollten auch dazu verpflichtet werden, ältere Menschen aktiv zu informieren, wenn deren Konditionen aufgrund ihres Alters geändert werden. Die Freiheitlichen fordern die Frauenministerin daher auf, eine Erhebung durchführen zu lassen, in welchen Bereichen es in Österreich zu Altersdiskriminierung komme (2688/A(E)). Außerdem sollen Gespräche mit dem Bankensektor aufgenommen werden (1180/A(E)). Die älteren Menschen haben sich Wertschätzung verdient und sollten in keinem Bereich diskriminiert werden, schloss sich SPÖ-Mandatarin Petra Oberrauner den Anliegen der FPÖ an. Beide Entschließungsanträge wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

FPÖ will Ambulanzen für peripartale Psychiatrie ausbauen, NEOS wollen Staatsbürgerschaftshürden für Adoptiveltern abschaffen

FPÖ-Frauensprecherin Rosa Ecker fordert in einem weiteren Entschließungsantrag (2689/A(E)) das Frauenministerium auf, das Angebot an Ambulanzen für peripartale Psychiatrie - also für die Behandlung von Krisen rund um die Geburt - auszubauen und künftig in jedem Bundesland eine derartige Anlaufstelle für betroffene Frauen zur Verfügung zu stellen. Jede fünfte Frau stecke nach der Geburt ihres Kindes in einer psychischen Krise, diese Probleme würden aber oft nicht erkannt. Es handle sich dabei nur um eine sehr kleine Gruppe von Betroffenen; es wären laut Ecker wohl nur 60 Betten erforderlich. Die derzeit bundesweit einzige Ambulanz in diesem Sektor befinde sich in der Klinik Ottakring in Wien; das sei zu wenig.

Ein Ende der ungleichen Behandlung von gleichgeschlechtlichen Paaren im Adoptionsrecht fordern die NEOS. Es bestünden international große Unterschiede, in vielen Ländern seien gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Ehen oder Adoptionen nicht möglich, erläuterte NEOS-Vertreterin Henrike Brandstötter den Entschließungsantrag (2695/A(E)) . In Österreich sei bereits mehrfach vom Verfassungsgerichtshof festgelegt worden, dass in diesen Bereichen die Sexualität keine Rolle spielen dürfe. Da aber teilweise fremdes Recht zur Anwendung komme, würden manche Adoptionen unterbunden. Um dieses Versäumnis aufzuholen, plädieren die NEOS dafür, dem Nationalrat ehestmöglich eine Reform des Gesetzes vorzulegen, die eine Adoption für gleichgeschlechtliche Paare unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft ermöglicht. Bei den Abstimmungen wurden beide Anträge mehrheitlich vertagt. (Fortsetzung Gleichbehandlungsausschuss) sue

[EKM1] Wenn wir mit dem ersten Teil noch nicht draußen sind, können wir das nicht wirklich schreiben, oder? Oder wir ergänzen, worum es im ersten Teil ging.