Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

11/07/2023 | Press release | Distributed by Public on 11/07/2023 07:55

Auf den Spuren der dunklen Seite des Universums

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  3. Erste wissenschaftliche Bilder der Euclid Mission veröffentlicht

Auf den Spuren der dunklen Seite des Universums

Das Weltraumteleskop Euclid liefert erste wissenschaftliche Bilder

Um zu verstehen, wie das Universum entstand und wie es sich bis zu seiner heutigen Form entwickelt hat, braucht es zwei Dinge: Kosmologische Computermodelle nutzen die Gesetze der Physik, um zu beschreiben, wie das Universum heute aussehen sollte. Beobachtungen mit Teleskopen überprüfen, ob diese Modelle Recht behalten. Das Euclid Weltraumteleskop wird erstmals in der Lage sein, Milliarden von Galaxien und ihre Positionen in drei Dimensionen zu vermessen und das beinahe im gesamten von der Erde aus einsehbaren Universum. Die ersten wissenschaftlichen Bilder wurden nun veröffentlicht.

Die Stärke Euclids liegt in der Vielfalt: Dieser kleine Ausschnitt der großen Bildebene von Euclid zeigt ein Detail des Perseus Galaxienhaufens. Klar zu erkennen sind sowohl die diversen Arten und Formen von Galaxien des Clusters im Vordergrund bei einer Entfernung von 240 Millionen Lichtjahren und eine Reihe schwach leuchtender, diffuser Flecken im Hintergrund - Galaxien, deren Licht Milliarden Jahre unterwegs war, bis Euclid es abbildete.

© ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA, Bildbearbeitung durch J.-C. Cuillandre, G. Anselmi; CC BY-SA 3.0 IGO

Die Stärke Euclids liegt in der Vielfalt: Dieser kleine Ausschnitt der großen Bildebene von Euclid zeigt ein Detail des Perseus Galaxienhaufens. Klar zu erkennen sind sowohl die diversen Arten und Formen von Galaxien des Clusters im Vordergrund bei einer Entfernung von 240 Millionen Lichtjahren und eine Reihe schwach leuchtender, diffuser Flecken im Hintergrund - Galaxien, deren Licht Milliarden Jahre unterwegs war, bis Euclid es abbildete.
© ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA, Bildbearbeitung durch J.-C. Cuillandre, G. Anselmi; CC BY-SA 3.0 IGO

Euclid, das neueste Weltraumteleskop der Europäischen Weltraumorganisation (Esa), hat seine ersten Farbfotos aus dem Weltall veröffentlicht. Diese zeigen eine Kombination von Daten der beiden Instrumente VIS (Visible Instrument) und NISP (Nah-Infrarot Spektrograf und Photometer), die jeweils das sichtbare und nahe Infrarotlicht mit großflächigen Detektoren einfangen. Euclids wichtigste Aufgabe ist, die detaillierteste dreidimensionale Kartierung des Universums vorzunehmen und diesem damit einige seiner dunklen Geheimnisse zu entlocken. Die deutschen Mitglieder des Euclid-Konsortiums, darunter auch die Max-Planck-Institute für Astronomie und extraterrestrische Physik, haben zentrale technische Komponenten des Teleskops entwickelt, übernehmen logistische Dienstleistungen - was die immensen Datenströme angeht - und gewährleisten die Qualität der veröffentlichten Daten.

Auf den Spuren der Dunklen Materie: Dieses Bild von Euclid ist das erste, das in einem so großen Bildausschnitt so viele Galaxien des Perseus-Galaxienhaufens auf einmal in einem so hohen Detailgrad erfasst. Das Bild zeigt 1000 Galaxien, die zum Perseus-Haufen gehören, einem der massereichsten Strukturen des Universums. Mehr als 50.000 weitere Galaxien in weit größerer Entfernung sind im Hintergrund zu erkennen.

© ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA, Bildbearbeitung durch J.-C. Cuillandre, G. Anselmi; CC BY-SA 3.0 IGO

Auf den Spuren der Dunklen Materie: Dieses Bild von Euclid ist das erste, das in einem so großen Bildausschnitt so viele Galaxien des Perseus-Galaxienhaufens auf einmal in einem so hohen Detailgrad erfasst. Das Bild zeigt 1000 Galaxien, die zum Perseus-Haufen gehören, einem der massereichsten Strukturen des Universums. Mehr als 50.000 weitere Galaxien in weit größerer Entfernung sind im Hintergrund zu erkennen.
© ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA, Bildbearbeitung durch J.-C. Cuillandre, G. Anselmi; CC BY-SA 3.0 IGO

Eine Galaxie, die an unsere Milchstraße erinnert: Die Galaxie IC 342 liegt elf Millionen Lichtjahre entfernt und erscheint am Himmel etwa so groß wie der Vollmond. Im Laufe seines Betriebs wird Euclid Milliarden anderer Galaxien abbilden, die noch weiter entfernt sind als IC 342 und die den unsichtbaren Einfluss der Dunklen Materie und der Dunklen Energie erkennbar machen.

© ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA, Bildbearbeitung durch J.-C. Cuillandre, G. Anselmi; CC BY-SA 3.0 IGO

Eine Galaxie, die an unsere Milchstraße erinnert: Die Galaxie IC 342 liegt elf Millionen Lichtjahre entfernt und erscheint am Himmel etwa so groß wie der Vollmond. Im Laufe seines Betriebs wird Euclid Milliarden anderer Galaxien abbilden, die noch weiter entfernt sind als IC 342 und die den unsichtbaren Einfluss der Dunklen Materie und der Dunklen Energie erkennbar machen.
© ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA, Bildbearbeitung durch J.-C. Cuillandre, G. Anselmi; CC BY-SA 3.0 IGO

Bisherige Weltraumteleskope, wie etwa Hubble oder James Webb wurden gebaut, um sehr kleine Bereiche am Himmel sehr genau zu untersuchen. Euclid hingegen weitet den Blick bei gleichsam starker Bildqualität: Dank seiner großen Optik, seiner empfindlichen Instrumente und seiner Position außerhalb der störenden Erdatmosphäre liefert es in relativ kurzer Beobachtungszeit Bilder großer Himmelsausschnitte, die zudem bemerkenswert scharf sind und auch das schwache Licht weit entfernter Galaxien enthalten. Mit den veröffentlichten Bildern demonstrieren die Mitglieder des Euclid-Konsortiums das volle Potenzial von Euclid an Hand fünf ausgewählter Objekte. Jedes Bild deckt am Himmel eine Fläche ab, die etwas größer ist als der Vollmond. Am Ende der Mission werden etwa 40.000 solcher Bildausschnitte zu einer Gesamtfläche von etwa 14.000 Quadratgrad am Himmel kombiniert werden, das entspricht einem Drittel des gesamten Himmels - der Teil, der nicht von unserer eigenen Galaxie, der Milchstraße, verdeckt ist.

Die nun erschienenen Bilder zeigen eines sehr deutlich: Jedes Bilder wird eine Fundgrube darstellen für neue Erkenntnisse über die Physik einzelner Sterne, der Milchstraße oder ferner Galaxien. "Das Teleskop wird enorme Datenmengen sammeln mehr Objekte finden als bisher möglich", sagt Maximilian Fabricius vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching bei München und von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Knud Jahnke, Instrumentenwissenschaftler am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg bestätigt: "Wir werden uns alle an die Fülle der Informationen gewöhnen müssen, die Euclid liefern wird."

Ein Schnappschuss mit Tiefgang: Dieser Bildausschnitt, der etwa 200 Mal kleiner ist als die Gesamtaufnahme des Perseus-Clusters, gibt einen Eindruck der Details, die neben dem prächtigen Bild des Perseus Clusters im Vordergrund untergehen. Die hellsten Punkte mit sechs sternförmig angeordneten "Spikes" sind Sterne unserer Galaxie im Vordergrund. Dazwischen liegen zahlreiche diffuse und rötliche Flecken, die Galaxien aus der Frühzeit des Universums entsprechen. Manche sind so weit entfernt, dass ihr Licht 10 Milliarden Jahre gebraucht hat, um uns zu erreichen.

© ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA, Bildbearbeitung durch J.-C. Cuillandre, G. Anselmi; CC BY-SA 3.0 IGO

Ein Schnappschuss mit Tiefgang: Dieser Bildausschnitt, der etwa 200 Mal kleiner ist als die Gesamtaufnahme des Perseus-Clusters, gibt einen Eindruck der Details, die neben dem prächtigen Bild des Perseus Clusters im Vordergrund untergehen. Die hellsten Punkte mit sechs sternförmig angeordneten "Spikes" sind Sterne unserer Galaxie im Vordergrund. Dazwischen liegen zahlreiche diffuse und rötliche Flecken, die Galaxien aus der Frühzeit des Universums entsprechen. Manche sind so weit entfernt, dass ihr Licht 10 Milliarden Jahre gebraucht hat, um uns zu erreichen.
© ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA, Bildbearbeitung durch J.-C. Cuillandre, G. Anselmi; CC BY-SA 3.0 IGO

Ein Beispiel ist der Perseus-Galaxienhaufen. Solche Galaxienhaufen gehören zu den größten und massereichsten Strukturen des Universums. Ohne Netzwerke Dunkler Materie wären die hier abgebildeten Galaxien gleichmäßig am Himmel verteilt. "Mit Euclids riesigem Bildfeld und seiner hohen Empfindlichkeit lassen sich die Galaxien im Perseus-Galaxienhaufen bis an ihre äußersten und leuchtschwächsten Regionen vermessen", sagt Matthias Kluge, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und an der Ludwig-Maximilians-Universität. Ferner finden sich im selben Bild weitere Galaxien, die nicht mit dem Perseus-Haufen in Verbindung stehen. Je weiter man in das Universum blickt, desto ältere Galaxien finden Astronominnen und Astronomen, da das Licht sich mit endlicher Geschwindigkeit ausbreitet. Das gleiche gilt für Galaxien in unterschiedlichsten Entwicklungsstadien. All diese Informationen werden Forschenden helfen noch mehr darüber erfahren, wie sich das Universum in seiner Frühzeit entwickelte, als Galaxien zu Hauf miteinander kollidierten und verschmolzen.

Eine bizarre Galaxie aus der Nachbarschaft der Milchstraße: Die irreguläre Galaxie NGC 6822 ist ein Beispiel einer Zwerggalaxie, die keine ordentlichen Spiralarme aufweist wie etwa unsere Milchstraße. Solche Galaxien gelten als Bausteine ausgewachsener Galaxien, die sich im nahen und jungen Universum finden - ein Universum, das Euclid umfassend abbilden wird. Wer genauer hinsieht, kann einzelne Sterne und sogar Supernovaüberreste erkennen.

© ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA, Bildbearbeitung durch J.-C. Cuillandre, G. Anselmi; CC BY-SA 3.0 IGO

Eine bizarre Galaxie aus der Nachbarschaft der Milchstraße: Die irreguläre Galaxie NGC 6822 ist ein Beispiel einer Zwerggalaxie, die keine ordentlichen Spiralarme aufweist wie etwa unsere Milchstraße. Solche Galaxien gelten als Bausteine ausgewachsener Galaxien, die sich im nahen und jungen Universum finden - ein Universum, das Euclid umfassend abbilden wird. Wer genauer hinsieht, kann einzelne Sterne und sogar Supernovaüberreste erkennen.
© ESA/Euclid/Euclid Consortium/NASA, Bildbearbeitung durch J.-C. Cuillandre, G. Anselmi; CC BY-SA 3.0 IGO

Etwa 95 Prozent unseres Kosmos scheint aus mysteriösen "dunklen" Zutaten zu bestehen, die auch Teil an der Entstehung des Perseus-Galaxienhaufens haben. Während die Dunkle Materie die Gravitationswirkung zwischen und innerhalb von Galaxien bestimmt und zunächst für eine Abbremsung der Ausdehnung des Weltalls sorgte, ist die Dunkle Energie für die derzeitige beschleunigte Expansion des Universums verantwortlich.

Allerdings verstehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bislang wir noch nicht, woraus die Dunkle Materie oder Dunkle Energie bestehen. Bekannt ist, dass diese subtile Veränderungen im Aussehen und in den Bewegungen der Objekte verursachen, die mit Teleskopen tatsächlich sichtbar gemacht werden können.

Um den "dunklen" Einfluss auf das sichtbare Universum aufzuspüren, wird Euclid in den nächsten sechs Jahren die Formen, Entfernungen und Bewegungen von Milliarden von Galaxien bis zu 10 Milliarden Lichtjahre entfernt beobachten. Hierbei werden die spektralen Informationen des NIST-Infrarotinstruments unter anderem durch optischen Spektren bodengebundener Teleskope ergänzt. So lassen sich Entfernung der von Euclid abgebildeten Galaxien sehr genau bestimmen und die zweidimensionalen Fotos von Euclid in die umfangreichste dreidimensionale Karte des einsehbaren Universums übersetzen, die je erstellt wurde.

MN/TB

Hintergrundinformationen

Euclid ist eine Weltraummission der Europäischen Weltraumagentur (Esa) mit Beiträgen der National Aeronautics and Space Administration (Nasa). Diese Mission ist Teil des "Cosmic Vision"-Programms der Esa .

Die Kameras VIS und NISP wurden von einem Konsortium aus Wissenschaftlern und Ingenieurinnen aus 17 Ländern entwickelt und gebaut, viele aus Europa, aber auch aus den USA, Kanada und Japan. Aus Deutschland beteiligen sich das Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, das Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching, die Ludwig-Maximilians-Universität in München, die Universität Bonn, die Ruhr-Universität Bochum sowie die Deutsche Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Bonn.

Die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR koordiniert die deutschen Esa-Beiträge und stellt aus dem Nationalen Raumfahrtprogramm Fördermittel für die beteiligten deutschen Forschungsinstitute zur Verfügung. Deutschland ist mit rund 21 Prozent der größte Beitragszahler im Esa-Wissenschaftsprogramm.