Ministry of Finance of the Federal Republic of Germany

04/16/2024 | Press release | Distributed by Public on 04/16/2024 03:57

Der Internationale Währungsfonds ist ein Stabilitätsanker im globalen Finanzsystem: Gastbeitrag

1944 wurde auf der Konferenz der Vereinten Nationen im US-amerikanischen Bretton-Woodsder Grundstein für eine neue Weltwirtschaftsordnung gelegt. In den Jahrzehnten zwischen der Großen Depression und dem Zweiten Weltkrieg beförderte der schlechte Zugang zu ausländischen Devisen die wirtschaftlichen Verwerfungen in vielen Ländern. Die Vertreter der in Bretton Woodsversammelten Staaten waren sich einig: Die Welt braucht Institutionen, die den Multilateralismus und ein auf Kooperation aufbauendes internationales Währungssystem fördern.

Das war die Geburtsstunde des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank. Mit diesen neu geschaffenen Organisationen sollte die wirtschaftliche Entwicklung durch Zusammenarbeit unterstützt und damit letztlich auch der Frieden in der Welt gefördert werden.

Der IWF entwickelt sich weiter - zuletzt wurden seine Eigenmittel um 50 Prozent erhöht

Diese Ziele haben an Aktualität nicht verloren: Kriege, geopolitische Spannungen und der Klimawandel setzen die internationale Staatengemeinschaft unter Druck - mit erheblichen Auswirkungen auf die globale Stabilität und auf die weltwirtschaftliche Entwicklung, beides Kernbereiche des IWF-Mandats.

Die Bundesrepublik Deutschland trat dem IWF 1952 bei. Rechte und Pflichten Deutschlands im IWF werden seither gemeinsam vom Bundesministerium der Finanzen und der Deutschen Bundesbank wahrgenommen. Inzwischen zählt der IWF 190 Mitgliedsstaaten. Die Mitwirkung am IWF ist eng mit der Wirtschaftskraft des jeweiligen Mitgliedlandes verknüpft. Nach dem Beteiligungsanteil im Fonds richten sich auch die von jedem Land zu leistenden Finanzbeiträge. Deutschland ist gegenwärtig viertgrößter Anteilseigner.

Als internationale Organisation mit großer Erfahrung in der Bewältigung von Krisen und Finanzengpässen ist der IWF ein Stabilitätsanker im globalen Finanzsystem. Dabei befindet er sich selbst oftmals in stürmischer See und ist erheblichem Veränderungsdruck ausgesetzt. Länder wie China, Indien und Brasilien, die im Laufe der vergangenen Jahrzehnte an wirtschaftlicher Bedeutung gewonnen haben, drängen auf mehr Mitbestimmung.

Auch wenn sich seine grundsätzliche Governance-Struktur bewährt hat: Der IWF entwickelt sich stetig weiter. Im vergangenen Jahr wurde beschlossen, die Eigenmittel des IWF um 50 Prozent zu erhöhen. Zudem soll Sub-Sahara-Afrika einen zusätzlichen Sitz im Exekutivdirektorium erhalten. Weitere Anpassungen in den Mitspracheregelungen sollen bis Mitte 2025 erarbeitet werden.

Immer mehr kümmert sich der IWF als Kreditgeber um Länder mit angeschlagenen Finanzen

Gemäß seiner Kernkompetenz soll der IWF internationalen Handel fördern und dadurch zur wirtschaftlichen Entwicklung in seinen Mitgliedsländern beitragen. Nach seinen Statuten ist er für die Überwachung der Wirtschafts-, Geld- und Wechselkurspolitik sowie der Finanzstabilität verantwortlich. Damit erfüllt er für seine Mitgliedsländer eine wichtige Beraterfunktion. Daneben leistet er technische Hilfe zum Beispiel für den Aufbau von effizienten Steuerverwaltungen oder bei der Bekämpfung von Geldwäscheaktivitäten.

Diese Kernkompetenz des IWF muss erhalten bleiben und gegebenenfalls gestärkt werden, damit er auch weiterhin Anker für die Stabilität der Weltwirtschaft sein kann. Eine weitere Kernaufgabe des IWF ist die Vergabe von Finanzhilfen an Länder mit gravierenden Zahlungsbilanzproblemen. Diese Kreditvergabe wird an verpflichtende Reformmaßnahmen geknüpft, damit die Länder möglichst schnell wieder auf einen nachhaltigen Wachstumspfad und zu finanzpolitischer Eigenständigkeit zurückkehren können. Dabei leistet der IWF nur Hilfe zur Selbsthilfe. Die finanzielle Unterstützung des IWF kann eine dauerhaft stabilitätsfördernde Wirtschaftspolitik nicht ersetzen.

Die Rolle des IWF als Kreditgeber für Länder mit angeschlagenen Finanzen ist immer stärker in den Vordergrund gerückt. Die Anzahl der verschiedenen Kreditprogramme ist deutlich angestiegen. Insbesondere Entwicklungsländer erhalten oftmals wiederholt Kredite. Die jährlichen Kreditzusagen an diese Ländergruppe waren in den letzten Jahren etwa fünfmal so hoch wie vor der Pandemie. In der Konsequenz hängen die betroffenen Länder allerdings immer mehr am Finanztropf des IWF. Das kann nicht das Ziel sein. Auch die Finanzierung einer entwicklungspolitischen Agenda ist nicht originäre Aufgabe des IWF und sollte eher Institutionen wie der Weltbank überlassen werden.

In diesem Zusammenhang sind Bestrebungen, die sogenannten Sonderziehungsrechte (SZR) für die Entwicklungsfinanzierung zu gebrauchen, mit Skepsis zu betrachten. Dies könnte die Erwartungen an den IWF schüren, SZR vermehrt auch aus anderen Gründen als aus seiner originären Funktion als Währungsreserve zuzuteilen.

"Über die Zeit hat es der IWF immer wieder geschafft, aus Krisen gestärkt hervorzugehen. Selten waren die äußeren Umstände jedoch herausfordernder als heute. Ein IWF, der sich auf sein Kernmandat fokussiert, kann das globale Wirtschafts- und Währungssystem am besten stärken."Christian Lindner und Joachim Nagel

Schließlich kümmert sich der IWF seit Kurzem auch darum, den Klimawandel zu bekämpfen. Hier kann er einen wichtigen Beitrag leisten, wenn er sich auf seine Kernkompetenzen beschränkt. Zum Beispiel kann er im Rahmen seiner Überwachungstätigkeit Auswirkungen des Klimawandels für die Haushaltspolitik seiner Mitgliedsländer analysieren und bewerten. Auch über den jüngst geschaffenen Kreditrahmen zur Sicherung der Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit kann er seine Mitglieder unterstützen - in enger Abstimmung mit der Weltbank.

Wie sehr sich auch die Weltwirtschaft in den vergangenen 80 Jahre verändert hat und weiter verändern wird - der IWF ist ein Anker für wirtschaftliche und politische Stabilität. Dazu gratulieren wir ihm voller Hochachtung. Über die Zeit hat es der IWF immer wieder geschafft, sich veränderten Rahmenbedingungen der Weltwirtschaft anzupassen und aus Krisen gestärkt hervorzugehen. Selten waren die äußeren Umstände jedoch herausfordernder als heute. Ein IWF, der sich auf sein Kernmandat fokussiert, kann das globale Wirtschafts- und Währungssystem am besten stärken und im Zentrum eines funktionierenden Multilateralismus stehen.