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04/23/2024 | Press release | Distributed by Public on 04/23/2024 06:21

Dr. Death

Frage 1: Joshua, das größte Kompliment, das ich Ihnen machen kann, ist, dass ich mich jedes Mal, wenn Sie als Dr. Duntsch den Operationssaal betreten und nach einem Skalpell fragen, kaum dazu durchringen kann hinzusehen - so gut ist es.

Joshua Jackson: (Lacht)... Das erste Mal, als ich die erste Folge sah, schaute ich sie im Raum mit meiner Frau und meiner Schwiegermutter. Meine Schwiegermutter hat bei der ersten Operation tatsächlich den Raum verlassen. Sie meinte: "Ich kann damit nicht umgehen", was ich für das größte Kompliment halte, das man dieser Darstellung machen kann. Dankeschön, ich weiß das zu schätzen.

Frage 2: Was hat Sie an der Geschichte von Christopher Duntsch zuerst begeistert?

Joshua Jackson: Es kommt auf Folgendes an. Die erste große Frage: "Warum?" Warum ist das passiert? Und dann die Frage: "Wie?" "Wie ist er entstanden? "Wie wird ihm der Raum gegeben, um so spektakulär schlecht zu sein?" Nachdem ich mir den Podcast angehört hatte, blieben die Fragen immer noch bestehen. Ich hatte nun ein Verständnis für das juristische Argument und ich hatte ein Verständnis für die Reise der Patienten auf dem Weg zu... ich weiß nicht einmal, ob man es "Gerechtigkeit" nennen kann, aber zumindest ein Rechtsmittel; ich glaube nicht, dass es Gerechtigkeit für das gibt, was ihnen angetan wurde. Ich hatte ein Verständnis für die technischen Teile der Geschichte, aber ich hatte immer noch keine Vorstellung von diesem Mann und wie er entstanden war. Erst durch Gespräche mit Patrick (Showrunner, Patrick Macmanus) und durch die Auseinandersetzung mit dem Skript und dem Recherchematerial zum Skript begann ich ein besseres Gefühl für das Ganze zu bekommen. Aber ich bin immer noch... Es ist so ein faszinierender Charakter für einen Schauspieler, weil dieser Drang da ist: "Es muss eine einfache Antwort geben... Ich will so sehr, dass es eine einfache Antwort gibt, denn die Alternative ist so furchtbar." Aber es gibt keine einfache Antwort. Und die Alternative ist furchtbar. Und das Ergebnis war furchtbar. Und das ist ein wirklich fesselnder Charakter zu spielen.

Frage 3: Was war der Schlüssel, der Sie letztendlich näher zu der Rolle gebracht hat?

Joshua Jackson: Es hört sich einfach an, wenn ich es sage, aber es war viel schwieriger dorthin zu gelangen und es hat mich eine ganze Weile gebraucht. Grundsätzlich ging es darum aufzuhören ihn zu verurteilen und anzufangen ihn mit seinen eigenen Augen zu sehen, wo er der "Held" seiner eigenen Geschichte ist: "Er ist ein brillanter Arzt. Er ist ein brillanter Chirurg. Er ist das Opfer des schlechten Verhaltens und der schlechten Handlungen anderer Leute." Sobald ich bereit war, damit aufzuhören, ihn zu verurteilen und mir zu erlauben, in der kognitiven Dissonanz zu sitzen, in der er denkt: "Ich bin brillant, ich bin sogar so brillant, dass niemand die Last meiner Genialität verstehen kann... Deshalb bin ich gezwungen, mich mit diesen einfachen Sterblichen im Schlamm zu suhlen, die ständig meine gute Arbeit zerstören." Es ist wahnsinnig. Aber als ich erst mal dort war, fingen all die anderen Dinge an sich zu lösen.

Frage 4: Das führt zu der Frage, wie war es aus dieser Denkweise wieder herauszukommen?

Joshua Jackson: Es hat eine Weile gedauert. An meinem letzten Tag hatte meine Frau eine Flasche Champagner gekauft. Ich kam nach Hause und wir waren in unserer Wohnung in New York. Wir saßen da und tranken etwas zusammen. Als ich anfing, in der Vergangenheitsform über ihn zu sprechen, wurde mir zum ersten Mal bewusst, welche Last ich in all den Monaten mit mir herumgetragen hatte... Ich glaube, ich hatte mir nicht erlaubt, das ganze Ausmaß dessen zu fühlen, was diese Erfahrung mit mir gemacht hatte. Aber es war eine enorme Last und es dauerte definitiv eine Sekunde, bis ich das loslassen konnte. Du lebst in dieser ständigen kognitiven Dissonanz, dass du glaubst eine heldenhafte Figur zu sein, während die Beweise um dich herum zeigen, dass du für jeden, den du berührst, Schmerz und Chaos verursachst. Das ist ein schwieriger Zustand, in dem man sechs Monate lang leben muss.

Frage 5: Wie war Ihre Zusammenarbeit mit Patrick Macmanus aus? Auf welche Schlüsselelemente haben Sie sich bei der Umsetzung der Geschichte konzentriert?

Joshua Jackson: Die Versuchung jetzt sarkastisch zu sein ist groß, doch ich weiß, dass das in der Presse nicht gut wegkommt... Ich werde stattdessen ein Loblied auf ihn anstimmen. Er ist der beste, mit dem ich je gearbeitet habe. Wie Sie sich vorstellen können, war diese Zusammenarbeit sehr intensiv. Er hatte bereits zwei Jahre lang mit dieser Serie gelebt. Ich kam spät dazu, musste aber voll eintauchen und hatte tausend Fragen und tausend Ideen. Gleichzeitig brauchte ich eine Umgebung, in der ich mich wohl fühlte, wenn ich an die Orte ging, an die dieser Charakter gehen musste. Er ist einfach ein wunderbarer Mann und ein brillanter Showrunner. Es ist eine so besondere und einzigartige Fähigkeit eine Serie gut zu leiten. Viele Leute machen das - nur sehr wenige Leute machen es gut. Ich hatte noch nie eine kreative Zusammenarbeit, die interessanter oder unterstützender war und offen gesagt, dass ich die Persönlichkeit der Person so sehr genossen habe, wie mit Patrick. Ich bin neidisch auf die Leute, die gerade mit ihm zusammenarbeiten, denn ich würde mich bei jedem Job für den Rest meiner Karriere für ein solches Umfeld entscheiden. Er ist brillant.

Frage 6: Hatten Sie die Möglichkeit bereits vor den Dreharbeiten mit Duntsch zu sprechen?

Joshua Jackson: Duntsch legte gegen seine Verurteilung Berufung ein, also gab es keine Gelegenheit mit ihm zu sprechen, denn kein anständiger Anwalt würde ihm erlauben, mir etwas Belastendes zu sagen. Das heißt, als das zur Sprache kam - wissen Sie, es gab einen Weg, den wir möglicherweise hätten verfolgen können, der aber mit ziemlicher Sicherheit abgelehnt worden wäre - aber als es zur Sprache kam, wollte ich letztendlich nicht wirklich mit ihm sprechen. Ich weiß nicht, ob ich einen Wert darin gesehen hätte, einen Lügner nach seiner Meinung über sich selbst zu fragen. Und ich behaupte das aufgrund der Menge an Recherchen, die Patrick und seine Autoren bereits durchgeführt hatten, als ich das Projekt in die Finger bekam... Im Kern hält dieser Mann an einer Fiktion über sich selbst fest. Ich denke, er ist wahrscheinlich ein Soziopath. Ich bin nicht qualifiziert, dieses Urteil zu fällen. Aber er ist sicherlich ein Narzisst. Die Fiktion wurde für ihn immer schwieriger aufrechtzuerhalten und er hat sich ihr immer mehr verschrieben. Ich bin mir also nicht sicher, dass ich selbst in einem Gespräch mit ihm jetzt irgendwelche Erkenntnisse über ihn gewonnen hätte, die über das hinausgehen, was ich bereits wusste, nämlich, dass er losgelöst von der Realität lebt, in der Sie und ich

Frage 7: Ich habe erfahren, dass die Darsteller einige der Personen, die in der Geschichte vorkommen, aus dem wahren Leben getroffen haben?

Joshua Jackson: Verschiedene Schauspieler trafen unterschiedliche Personen im Verlauf. Ich habe nur Dr. Kirby (gespielt von Christian Slater) getroffen. Dr. Henderson (gespielt von Alec Baldwin) oder Michelle Shughart (gespielt von AnnaSophia Robb) habe ich immer noch nicht getroffen... Aber wie ich schon sagte, es wurde so viel recherchiert und so viel Material stand uns allen über diese Leute im Vorfeld zur Verfügung, dass ich ein gewisses Maß an Intimität empfand... Ich hatte bereits Zugang zu allen Aussageberichten, allen Zeugenaussagen und der gesamten historischen Dokumentation gehabt. Ich möchte natürlich nicht für die anderen Schauspieler sprechen, jeder hatte seinen eigenen Weg. Für mich wurde das Bild durch die Recherchen gezeichnet - wir hatten einfach so viel Material, mit dem wir arbeiten konnten. Das einzige Projekt, an dem ich je gearbeitet habe, bei dem es eine größere Datenmenge gab, war "When They See Us".

Frage 8: Besteht ein noch stärkeres Verantwortungsgefühl, wenn man eine wahre Geschichte wie diese auf die Leinwand bringt?

Joshua Jackson: Ja... Sie erzählen die Geschichte des schlimmsten Moments im Leben von mindestens 33 Menschen. Es gibt keine Wiedergutmachung für die Gewalt, die gegen diese [Menschen] und damit gegen ihre Familien und ihre Gemeinden verübt wurde. Nichts wird jemals in der Lage sein, das wiedergutzumachen, was durch Christopher Duntsch, das System, das ihn unterstützte, die Krankenhäuser, die Ärztekammer und das Rechtssystem, zerstört wurde. Es gibt also eine Verantwortung in der Ehrlichkeit diese Geschichte zu erzählen, auch möglicherweise brutal zu sein und die Leute zur Rechenschaft zu ziehen, für die dies offen gesagt nur ein unangenehmer Moment in ihrer Karriere werden würde. Etwas, auf das sie Jahre später zurückblicken und sagen würden: "Was für eine schreckliche Zeit". Sicherlich gibt es eine Verantwortung die Geschichte zu erzählen und eine Meinung zu haben. Patrick und ich haben uns im Laufe der Serie oft darüber unterhalten, um sicherzugehen, dass die Serie niemanden auslässt, der es verdient hätte einen Moment des Unwohlseins zu erleben, der es verdient hätte, dass sein Teil dieser Geschichte ans Licht gebracht wird. Also ja, sicher gibt es eine größere Verantwortung damit.

Frage 9: Haben die Dreharbeiten Ihre Sicht auf den Arztberuf verändert?

Joshua Jackson: Die Dreharbeiten hatten sowohl positive als auch negative Auswirkungen - es lässt mich sicherlich innehalten und bringt mich dazu, immer eine zweite Meinung einzuholen. Außerdem bestärkt es mich in meiner Überzeugung, dass die amerikanische Art, Gesundheit wie eine Dienstleistung zu behandeln, einfach nicht zusammenpasst... Wir sind keine Kunden in diesem Bereich. Ich bin kein medizinischer Experte und kann das nicht beurteilen. Wenn ein Arzt sagt, dass das die richtige Wahl ist, dann werde ich keine Vergleiche anstellen, weil ich es nicht besser weiß. Es ist nicht so, als würde man sich für einen Ford oder einen Honda entscheiden. Die Serie hat mich definitiv skeptisch gemacht, was die Motive des größeren medizinischen Systems im Umgang mit Patienten angeht. Wir sollen schließlich an der Spitze der Nahrungskette stehen, sind es aber nicht. Die Institutionen werden über ihre eigenen Patienten hinweg geschützt. Die Rentabilität der Ärzte wird mehr geschützt als ihre eigenen Patienten, das ist erschreckend. Es ist wirklich beängstigend, weil wir als Patienten keine informierten Verbraucher in diesem Bereich sind und wir von diesen Leuten, in die wir so viel Vertrauen setzen, geschützt werden müssen. Wären nicht zwei Ärzte und ein Anwalt gewesen, die wirklich an den Wert des von ihnen vertretenen Systems geglaubt haben, wenn Henderson, Kirby und Michelle Shughart sich dieser Sache nicht angenommen hätten, würde dieser Mann wahrscheinlich immer noch als Arzt praktizieren... Hätten diese Leute, die ihr Leben der dem Heilen gewidmet haben, sich dieser Sache unter großem Risiko und zu ihren eigenen Kosten nicht angenommen, wäre er jetzt vielleicht der größte Massenmörder in der amerikanischen Geschichte. Ich bin also sowohl entsetzt über die Unmenschlichkeit des Systems als auch ermutigt durch den Heldenmut der Einzelnen.

Frage 10: Sie erwähnten Dr. Kirby und Dr. Henderson, zwei der Helden in dieser Geschichte. Ich bin der Meinung, dass Christian Slater und Alec Baldwin sie brillant darstellten. Wie war es mit ihnen zu arbeiten?

Joshua Jackson: Das Einzige, was ich an dieser Serie bedauere, ist, dass ich nicht mehr mit den beiden machen konnte. Denn mit ihnen am Set zu sein... Ihr Timing, das Miteinander - es ist ein schwieriger Trick, als Schauspieler etwas sehr präzise und gleichzeitig sehr locker aussehen zu lassen und ich denke, sie haben das brillant gemacht. Sie waren prägnant mit ihrem Timing und dem Spielen der Witze, während sie die Ernsthaftigkeit dessen, was sie zu vermitteln versuchten, absolut respektierten. Das ist wirklich nicht einfach zu bewerkstelligen! Manchmal bringt man zwei Schauspieler zusammen und sie sprühen nur so vor Energie... Es ist also immer eine Freude am Set mit zwei solchen Kraftpaketen zu sein. Das ist wirklich die Sache, die mich dreißig Jahre lang bei der Sache gehalten hat, nämlich, dass man für diese kurze Zeit und diese wirklich spezielle Umgebung Zugang zu wunderbaren Menschen bekommt, sowohl vor als auch hinter der Kamera.