Ver.Di - Vereinte Dienstleinstungsgewerkschaft

05/06/2024 | News release | Distributed by Public on 05/06/2024 04:48

ÖPNV: Verhandeln für bessere Tarife und für die Zukunft

06.05.2024
Nach der ersten Warnstreikwelle gehen die Verhandlungen weiter

Neue Studie: ÖPNV wird ohne bessere Arbeitsbedingungen und Finanzierung zusammenbrechen

Der Bus kommt zu spät und der Busfahrer kann keine reguläre Pause machen. Oder er muss nach zwei Nachtschichten gleich wieder ran. Die Straßenbahn fällt aus, weil die Tramfahrerin krank ist. Ersatz gibt es keinen. Die beschriebenen Probleme sind keine Einzelfälle, sondern ein flächendeckender Ausdruck der schlechten Arbeitsbedingungen und des daraus folgenden Personalmangels im ÖPNV. Die Branche hat massive Probleme, Stellen zu besetzen, die Fluktuation der Beschäftigten ist überdurchschnittlich hoch und bald gehen geburtenstarke Jahrgänge in Rente. Die Bundesregierung muss dem massiven Personalmangel dringend mit besseren Arbeitsbedingungen und einer langfristigen Finanzierungsstrategie begegnen, um einen Zusammenbruch des ÖPNV zu verhindern. Das verdeutlicht eine neue Studie von KCW im Auftrag der Klima-Allianz Deutschland und ver.di. Bessere Arbeitsbedingungen sind zwingend nötig, um den ÖPNV aufrechtzuerhalten. Mehr zur Studie: https://www.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++e803cc12-dfbf-11ee-a7ce-cbd123f5404c

Erste Tarifeinigungen und ein Schlichtungsverfahren

Bessere Arbeitsbedingungen sind nötig und darum verhandelt ver.di. Doch überwiegend stocken die Tarifverhandlungen im kommunalen Nahverkehr. Kleiner Lichtblick: Nach einer bundesweiten Warnstreikwelle, zu der ver.di Ende Februar aufrief, gab es die ersten Einigungen, weitere folgten bald.

Am 16. April konnten sich nach schwierigen Verhandlungen ver.di und der kommunale Arbeitgeberverband Hessen in fünfter Runde auf ein Tarifergebnis verständigt. Es sieht umfangreiche Verbesserungen der Arbeitsbedingungen für die rund 8.000 Beschäftigten des kommunal betriebenen öffentlichen Personen-Nahverkehrs in Hessen vor. ver.di-Verhandlungsführer Jochen Koppel: "Wir haben uns gegenseitig nichts geschenkt und so manches Mal sah es auf beiden Seiten nach Scheitern aus. Aber jetzt herausgekommen ist ein guter Kompromiss. Die Kolleg*innen sind deutlich aufgewertet."

Ebenfalls am 16. April wurde für den Nahverkehr in Nordrhein-Westfalen ein Schlichtungsverfahren eingeleitet. In der Nacht zum Dienstag, den 16. April 2024, waren die Tarifverhandlungen für die rund 30.000 Beschäftigten des öffentlichen Nahverkehrs in Dortmund ergebnislos beendet worden. ver.di und der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV NW) konnten sich trotz intensiver Verhandlungen nicht auf ein Tarifergebnis verständigen. "Nach intensiven Verhandlungen haben wir dem Schlichtungsvorschlag der Arbeitgeber schweren Herzens zugestimmt. Damit werden die Streikmaßnahmen ab Mittwoch ausgesetzt", erklärte Verhandlungsführer Heinz Rech. Im Zentrum der Auseinandersetzung stand die Verteilung der Entlastungstage auf verschiedene Beschäftigtengruppen. Für die Gewerkschaft stand dabei im Fokus, keine Gruppe auszuschließen. "Die Überlastungssituation trifft alle Beschäftigten im kommunalen Nahverkehr. Für uns war deshalb nicht denkbar ein Angebot anzunehmen, das Entlastung nur für bestimmte Gruppen vorsieht." Die Streikmaßnahmen werden für die Zeit der Schlichtung ausgesetzt. Das Schlichtungsverfahren wird nun in den kommenden Tagen auf den Weg gebracht.

In der fünften Verhandlungsrunde wurde am 27. März ein Tarifergebnis in Schleswig-Holstein erzielt. In die Diskussion der Tarifkommission über die Annahme des Arbeitgeberangebots ist eingeflossen, dass die Hauptforderung von ver.di, die geforderte Arbeitszeitreduzierung jetzt früher umgesetzt wird und die Arbeitszeit durch die zusätzlichen zwei Entlastungstage auf 37 Stunden und 12 Minuten über die Laufzeit reduziert werden konnte. Des Weiteren konnte ver.di durchsetzen, dass die Entlastungsstage ab 2024 für alle Beschäftigten wirksam sind.

Ebenfalls am 27. März konnte eine Einigung in der Tarifrunde für die Beschäftigten der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH (VHH) erzielt werden. Die zentralen Forderungen, mit denen die Verhandlungskommission in die Tarifrunde gegangen ist, drehten sich um Urlaub, Zuschläge und Sonderzahlungen. Beispielsweise steigt der Mindesturlaub 2025 um vier Tage auf 29 Tage und ab 2026 auf 30 Tage. Der 24. und 31. Dezember sind arbeits- bzw. dienstfrei. Die Rüstzeit wird Arbeitszeit und zwar 15 Minuten zum Dienstbeginn als bezahlte Arbeitszeit sowie weitere Entlastung durch bessere Dienstlängen. Noch in diesem Jahr erhöht sich das Urlaubsgeld auf 1.000 Euro und die Jahressonderzahlung ebenfalls auf 1.0000 Euro. Für Azubis gibt es die Hälfte. Die Zuschläge verbessern sich an vielen Stellen.

Am 7. März gab es ein Tarifergebnis TV-N bei der Hamburger Hochbahn, das unter eine Erklärungsfrist von vier Wochen gestellt wurde. Es beinhaltet Entlastung durch weniger Arbeitszeit, schrittweise soll die Wochenarbeitszeit von aktuell 39 Stunden bis Mitte 2027 auf 37 Stunden bei vollem Lohnausgleich reduziert werden. Zudem soll es u.a. einen Urlaubstag mehr geben sowie höhere Zulagen.

Ebenfalls konnte nach wirkungsvollen Warnstreiks am 4. März für den TV-N Brandenburg ein Ergebnis erzielt werden, vorbehaltlich der Erklärung bis 23. März. Demnach sollen die Entgelte ab dem 1. Juli linear um 13 Prozent steigen, mindestens aber um 340 Euro, und um weitere zwei Prozent ab dem 1. Januar 2025. Hinzu kommen Verbesserungen im Manteltarifvertrag bei Zulagen und Freizeit.

Am 12. März wurde das Tarifergebnis TV-N Mecklenburg-Vorpommern erzielt. Der erreichte Kompromiss umfasst höhere Zulagen, Entlastung durch mehr Urlaub, längere Ruhezeiten und Enlastung durch neugeregelte Schichtlängen.

In der vierten Verhandlungsrunde mit dem KAV Rheinland-Pfalz am 12. März erzielte die Verhandlungskommission einen Durchbruch. Das Verhandlungsergebnis umfasst ein 13. Monatsgehalt, eine Erhöhung sämtlicher Zeitzuschläge auf künftige Stufe 2, die Einführung einer Samstagszulage von 12,5 Prozent, eine Erhöhung des Feiertagszuschlags auf 150 Prozent ohne bzw. 50 Prozent mit Ausgleich, eine Erhöhung der Wechselschicht- und Schichtzulage auf 1,10 Euro sowie die Einführung einer Zulage für geteilte Dienste ab zwei Stunden von acht Euro. Die Vereinbarung hat eine Laufzeit von 24 Monaten.

Für den TV-N Saar im Saarland gab es am 27. Februar eine Einigung. Sie beinhaltet eine Inflationsausgleichszahlung von 1.000 Euro bis Mai 2024, eine Tabellenerhöhung ab dem 1. Juni 2024 um 200 Euro plus 5,5 Prozent, mindestens aber um 340 Euro, Auszubildende erhalten 150 Euro mehr. Auch kommen Verbesserungen in der Entgeltordnung im Manteltarifvertrag hinzu, zum Beispiel für bestimmte Zulagen.

In der vierten Verhandlungsrunde mit den Arbeitgebern in Bad Tabarz in Thüringen ist der Tarifkommission ein Durchbruch gelungen. Nun ist es an den ver.di-Mitgliedern, über dieses Ergebnis zu entscheiden. Es sieht eine Erhöhung der Entgelte um 250 Euro plus weitere drei Prozent ab 1. Januar 2024 vor und eine Erhöhung der Entgelte um weitere vier Prozent ab 1. Juli 2024. Hinzu kommen Verbesserungen zur Entlastung wie z.B. mehr Zusatzurlaub bei Schichtarbeit und Wechseldienst.

Die Belegschaften der kommunalen Verkehrsunternehmen Baden-Württemberg haben eine große Solidarität bewiesen und zusätzlich mit einer Zustimmung von 93 Prozent in der Urabstimmung für einen Erzwingungsstreik mehr als deutlich der Tarifkommission den Rücken gestärkt. Die Verhandlungskommission hat dadurch eine Tarifeinigung erzielen können, die eine deutliche Aufwertung und eine spürbare Entlastung für die Beschäftigten im Nahverkehr mit sich bringt. Sie enthält eine Nahverkehrszulage für alle in Höhe von 150 Euro monatlich ab Juli, eine schrittweise Absenkung der wöchentlichen Arbeitszeit und viele weitere Verbesserungen.

Mehr zu den Verhandlungen und Einigungen erfahren: https://oeffentliche-private-dienste.verdi.de/tarifbereiche/tv-n/++co++ec6f8240-5c3f-11ee-8334-001a4a160100

RÜCKBLICK

Urabstimmung sendete klares Signal

In Baden-Württemberg hatte die Tarifkommission die Verhandlungen für gescheitert erklärt. Daraufhin hatte ver.di am 18. März die Urabstimmung in den Betrieben eingeleitet. Am 15. April stand das Ergebnis fest: 92,8 Prozent der ver.di Mitglieder haben sich in der Urabstimmung für Erzwingungsstreik zur Durchsetzung der Forderungen ausgesprochen. Damit ist das erforderliche Quorum von 75 Prozent weit übertroffen. ver.di ruft nun zu Arbeitsniederlegungen in allen sieben kommunalen Nahverkehrsunternehmen am 18. April und 19. April auf, um den Arbeitgebern, dem Kommunalen Arbeitgeberverband Baden-Württemberg (KAV), vor einem weiteren fünften Verhandlungstermin am 24. April ein klares Signal zu senden. Die Gewerkschaft rechnet damit, dass in allen sieben Betrieben in Stuttgart, Karlsruhe, Heilbronn, Freiburg, Baden-Baden, Esslingen und Konstanz an beiden Tagen kein Fahrdienst stattfinden wird. Hanna Binder, stellvertretende ver.di Landesbezirksleiterin: "Die Arbeitgeber sollten jetzt endlich einsehen: Das Votum aus den sieben Betrieben ist unmissverständlich: Die Beschäftigten meinen es ernst mit ihren Forderungen nach einer Arbeitszeitverkürzung und einer Nahverkehrszulage für alle." Jan Bleckert, ver.di Verhandlungsführer: "Kein Abschluss ohne echte Entlastung und Aufwertung. Und kein Abschluss, der die Belegschaften spaltet. Verhandlungsergebnisse in anderen Bundesländern und anderen Verkehrsbranchen zeigen, dass Arbeitszeitverkürzung möglich ist. Der KAV sollte jetzt seine ideologisch begründete Blockadehaltung aufgeben. Beschäftigte und Fahrgäste erwarten eine Lösung des Tarifkonflikts."

Bundesweite Wellenstreiks

Von Montag, dem 26. Februar 2024, bis zum Samstag, dem 2. März 2024, wurde im kommunalen Nahverkehr bundesweit in Wellen gestreikt. In einzelnen Bundesländern waren die Beschäftigten an unterschiedlichen Tagen in diesem Zeitraum in den Ausstand gegangen. Hauptstreiktag war der 1. März. der gleichzeitig auch Klimastreiktag war, zu dem ver.di, Fridays for Future (FFF) und weitere Sozial- und Umweltverbände in über 100 Städten aufgerufen hatten. In Berlin übergaben ver.di und FFF die gemeinsame Petition "Vorfahrt ÖPNV! - Mobilität für alle und gute Arbeit für die Beschäftigten im ÖPNV" an die Bundespolitik.

Die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) waren dabei mit ihrem Versuch gescheitert, den Streik in Leipzig gerichtlich zu untersagen. Dort entschied am 29. Februar das Arbeitsgericht am frühen Abend der beantragten einstweiligen Verfügung der LVB nicht stattzugeben, die Streikenden müssten lediglich 30 Personen für einen Notdienst im technischen Bereich gewährleisten. Wegen der Überschneidung von Nahverkehrsstreik und Klimaprotesten sah der Arbeitgeber eher politische als tarifpolitische Motive für den Streik, dieser Sicht folgte die Richterin am Arbeitsgericht allerdings nicht.

"Wir haben teilweise 9 Stunden Dienst ohne längere Pause. Viele Kolleg*innen sind krank oder geben den Beruf ganz auf. So kann das nicht weitergehen! Wir haben gelernt, dass einfache Appelle nicht reichen, um wirklich etwas zu verändern. Wir tun uns jetzt zusammen, um die Dinge selbst in die Hand zu nehmen."

Tina Nowak, Tramfahrerin aus Berlin

FFF unterstützt die ÖPNV-Beschäftigten schon seit längerem im Streik für bessere Arbeitsbedingungen und die Verkehrswende. Der ÖPNV ist das Herzstück der klimafreundlichen und sozial gerechten Mobilitätswende. Die Beschäftigten des Nahverkehrs befördern täglich 28 Millionen Fahrgäste und vermeiden dadurch 9,5 Millionen Tonnen CO2 im Jahr.

Hintergrund der Streiks sind die laufenden Tarifverhandlungen für die rund 90.000 Beschäftigten im kommunalen ÖPNV in über 130 kommunalen Unternehmen, in denen es hauptsächlich um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen geht und um eine Entlastung der Beschäftigten, beispielsweise durch eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit, Erhöhung des Urlaubsanspruches, zusätzliche Entlastungstage für Schicht- und Nachtarbeit sowie Begrenzung geteilter Dienste und unbezahlter Zeiten im Fahrdienst. "Das Signal, das die Beschäftigten mit ihrem Streik am 2. Februar ausgesendet haben, ist anscheinend nicht ausreichend verstanden worden, denn die Tarifverhandlungen in den einzelnen Bundesländern sind nach wie vor ohne Ergebnis geblieben", erklärte Christine Behle, stellvertretende ver.di-Vorsitzende, den erneuten Aufruf zum Streik.

"Die Beschäftigten haben ihren Teil zur Mobilitätswende beigetragen. Politiker auf allen Ebenen müssen nun die Herausforderungen der Klimakrise ernst nehmen und Maßnahmen für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Mobilität umsetzen."

Christine Behle, stellvertretende ver.di-Vorsitzende

Behle wies darauf hin, dass im ÖPNV ein dramatischer Arbeitsmangel herrsche und ein starker Druck auf die Beschäftigten bestehe. Täglich würden in allen Tarifbereichen Busse und Bahnen ausfallen, weil es nicht genug Personal gibt. "Es muss dringend etwas geschehen, damit die Beschäftigten entlastet werden. Die Arbeitgeber sind jedoch nach wie vor nicht bereit, die Forderungen zu erfüllen und den Beschäftigten entgegenzukommen. Damit ist ein Streik unumgänglich", so die ver.di-Vize.

Die Tarifverhandlungen finden in allen Bundesländern statt, in Bayern ist der Tarifvertrag aber nicht gekündigt. "Wir haben noch nirgendwo einen echten Durchbruch, deshalb kann es in jedem Bundesland außer Bayern im Laufe der Woche zu Streiks kommen", erklärte Behle. Die Entscheidung zum Aufruf zum Arbeitskampf treffen die örtlichen Tarifkommissionen mit Blick auf den eigenen Verhandlungsstand. Behle betonte, dass sie bedauere, dass hiermit auch die Fahrgäste getroffen würden. Jedoch werden die Streiks in den jeweiligen Bundesländern so frühzeitig angekündigt, damit sich die Fahrgäste darauf einstellen könnten.

Mehr Informationen zur Tarifrunde unter www.tv-n2024.verdi.de und zur Petition unter #wirfahrenzusammen

Bundesweit im Ausstand: ÖPNV Streik

Am frühen Freitagmorgen haben am 2. Februar bundesweit Warnstreiks im deutschen Nahverkehr begonnen. Rund 4000 Beschäftigte von Unternehmen des ÖPNV aus Baden-Württemberg, rund 2500 Beschäftigte aus Niedersachsen, 1200 in Bremen, mehrere Tausend Beschäftigte in Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hamburg, Berlin und Brandenburg, Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz, Saarland und Hessen waren am Ausstand beteiligt und haben an Streiks, Demonstrationen und Kundgebungen teilgenommen.

ver.di hatte die Beschäftigten im kommunalen Nahverkehr bundesweit, ohne Bayern, zu einem ganztägigen Streik am Freitag, 2. Februar 2024, aufgerufen. "Da jetzt in allen Bundesländern Tarifverhandlungen stattgefunden haben und ohne Ergebnis geblieben sind, ist der Zeitpunkt gekommen, um mehr Druck auf die Arbeitgeber zu machen", betonte die stellvertretende ver.di-Vorsitzende Christine Behle.

"Es muss dringend etwas geschehen, damit die Beschäftigten entlastet werden."

Christine Behle, stellvertretende ver.di-Vorsitzende

"Wir haben einen dramatischen Mangel an Arbeitskräften im ÖPNV und einen unglaublichen Druck auf die Beschäftigten. In allen Tarifbereichen fallen täglich Busse und Bahnen aus, weil es nicht genug Personal gibt. Es muss dringend etwas geschehen, damit die Beschäftigten entlastet werden", erklärt Behle.

Um eine Entlastung zu erreichen, haben die Beschäftigten bereits im Dezember Forderungen für die Tarifrunde aufgestellt, mit denen die Arbeitsbedingungen verbessert werden sollen. Denn die Arbeitsbedingungen im ÖPNV seien weit davon entfernt, konkurrenzfähig zu sein, betont Behle. Die Verkehrswende benötige auch eine echte Arbeitswende im Verkehr. Behle verweist auf die hohen Erwartungen an die Arbeitgeber in allen betroffenen Tarifbereichen. Bislang seien die Arbeitgeber jedoch nicht bereit, die Forderungen zu erfüllen und den Beschäftigten entgegenzukommen. Daher sei ein Streik unumgänglich. Die Beschäftigten würden in allen Bundesländern, ohne Bayern, zum ganztägigen Streik aufgerufen. Behle betont, dass sie bedauere, dass hiermit auch die Fahrgäste getroffen würden. Jedoch werde der Streik so frühzeitig angekündigt, damit sich die Fahrgäste darauf einstellen könnten.

Mehr Klimaschutz braucht mehr ÖPNV - ver.di und Fridays For Future fahren zusammen für ein besseres Klima

60 lokale Gruppen von Fridays for Future unterstützen die ÖPNV-Beschäftigten im Streik. Darya Sotoodeh, Sprecherin von Fridays for Future betont: "Wir alle brauchen einen verlässlichen Nahverkehr, mit dem wir sicher und günstig zur Arbeit, in den Club oder nach Hause kommen. Obwohl die Beschäftigten im Nahverkehr uns täglich dorthin bringen, gehen die Kürzungen von Scholz, Habeck und Lindner auf ihre Kosten: Sie haben immer weniger Pausen, werden aufgrund der hohen Belastung immer öfter krank und nicht wenige verlassen deswegen ihren Job. Das muss sich jetzt ändern, deswegen streiken wir gemeinsam mit den Beschäftigten im Nahverkehr. Damit sie bessere Arbeitsbedingungen und unser Nahverkehr eine Zukunft haben."

Entlastung und mehr

Bei der Tarifrunde im kommunalen Nahverkehr geht es vor allem um eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Zu den Kernforderungen gehören Entlastungselemente, in jeweils mehreren Bundesländern: Verkürzung der Wochenarbeitszeit, Erhöhung des Urlaubsanspruches, zusätzliche Entlastungstage für Schicht- und Nachtarbeit sowie Begrenzung geteilter Dienste und unbezahlter Zeiten im Fahrdienst.

Dazu werden in 14 Bundesländern die Flächentarifverträge über die Arbeitsbedingungen in den ÖPNV-Unternehmen verhandelt, hinzu kommen die Haustarifverträge der Hamburger Hochbahn und der VHH. In Brandenburg, dem Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen werden außer den Arbeitsbedingungen auch die Löhne und Gehälter der Beschäftigten verhandelt.

Die Tarifverträge unterscheiden sich an vielen Stellen voneinander und in jedem Tarifbereich gibt es eigenständige Forderungen, die jedoch in den Kernforderungen übereinstimmen.

Größtenteils TV-N

Der größte Teil der kommunalen ÖPNV-Unternehmen ist den Tarifverträgen Nahverkehr (TV-N) unterworfen, die in den Bundesländern (außer Hamburg) durch den jeweiligen Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) mit ver.di abgeschlossen und jeweils auch vor Ort verhandelt werden. Die Tarifverträge regeln Arbeitsbedingungen (Mantel) und Entlohnung. In sieben TV-N ist die Entgeltentwicklung unmittelbar an die Entgeltentwicklung im TVÖD gekoppelt (Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rhein-land-Pfalz, Sachsen). In den übrigen Bundesländern gibt es eigenständige TV-N-Entgelttarifverträge mit teilweise voneinander verschiedenen Laufzeiten.

Die Laufzeiten der Manteltarifverträge, in denen die Arbeitsbedingungen geregelt sind, wurden zum zweiten Mal synchronisiert, so dass alle Mäntel TV-N gleichzeitig kündbar waren. Der TV-N Bayern ist nicht gekündigt, hier wird auf Grundlage einer freiwilligen Verpflichtung der Arbeitgeber dennoch verhandelt. Die Haustarifverträge (Mäntel) der Hamburgischen ÖPNV-Unternehmen Hochbahn und VHH sind ebenfalls Teil dieser Tarifrunde.

Die nächsten Verhandlungsrunden finden wiederum zu unterschiedlichen Terminen statt.