German Federal Government

02/07/2025 | Press release | Archived content

Regierungspressekonferenz vom 7. Februar 2025

Sprecherinnen und Sprecher
• Staatssekretär Hebestreit
• Grüneberg (BMG)
• Keller (BMF)
• Deschauer (AA)
• Jenning (BMVg)
• Koufen (BMZ)
• Wagner (BMWK)

(Vorsitzende Wolf eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Hebestreit sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.)

StS Hebestreit

Auch von mir herzlich willkommen. Wie immer freitags beginnen wir mit dem Blick auf die öffentlichen Termine des Bundeskanzlersin der kommenden Woche, die natürlich etwas ausgesuchter sind, weil nebenbei ja noch ein Bundestagswahlkampf läuft, was Ihnen sicherlich nicht entgangen ist.

Der Bundeskanzler wird am kommenden Montag, dem 10. Februar, auf Einladung des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron zum AI Action Summitnach Parisreisen. Er wird dort am Abendessen für die Staats- und Regierungschefs teilnehmen. Der AI Action Summit ist der dritte KI-Gipfel in einer Reihe, die Großbritannien 2023 mit dem AI Safety Summit in London startete. Südkorea richtete im vergangenen Jahr den AI Seoul Summit aus, und Indien hat angekündigt, im kommenden Jahr den nächsten KI-Gipfel in dieser Reihe auszurichten. Zum Gipfel in Paris sind alle Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union eingeladen. Somit bietet sich die Gelegenheit für die EU-Staaten, eine gestaltende Rolle in diesen Fragen auszufüllen und die Bemühungen für einen globalen KI-Ordnungsrahmen zu unterstützen.

Am Dienstag, dem 11. Februar, wird der Bundeskanzler an der voraussichtlich letzten Plenarsitzung des Deutschen Bundestagesvor der Bundestagswahl am 23. Februar teilnehmen. Bei der um 9 Uhr beginnenden Debatte zur Situation in Deutschland wird er eine Rede halten.

Am Mittwoch, dem 12. Februar, tagt um 11 Uhr wie gewohnt das Bundeskabinettunter Leitung von Bundeskanzler Olaf Scholz.

Anschließend, um 12.30 Uhr, wird ein Valentinsstraußan den Bundeskanzler übergeben. Die Geste des Valentinsgrußes hat eine lange Tradition, und die Übergabe des Blumenstraußes erfolgt in diesem Jahr durch die Deutsche Blumenfee 2024/2025 Anne-Marie Bals. Als Botschafter des Gartenbaus sowie der Floristinnen und Floristen repräsentiert sie ein Jahr lang diese beiden Branchen ehrenamtlich.

Am frühen Mittwochabend wird der Bundeskanzler gemeinsam mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth im Vorfeld der Eröffnung der75. Internationalen Filmfestspiele Berlindie Mitglieder der internationalen Jury im Kanzleramt empfangen. Bei dem Termin handelt es sich um einen informellen Austausch mit dem diesjährigen Jurypräsidenten, dem US-amerikanischen Regisseur, Drehbuchautor und Produzenten Todd Haynes, sowie der Berlinale-Intendantin Tricia Tuttle und den weiteren Jurymitgliedern. Der Bundeskanzler wird um 18 Uhr zu dem Gespräch im Bundeskanzleramt eintreffen. Im Anschluss wird es Gelegenheit für ein gemeinsames Foto geben. Das Treffen ist - da müssen Sie jetzt ganz tapfer sein - nicht presseöffentlich.

Presseöffentlich wird aber der Auftritt des Bundeskanzlers am Samstag, dem 15. Februar, an der 61. Münchner Sicherheitskonferenz sein. Er wird dort teilnehmen und eine Rede halten. Der genaue Ablauf ist gerade noch in Findung; insofern kann ich Ihnen da noch nicht viel Weiteres verraten, auch nicht, was potenzielle Gesprächspartner am Rande der Konferenz angeht.

So weit die Termine des Bundeskanzlers, soweit Sie heute schon feststehen.

Frage

Herr Hebestreit, der Kanzler hat ja gesagt, seine Hand sei ausgestreckt, was die Vorhaben zur Migration, also die nationale Umsetzung der GEAS-Reform und das Bundespolizeigesetz angeht. Für wie realistisch halten Sie es, dass es da überhaupt noch zu einer Verständigung kommen kann, auch wenn man bedenkt, dass in diesem Angebot sozusagen kein Gegenangebot steckt?

StS Hebestreit

Ich glaube nicht, dass ich das beziffern könnte oder dass es meine Aufgabe wäre, die Eintrittswahrscheinlichkeit zu beschreiben. Richtig ist, dass das Thema Migration viele Menschen in diesem Land umtreibt. Richtig ist auch, dass diese Bundesregierung eine ganze Reihe von Schritten unternommen hat, um die irreguläre Migration zu begrenzen, und das auch mit einem sichtbaren Erfolg: Im Vergleich zum Vorjahr sind die Zahlen im vergangenen Jahr um 30 Prozent zurückgegangen, was die irreguläre Migration nach Deutschland angeht. Gleichzeitig haben wir bei den Rückführungen ein Plus von etwa 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr oder, wenn Sie das Jahr davor zur Basis nehmen, sogar fast 70 Prozent mehr Rückführung.

Trotzdem ist das noch nicht genug. Der Kanzler hat es so ausgedrückt: Man ist auf die richtige Straße eingebogen, aber man ist noch nicht am Ziel. Es gibt eine ganze Reihe von Gesetzen, die entweder schon fertig vorliegen, von den unionsregierten Ländern im Bundesrat aber aufgehalten worden sind, oder die, was das Gemeinsame Europäische Asylsystem angeht, im Deutschen Bundestag liegen. Jetzt ist es dann an denjenigen im Deutschen Bundestag, die das Thema alle sehr umtreibt, zu sehen, ob man gemeinsam zusammenkommt und noch vor der Bundestagswahl in gut zwei Wochen eine Einigung findet. Das hat der Bundeskanzler mit den Worten, dass seine Hand ausgestreckt sei, ausgedrückt.

Zusatzfrage

Ich weiß nicht, ob Sie das beantworten wollen oder ob das BMI das beantworten will: Sie haben da eine Kausalität zwischen den Maßnahmen, die von deutscher Seite ergriffen worden sind, und dem Rückgang der irregulären Migration hergestellt. Es gibt ja nun auch gesamteuropäisch einen Rückgang. Da wüsste ich gerne, wie Sie auf diese Kausalität kommen; denn es könnte ja auch ganz andere Ursachen haben, die zum Beispiel in den Balkanstaaten oder in Polen liegen.

StS Hebestreit

Ich würde auf jeden Fall von einer Kausalität sprechen, aber nicht davon, dass das monokausal ist. Das ist also nicht der einzige Grund für den Rückgang, aber es zeigt sich ja, dass das, was wir in den vergangenen zwei Jahren sowohl national als auch auf europäischer Ebene gemacht haben, nämlich das dysfunktionale Dublin-System neu zu verhandeln, wenn man so will, und dann eine Einigung auf das Gemeinsame Europäische Asylsystem auf europäischer Ebene hinzubekommen, erst einmal eine echte Leistung ist. Migration ist ja nicht etwas, das wir per Gesetz verbieten oder aufhalten können. Es gibt viele Menschen, die aus anderen Teilen der Welt nach Europa drängen; das ist eine Realität. Daher geht es einerseits um die Stärkung der EU-Außengrenzen. Das ist Teil des Paketes, was die GEAS angeht. Dann geht es um die Registrierung und solidarische Verteilung in Europa. Das ist etwas, was wir mit der Reform beschlossen haben und was kommen wird, aber im Augenblick noch nicht gilt und auch noch nicht funktioniert. All das sind Aspekte, die da mit hineinspielen.

Ich wundere mich manchmal über die Argumentation: Wenn Zahlen steigen, dann sagt man, die Regierung sei schuld, und wenn die Zahlen zurückgehen, dann sei das irgendwie gottgegeben oder passiere aus anderen Gründen. Insofern würde ich schon sagen, dass man darauf hinweisen darf, dass man große Maßnahmen gemacht hat. Auch die Grenzkontrollen an allen deutschen Außengrenzen, die es seit über einem Jahr gibt, zeigen da sicherlich eine gewisse Wirkung. Das zeigt ja, dass wir durch Handeln etwas tun.

Es gibt immer wieder den Vorwurf - der zwar wenig Substanz hat, aber doch große Wirksamkeit - diese Regierung habe beim Thema Migration nie etwas zustande gebracht. Das Gegenteil ist der Fall, und darauf darf man dann auch ab und zu verweisen. Das heißt nicht, dass damit alles schon gelöst ist und dass es keine Herausforderung gibt, die man angehen müsse. Deswegen liegen auch die von mir eben schon umfangreich geschilderten Gesetzesentwürfe vor, denen man zustimmen könnte - dann würden sie sogar Gesetzeskraft erlangen - oder eben nicht. Das ist dann Teil der politischen Auseinandersetzung.

Frage

An das BMG: Die AOK hat gestern mitgeteilt, dass die Widerspruchsquote für die elektronische Patientenakte nun schon bei 3,8 Prozent liege. Das sind dann ziemlich genau eine Million Menschen allein bei der AOK. Macht Ihnen das Sorgen?

Grüneberg (BMG)

Sie wissen ja, dass die Krankenkassen momentan die ePAs anlegen. Momentan sind knapp 70 Millionen ePAs bereits angelegt. Die aktuellen Zahlen können Sie auch in dem TI-Dashboard bei der Gematik abrufen. Wir sehen die Situation eigentlich als gut an. Der Minister hat auch gesagt, dass er mit dem bundesweiten Rollout im März bzw. im April rechnet. Erst wenn die ePA technisch sauber läuft und sicher ist, wird sie auch bundesweit eingesetzt. Die Ministerworte kennen Sie, er hat sich dazu auch in der BPK schon geäußert.

Zusatzfrage

Hat das Ministerium eine Prognose oder eine Erwartung, welcher Anteil der Versicherten in den nächsten Monaten vielleicht noch widersprechen wird, also wie hoch die Widerspruchsquote steigen könnte?

Grüneberg (BMG)

Darüber möchte ich nicht spekulieren.

Frage

(zur militärischen Unterstützung der Ukraine) An das BMF und an Herrn Hebestreit: Die "Süddeutsche Zeitung" schreibt, dass die Rüstungshilfen, auf die sich SPD, Union, Grüne und FDP im Grundsatz geeinigt hatten - das Drei-Milliarden-Euro-Paket -, vor dem Aus stünden.

An das BMF: Es soll eine Vorlage zur Weiterleitung an das BMF geben, die das Verteidigungsministerium und das Auswärtige Amt erarbeitet haben. Ist der Entwurf bei Ihnen angekommen? Wie ist da der aktuelle Bearbeitungsstand?

An Herrn Hebestreit: Jetzt einmal ganz offen: Wie steht der Bundeskanzler dazu?

Keller (BMF)

Ich kann mich relativ kurzfassen: Mein aktueller Stand ist, dass bei uns kein Antrag vorliegt.

StS Hebestreit

Ich glaube, wir hatten hier auch schon verschiedentlich erwähnt - so habe ich das in Erinnerung -, dass es keine leitungsabgestimmte Vorlage zwischen dem Verteidigungsministerium und dem Auswärtigen Amt gegeben hat. Insofern ist in dem Sinne keine Vorlage vorhanden, die man verschicken könnte.

Ich glaube, die Position des Bundeskanzlers zu diesem Vorgang ist sehr breit bekannt: Er ist grundsätzlich dafür, weitere drei Milliarden Euro für bilaterale Waffenhilfe für die Ukraine aufzubringen. Allerdings sagt er, dass man dafür eine Gegenfinanzierung braucht. Diese Gegenfinanzierung kann nicht einfach so durch Einsparungen im Haushalt erfolgen; denn die Lücke im Haushalt beläuft sich im Augenblick schon auf, wenn ich es richtig im Kopf habe, 25 oder 26 Milliarden Euro. Selbst wenn man großzügig sagt, dass zehn Milliarden Euro in der Regel nicht abfließen, gibt es immer noch eine Lücke von etwa 15 oder 16 Milliarden Euro, die man dann noch einmal um drei Milliarden Euro vergrößern würde.

Die nächste Bundesregierung, die der Bundeskanzler auch wieder anzuführen plant, steht dann ja immer noch vor der Aufgabe, einen verfassungsfesten Haushalt aufzustellen. Das ist der scheidenden Bundesregierung nicht gelungen; deshalb ist die Koalition im November zerbrochen. Insofern plädiert der Bundeskanzler massiv dafür, mit einem Überschreitungsbeschluss die Kosten, die wir für die Ukrainehilfe im Haushalt haben - im Entwurf für den Haushalt 2025 sind das 12,5 Milliarden Euro -, um die weiteren drei Milliarden Euro, um die es Ihnen gerade gegangen ist, zu erweitern - dann sind das 15,5 Milliarden Euro - und dafür einen sogenannten Überschreitungsbeschluss im Rahmen der Schuldenregel miteinander zu vereinbaren. Das schafft die Lücke, um auch all die anderen nötigen Investitionen, die es braucht, und Vorhaben im Bundeshaushalt bedienen zu können. Insofern ist das die Position - die hat er, glaube ich, umfänglich und mehrfach geäußert -, die es da gibt.

Zusatzfrage

Damit besteht sozusagen keine Chance für dieses Paket?

StS Hebestreit

Ich habe ja jetzt die Position des Bundeskanzlers, nach der Sie mich gefragt haben, kurz skizziert. Gleichzeitig ist das, wonach Sie gefragt haben, Gegenstand von Diskussionen im Deutschen Bundestag, und dann müssten Sie dort nachfragen. Ich habe die Position des Bundeskanzlers dargelegt.

Frage

Herr Hebestreit, Sie hatten ja die finanziellen Mittel gerade erwähnt. Gibt es denn neben diesen finanziellen Mitteln auch andere Fragen oder Streitpunkte, die dazu geführt haben, dass das Paket jetzt nicht verabschiedet wurde?

StS Hebestreit

Nein, ich glaube, es ging ausschließlich um die Frage der Finanzierung, und das habe ich jetzt ja sehr umfänglich dargelegt. Ich wüsste keinen anderen Ansatz. Deutschland hat - das vielleicht zur Erinnerung - seit Beginn dieses Krieges Hilfen - also nicht nur Militärhilfen, sondern auch andere Finanzhilfen und auch das, was wir aufgewendet haben, um Flüchtlinge, die aus der Ukraine zu uns gekommen sind, aufzunehmen und zu versorgen - in Höhe von knapp 44 Milliarden Euro ausgegeben. 44 Milliarden Euro sind eine immense Summe. Wir sind damit nach den Vereinigten Staaten der mit Abstand stärkste Unterstützer der Ukraine, und der Bundeskanzler und die Bundesregierung haben auch immer wieder betont, dass das so bleiben wird, dass wir da weiterhin zu unseren Zusagen stehen, zu unserer Unterstützung stehen. Darauf kann sich die Ukraine verlassen.

Frage

Die Fragen nach der Finanzierung der drei Milliarden würde ich ganz gerne auch an das Verteidigungsministerium und an das Außenministerium stellen.

Deschauer (AA)

Ich kann vielleicht noch einmal ganz grundsätzlich etwas ergänzen und auch darauf verweisen - der Kollege hat es schon angesprochen -, dass sich die Außenministerin heute ja auch in einer großen deutschen Tageszeitung noch einmal geäußert und betont hat, wie sehr die Ukraine derzeit an verschiedensten Fronten dramatisch unter Druck steht und wie sehr die Unterstützung benötigt wird, insbesondere Unterstützung im Bereich der ukrainischen Luftabwehr. Das ist eine absolute Notwendigkeit für die fortgesetzte Unterstützung der Ukraine in ihrem Kampf gegen den russischen Angriffskrieg. Wir hatten das Thema hier schon verschiedentlich in der Bundespressekonferenz. Meine Kollegen haben sich hier in der Vergangenheit auch schon dazu eingelassen und erläutert, dass das Auswärtige Amt mit dem Verteidigungsministerium durchaus Vorschläge erarbeitet hat, wie wir die Ukraine weiter verlässlich und planbar unterstützen möchten, auch hinsichtlich dringlicher Bedarfe im Bereich der Luftverteidigung. Das ist, glaube ich, unbestritten.

Ich werde jetzt keinen weiteren Einblick in Gespräche geben. Das machen wir grundsätzlich nicht, das wissen Sie. Aber wir arbeiten natürlich als Bundesregierung weiter gemeinsam daran, der Ukraine die dringende, notwendige Unterstützung zukommen zu lassen.

Jenning (BMVg)

Dem kann ich mich tatsächlich für unser Haus auch nur anschließen. Natürlich stehen wir weiter hinter der Ukraine und wollen die Unterstützung vorantreiben. Aber zu den Gesprächen, die laufen, habe ich natürlich hier an dieser Stelle auch nichts zu ergänzen.

Frage

Ich hatte eine Frage ans Auswärtige Amt, und zwar gab es gestern eine Nachricht oder ein Statement des neuen US-Außenministers, in dem es letztendlich darum ging, dass die USA die G20-Präsidentschaft Südafrikas boykottieren wollen, unter anderem mit der Begründung, dass sich die südafrikanische Ratspräsidentschaft für "equality" und auch den Kampf gegen den Klimawandel ausgesprochen hat. Ich würde Sie gerne um eine Stellungnahme dazu bitten.

Deschauer (AA)

Besten Dank für Ihre Frage. - Ich glaube, ich habe nicht jede einzelne Äußerung zu bewerten, aber ich kann Ihnen sagen, dass Gleichstellungsangelegenheiten und auch der Kampf gegen den Klimawandel für die Bundesregierung und dann auch für das Außenministerium gemeinsam mit internationalen Partnern im Grundsatz natürlich zentrale Anliegen sind. Insofern ist das quasi die Position der Bundesregierung in dieser Angelegenheit, die ich Ihnen mitteilen kann.

Frage

Ich habe eine Frage an das BMZ und auch an das Auswärtige Amt. Es geht um die Kürzungen bei USAID. Welche Gespräche führt die Bundesregierung derzeit mit USAID? Gibt es, was die Koordinierung von Projekten angeht, die nun bedroht sind, überhaupt einen Austausch in dieser Frage?

Konkret an das AA: Es gibt ja immer wieder auch Diskussionen über den Sinn eines eigenen Entwicklungsministeriums. Wäre es aus Sicht von Effizienzgründen nicht tatsächlich sinnvoll, auch alles in eine Hand zu legen?

Deschauer (AA)

Erneut vielen Dank. - Ich glaube, ich habe mich in dieser Woche schon zweimal zur USAID geäußert - am Montag und am Mittwoch in der Bundespressekonferenz -, habe die Position der Bundesregierung und dann den vor allem das Auswärtige Amt betreffenden Teil der humanitären Hilfe betont und auch gesagt, dass wir die Ankündigungen natürlich zur Kenntnis nehmen und jetzt erst einmal auch genau schauen müssen, was davon in welcher Form umgesetzt wird und welche Konsequenzen das dann auch wirklich konkret hat.

Weil Sie nach Projekten fragten: Sie werden verstehen, dass wir das in der Kürze der Zeit jetzt noch nicht im Einzelnen herunterbrechen können, aber natürlich bestrebt sind, uns wie bezüglich aller Themen von internationaler Bedeutung mit unseren internationalen Partnern - dazu gehören natürlich die USA - sehr eng abzustimmen und auch zu besprechen.

Ihre zweite Fragestellung, glaube ich, habe ich gar nicht zu kommentieren. Fragen danach, wie sich die Bundesregierung aufstellt, auch im Sinne von Ressortzuständigkeiten, sind ja immer Fragen, die eine Bundesregierung als solche betrifft und die ich vonseiten des Auswärtigen Amtes nicht zu kommentieren habe. Ich kann nur sagen: Wir arbeiten in den Belangen, die uns gemeinsam betreffen - das sind nämlich zum Beispiel Fragen der humanitären Hilfe, des Wiederaufbaus, der Stabilisierung -, eng und gut mit den Kollegen des BMZ zusammen.

Koufen (BMZ)

Ich kann sehr gerne etwas ergänzen. Die Außen- und die Entwicklungspolitik sind ja zwei unterschiedliche Dinge. Die Entwicklungspolitik liegt auch im deutschen Interesse. Sie hat eine lange Tradition - das Ministerium gibt es ja nun schon sehr, sehr lange -, und das BMZ hat sich großes Vertrauen in vielen Partnerländern gerade im globalen Süden aufgebaut. Darauf zu verzichten, wäre mit Sicherheit ein Verlust, auch für uns hier in Deutschland. Wir sind ein Land, das ja darauf angewiesen ist, dass wir überall gute Beziehungen ins Ausland pflegen, und jeder zweite Euro wird bei uns im Export verdient. Deswegen sehen wir weiterhin einen großen Nutzen in einer Eigenständigkeit des BMZ.

Zusatzfrage

Nachfrage an das BMZ: Sind Ihnen einzelne Projekte bekannt, die jetzt durch die Kürzung in den USA vielleicht gefährdet sind, auf die Sie mit Sorge schauen?

Koufen (BMZ)

Was mit Sicherheit betroffen ist, sind eine Reihe von großen Fonds, gerade im Gesundheitsbereich, in die USAID als größter Beitragszahler einzahlt, zum Beispiel die Impfallianz Gavi, durch die ja massive Impfkampagnen laufen. Es geht erst einmal um die Grundimmunisierung von Kindern gegen Krankheiten wie Polio, Diphtherie usw., was bei uns ja Standard ist. Es geht aber zum Teil auch um Impfungen gegen Krankheiten, also gegen Viren, die zum Beispiel Durchfallerkrankungen hervorrufen, was eine der häufigsten Todesursachen in den Ländern des globalen Südens ist. Das sind also wichtige Fonds. Wenn da der größte Beitragszahler seine Beiträge deutlich reduziert oder gar streicht, dann hat das mit Sicherheit Auswirkungen.

Frage

Auch dazu an das BMZ: Können Sie so ein bisschen so einen Überblick geben? Wie viele Projekte sind es denn, die Deutschland mit USAID kofinanziert, die jetzt akut gefährdet sind oder generell geprüft werden?

Koufen (BMZ)

Es geht tatsächlich eher um große Fonds - wir sprechen immer von multilateraler Entwicklungszusammenarbeit -, im Rahmen derer wir jetzt nicht nur mit USAID, sondern mit vielen anderen Gebern zusammenarbeiten. Im bilateralen Bereich, also jetzt rein zusammen mit den USA, kann ich Ihnen jetzt noch keine Zahl nennen.

Frage

Ich würde einmal bei Trumpbleiben. Er hat ja gestern auch angekündigt, dass er gegen Mitglieder des Internationalen Strafgerichtshofs Sanktionen verhängen wird, und hat dem Gerichtshof Machtmissbrauch vorgeworfen. Was antworten Sie dem Präsidenten?

Deschauer (AA)

Ich würde das im Grundsatz kommentieren. Wir haben die Ankündigung zur Kenntnis genommen. Wir müssten jetzt auch noch einmal schauen, wie sie sich materialisiert. Es ist aufgrund der Ankündigung, wie sie jetzt gestaltet ist, auch noch nicht klar, welche konkreten Auswirkungen sie dann in der Sache haben wird. Aber sehr grundsätzlich: Der IStGH ist eine der größten Errungenschaften des internationalen Völkerstrafrechts. Wir unterstützen den IStGH als Deutschland und werden das auch weiterhin tun.

Ich kann vielleicht noch kurz darauf referieren, dass bereits in der ersten Amtszeit des jetzigen US-Präsidenten ähnliche Maßnahmen ergriffen wurden und sich die IStGH-Vertragsstaaten seinerzeit auch gemeinsam hinter den IStGH als die größte Errungenschaft des internationalen Völkerstrafrechts gestellt haben. Der IStGH baut auf wichtigen Prinzipien auf - das sind die Durchsetzung des Völkerstrafrechts und die Unabhängigkeit der internationalen Gerichte -, und so werden wir auch als Europäer, als Deutschland einer der größten Unterstützer des IStGH bleiben.

Lassen Sie mich noch einen kleinen Ausblick geben: Ich wäre jetzt nicht völlig überrascht, wenn sich in New York einige Staaten im Laufe des heutigen Tages zusammenfinden und das auch noch einmal öffentlich kundtun würden.

Zusatzfrage

Können Sie zum letzten Satz, dass Sie nicht überrascht wären, noch etwas sagen, das noch einmal erläutern?

Deschauer (AA)

Ich habe Ihnen eine nette Piste gebaut. Es gab in der Vergangenheit, als in der ersten Amtszeit entsprechende Maßnahmen getroffen wurden, auch entsprechende Kommunikation in Form der Unterstützung für den IStGH durch Vertragsstaaten. Noch einmal: Ich wäre nicht völlig überrascht, wenn so etwas erneuert werden würde.

StS Hebestreit

Letztlich ist das Plädoyer, heute nicht zu früh in das Wochenende zu starten.

Frage

Wir sind ja leider gerade bei einem ziemlich traurigen Feuerwerk, das der neue US-Präsidentda abfackelt. Schauen wir einmal auf den Umbau des eigenen Staatsapparates. Wie bewertet die Bundesregierung, dass da Staatsbeamte im Grunde genommen gezwungen werden, ihren Dienst zu quittieren, dass mehr oder minder unverhohlen der ganze Staat umgebaut wird und im Grunde genommen mit Getreuen bestückt werden soll? Wie groß ist die Sorge?

StS Hebestreit

Es wird Sie nicht überraschen, dass wir das natürlich beobachten, aber von dieser Stelle aus nicht kommentieren. Grundsätzlich bleibt es erst einmal jedem Land überlassen.

Die Bundesrepublik Deutschland ist mit einem sehr schlagkräftigen und verlässlichen Beamtenapparat sehr gut gefahren. Wenn man dem Staat Aufgaben übereignet, dann braucht man auch das Personal, damit der Staat diese Aufgaben erfüllen kann. Das gilt nicht nur hier, sondern überall. Dabei würde ich es bewenden lassen wollen.

Frage

Meine Frage richtet sich an das BMF. Ist es richtig, dass die Angebotevon Volkshochschulen und anderen Trägern allgemeiner Weiterbildungnicht mehr generell umsatzsteuerbefreitsind? Es wird gesagt, das habe angeblich mit EU-Recht zu tun. Einige zweifeln aber an, dass das notwendig sei. Ist das in Vorbereitung, und, wenn ja, weshalb? Das würde auf dem Erlasswege geschehen und bräuchte keine Gesetzgebung, richtig?

Keller (BMF)

Genau. Zum einen ist wichtig, dass wir aktuell über Entwürfe reden. Weil sie noch Änderungen unterliegen, liegt es in der Natur der Sache, dass wir aktuell noch nichts im Detail dazu sagen können.

Ganz grundsätzlich möchte ich sagen, dass das nicht "angeblich" wegen Rechtsprechung aus dem europäischen Raum so ist, sondern Anwendungserlasse sind regelmäßig an Rechtsänderungen sowie Rechtsprechung des EuGH sowie des BFH anzupassen. Die Erlasse enthalten Klarstellungen hinsichtlich Steuerbefreiungsnormen sowie beispielsweise Definitionen, wann Weiterbildungsleistungen im Einzelfall von der Umsatzsteuer befreit sind. Wie gesagt, befindet sich das aber aktuell noch im Entwurfsstadium.

Zusatzfrage

Ist damit zu rechnen, dass die demnächst geschäftsführende Bundesregierung das noch eintütet?

Keller (BMF)

Das kann ich nicht beurteilen. Es wird daran gearbeitet.

Zusatzfrage

Der Sohn des früheren Schahssagt - ich meine, er hat es auf X geschrieben -, das Auswärtige Amthabe interveniert, um seine Teilnahme an der Münchner Sicherheitskonferenzzu verhindern. Ist das so richtig dargestellt? Wenn ja, was ist der Grund?

Deschauer (AA)

Ich werde das gar nicht kommentieren. Ich spreche hier nicht für die Münchner Sicherheitskonferenz. Sie trifft ihre Einladungsentscheidungen im Grundsatz völlig selbstständig. Insofern habe ich diesbezügliche Berichterstattung nicht zu kommentieren.

Zusatz

Dann haben Sie mich vielleicht missverstanden. Er hat gesagt, das Auswärtige Amt habe interveniert, um dafür zu sorgen, dass er dort nicht teilnimmt.

Deschauer (AA)

Ich habe Sie richtig verstanden. Aber Sie referieren auf eine Berichterstattung, die ich nicht kommentiere, weil ich Ihnen sage, dass die Münchner Sicherheitskonferenz im Grundsatz ihre Einladungsentscheidungen für eine Vielzahl von Teilnehmern weltweit eigenständig trifft.

Zusatz

Gut. Meine Frage ist aber, ob Sie als Auswärtiges Amt versucht haben, auf sie in dem Sinne einzuwirken, dass dieser Mensch nicht teilnehmen soll.

Deschauer (AA)

Dazu treffe ich keine Aussage. Aber Sie können dem keinerlei Bestätigung entnehmen. Ich verweise einfach darauf, dass die Münchner Sicherheitskonferenz als Institution ihre Einladungsentscheidungen selbst trifft. Ich habe Sie schon richtig verstanden, aber ich bleibe trotzdem bei meiner Antwort.

Zusatz

Dann sagen Sie doch: Ich will das nicht beantworten. - Das fände ich sauberer.

Deschauer (AA)

Ich finde es sauber, wie ich es beantwortet habe. Ich habe es Ihnen jetzt dreimal dargestellt, und das ist auch korrekt. Die Münchner Sicherheitskonferenz entscheidet über die Einladungen in Eigenständigkeit.

Frage

An das BMWK: Es geht um den Einbruch der Exportzahlenim vergangenen Jahr um ein Prozent gegenüber den Zahlen von 2023. Können Sie das bewerten und Ursachen und Folgen schildern?

Wagner (BMWK)

Ursachen und Folgen, das ist eine komplexe Frage. Zunächst verweise ich darauf, dass wir uns in jedem Monatsbericht des BMWK zur wirtschaftlichen Lage äußern, der jeweils Mitte des Monats erscheint. Ausführliche Hinweise finden Sie auch im Jahreswirtschaftsbericht sowie in der Herbstprojektion des vergangenen Jahres.

Ganz generell ist die wirtschaftliche Lage, wie sie der Minister auch beschrieben hat, als er den Jahreswirtschaftsbericht vorgestellt hat, sehr komplex und herausfordernd. Im vergangenen Jahr hatten wir mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, die sich auch nach der Überwindung der Energiekrise gezeigt haben. Wir haben gesehen, dass wir nicht nur konjunkturelle, sondern vor allem auch strukturelle Schwierigkeiten haben. Dabei ging es um die Standortbedingungen, also um die Energiepreise, hohe Bürokratielasten und auch um die Fachkräftelücke. Mittlerweile haben wir nicht mehr nur eine Fachkräftelücke, sondern eine Arbeitskraftlücke.

Die Bundesregierung hat diesbezüglich einiges auf den Weg gebracht. Aber vieles, was gerade auch in der Wachstumsinitiative enthalten ist und beschlossen wurde, konnte nicht mehr umgesetzt werden. Deshalb sehen wir in diesem Jahr weniger Wachstum als noch bei der Herbstprojektion im vergangenen Oktober prognostiziert.

Sie kennen die aktuelle Debatte. Der Minister hat sich als Minister im Jahreswirtschaftsbericht noch einmal geäußert. Daneben läuft jetzt die politische Debatte darüber, welche Maßnahmen die richtigen sind, um den Standort wieder voranzubringen. Wie gesagt, finden Sie wichtige Hinweise dazu im Jahreswirtschaftsbericht.