German Federal Government

03/27/2024 | Press release | Distributed by Public on 03/28/2024 07:17

Regierungspressekonferenz vom 27. März 2024

Sprecherinnen und Sprecher
• Staatssekretär Hebestreit
• Dr. Schneidewindt (BMBF)
• Haberlandt (BMG)
• Wagner (AA)
• Funke (BMI)
• Haufe (BMWK)
• Collatz (BMVg)

(Vorsitzender Feldhoff eröffnet die Pressekonferenz und begrüßt StS Hebestreit sowie die Sprecherinnen und Sprecher der Ministerien.)

StS Hebestreit

Deutschland wird sich künftig noch stärker an internationalen Polizeimissionen beteiligen. Das Bundeskabinett hat heute beschlossen, dafür die Personalgrenzen für die drei EU-Missionen, und zwar die Missionen in Armenien, in Georgien und in Somalia, anzuheben. Für die zivile EU-Mission in Armenien wird die Obergrenze von 15 auf 25 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte angehoben, für die Beobachtermission der Europäischen Union in Georgien steigt das Kontingent von 20 auf 30, und bei der EU-Mission zum Ausbau der Kapazitäten in Somalia wird die Obergrenze künftig 20 Polizistinnen und Polizisten betragen. Bislang liegt sie bei zehn. Zu allen drei genannten Missionen können darüber hinaus auch zivile Expertinnen und Experten hinzugezogen werden.

Mit der Entscheidung, mehr Personal für die drei Missionen bereitzustellen, leistet die Bundesregierung einen wichtigen Beitrag zur Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union, und dieses Engagement steht - das wissen Sie - im Einklang mit den Zielen der Nationalen Sicherheitsstrategie. Die Änderung der Personalobergrenzen für die einzelnen Missionen muss nicht vom Bundestag beschlossen werden, da es sich um zivile, unbewaffnete Missionen handelt.

Das Kabinett hat heute auch den Entwurf eines Medizinforschungsgesetz beschlossen. Es geht im Kern darum, klinische Prüfungen von Arzneimitteln zu vereinfachen, zu beschleunigen und zu entbürokratisieren, um damit die Medizinforschung hierzulande weiter zu stärken, ohne dass es Einbußen für die Sicherheit von Patientinnen und Patienten gibt. Künftig soll das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zentraler Ansprechpartner für derartige Zulassungsverfahren sein. Die Genehmigungsverfahren sollen dort gebündelt, verzahnt und beschleunigt und auch die Prüfungen vereinfacht werden.

Das Gesetz ist die Umsetzung der Pharmastrategie, die das Kabinett im vergangenen Dezember auf den Weg gebracht hat. Ihr Ziel ist es, den Pharmastandort Deutschland attraktiver zu machen; denn der Pharmasektor hat eine große Bedeutung sowohl für die Gesundheitsversorgung unseres Landes als auch als Wirtschaftsfaktor.

In der Wissenschaft gibt es trotz Verbesserungen noch einen hohen Anteil kurzzeitiger Arbeitsverträge mit weniger als einem Jahr Laufzeit und insgesamt lange Befristungsphasen. Um dem entgegenzuwirken, hat das Bundeskabinett heute eine Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft beschlossen. Unter anderem werden Mindestvertragslaufzeiten eingeführt, und zwar für studentische Beschäftigte von mindestens einem Jahr, für Erstverträge vor der Promotion von mindestens drei Jahren und für Erstverträge nach einer erfolgreichen Promotion von mindestens zwei Jahren. Für die Phase nach der Promotion soll ein neues 4+2-Modell eingeführt werden. Die Höchstdauer der Befristung nach einer Promotion soll von ursprünglich sechs auf damit vier Jahre verringert werden. Eine anschließende Befristung für zwei Jahren ist dann nur noch in Ausnahmefällen möglich.

Ziel all dieser Änderungen ist es, für den Bereich der befristeten Regelungen in der Wissenschaft mehr Verlässlichkeit, Planbarkeit und Transparenz für die Beschäftigten zu schaffen. Es geht im Kern darum, angemessene Vertragslaufzeiten zu gewährleisten und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Zugleich soll die Attraktivität der Arbeit in der Wissenschaft erhöht und die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des Wissenschaftssystems hierzulande gestärkt werden.

So weit mein knapper Bericht aus dem Kabinett von heute!

Frage

An Herrn Hebestreit oder das Forschungsministerium: Zu dieser 4+2-Regelung sagen die Gewerkschaften, das werde dazu führen, dass viele versuchen würden, ihre Promotion innerhalb von vier Jahren zu machen. Das ist eigentlich eine Verschlechterung. Ich habe mit jemandem gesprochen, der gesagt hat, das werde ja nicht ohne Burnout funktionieren. Können Sie mir erklären, was genau daran die Verbesserung ist? Warum ist diese 4+2-Regelung also in Ihrem Sinne eine Verbesserung und nicht, wie die Gewerkschaften sagen, eine Verschlechterung?

StS Hebestreit

Das zuständige Fachressort wird sich äußern.

Dr. Schneidewindt (BMBF)

Herzlichen Dank für die Frage! - Wie der Regierungssprecher schon gesagt hat, geht es jetzt darum, mit diesem Gesetz einen Rahmen zu schaffen und erstmals überhaupt verbindliche Mindestlaufzeiten für Erstverträge einzuführen. Das ist das, worauf man sich verständigen konnte und was das Bundeskabinett heute beschlossen hat. Das ist das, was ich dazu sagen kann.

Zusatzfrage

Das heißt, Sie sehen nicht die Gefahr, dass jemand, der promoviert, dass jetzt schneller machen muss, nicht mehr innerhalb von sechs Jahren, sondern von vier Jahren, und damit gar nicht hinterherkommt?

Dr. Schneidewindt (BMBF)

Das ist, wie gesagt, ein Rahmen. Die Notwendigkeit wurde gesehen, überhaupt erst einmal Befristungen [Mindestvertragslaufzeiten] einzuführen, um diese hohe Anzahl von Verträgen, die kurze und noch viel kürzere Laufzeiten haben, zu reduzieren. Das ist das, was dieses Gesetz jetzt erst einmal nach der Evaluierung erreichen möchte, weil man gesehen hat, dass das ursprüngliche Gesetz von 2007 nicht das gebracht hat, was man erhofft hatte. Wie sich das dann ausgestaltet, das ist dann auch die Aufgabe in der Umsetzung. Die liegt, wie gesagt, bei den Hochschulen.

StS Hebestreit

Wenn ich das meinem Sprechzettel richtig entnommen habe, handelt es sich bei dem 4+2-Modell um die Phase nach der Promotion. Dann hat man seine Promotion also schon geschafft, und dann geht es ja eigentlich um die weitere Verwendung im wissenschaftlichen Betrieb.

Frage

Herr Hebestreit, ist das, was jetzt geschaffen wurde, das, was man sich 2021 in den Koalitionsvertrag hineingeschrieben hat, nämlich bessere Rahmenbedingungen? Hochschulvertreter, Studentenvertreter, Promovierendenvertreter, Gewerkschaften, alle kritisieren diesen Entwurf jetzt ganz scharf. Das verschlechtert die Situation, verbessert sie nicht.

Frau Schneidewindt, können Sie uns sagen, warum die Tarifsperre für den Wissenschaftsbereich nicht gestrichen wird?

StS Hebestreit

Natürlich ist es eine Verbesserung, wenn es bisher sehr, sehr kurze Laufzeiten von Verträgen gegeben hat und es auch immer wieder zu Kettenverträgen gekommen ist, dass man da Verbesserungen schafft. Dass sich Beteiligte auch noch mehr hätten vorstellen können, liegt in der Natur der Sache. Aber wir halten es auf jeden Fall für eine Verbesserung gegenüber der jetzigen Regelung.

Dr. Schneidewindt (BMBF)

Da würde ich gerne anschließen. Ich habe die Frage so verstanden, dass es um eine vollständige Öffnung für das Tarifrecht geht. Herr Kollege?

Zusatzfrage

Ich hatte gefragt, warum die Tarifsperre im Wissenschaftsbereich nicht gestrichen wird.

Dr. Schneidewindt (BMBF)

Auch dabei geht es um den Punkt, Dinge, die möglich sind, zu beschließen. Es ist ja eine Mitgestaltungsmöglichkeit der Tarifpartner erweitert worden.

Zusatzfrage

Aber die Streichung der Tarifsperre war nicht möglich? Natürlich war sie möglich. Das muss man ja nur beschließen!

Warum ist eine Verkürzung der Befristungsdauer nach der Promotion eine Verbesserung, Herr Hebestreit?

StS Hebestreit

Ich glaube, es geht um Mindestlaufzeiten. Die Praxis, die vorher vorlag, war, dass es nach Promotionen immer wieder Befristungen statt entfristeter Verträge gab. Das ist ja eine andere Variante, die man auch in den Blick nehmen kann, dass also auch reguläre, unbefristete Anstellungsverhältnis gewählt werden können. Dass man Befristungen reguliert, um eben nicht ständig Kettenverträge abschließen zu müssen, und dass dadurch auch eine Planbarkeit für das eigene Leben und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für die Beschäftigten hinzubekommt, ist insofern durchaus eine Verbesserung, Herr Kollege.

Dr. Schneidewindt (BMBF)

Es ging ja bei dem Gesetz von 2007 damals darum, die Besonderheiten der Wissenschaft anzuerkennen, und dies bleibt auch im Rahmen dieses Gesetzes gewahrt.

Zusatz

Das beantwortet aber jetzt trotzdem nicht die Frage, warum die Tarifsperre nicht gestrichen wird. Das ist ja möglich, und Sie meinte, Sie hätten das gemacht, was möglich war. Das haben Sie ja nicht gemacht.

Dr. Schneidewindt (BMBF)

Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz ist ja ursprünglich gemacht worden, um Besonderheiten des Wissenschaftsbereichs Rechnung zu tragen. Das ist das, was ich an dieser Stelle dazu sagen kann. Ich kann gerne noch einmal schauen, ob wir etwas nachreichen können, aber das ist das, was ich dazu jetzt sagen kann.

Frage

Der Bundesrechnungshof bemängelt nach einem Medienbericht, dass das BMG gegen Vergaberecht und den Geheimschutz verstoßen habe, indem es den Auftrag für eine Coronaimpfkampagne an die Agentur brinkertlück übertragen hat. Was sagen Sie zu dieser Kritik?

Haberlandt (BMG)

Erst einmal vielen Dank! - Das BMG teilt die Einschätzung des Rechnungshofs ausdrücklich nicht. Die Unterbeauftragung der Agentur brinkertlück ist mündlich mit der Rahmenvertragsagentur Scholz & Friends erfolgt und erfüllt damit aus Sicht des BMG die vergabe- und vertragsrechtlichen Vorgaben. Das haben wir auch schon ausführlich im Parlament auf entsprechende Anfragen dargelegt.

Im Übrigen, wenn man diesen Bericht betrachtet, kann der falsche Eindruck entstehen, als würde es sich bei der mündlichen Absprache um einen 45-Millionen-Euro-Auftrag handeln. Das ist nicht der Fall. Die Agenturleistungen, über die wir sprechen, waren mit 865 000 Euro angesetzt. Der Rest sind Ausgaben für Plakate, Spots, Anzeigen etc.

Zusatzfrage

Wie erklären Sie sich denn, dass der Bundesrechnungshof zu dieser Einschätzung gekommen ist, zu der er gekommen ist?

Haberlandt (BMG)

Das BMG teilt, wie gesagt, die Einschätzung des Rechnungshofs ausdrücklich nicht. Damit ist alles gesagt.

Frage

Die Anhänger der PKK haben gestern Abend in Hannover das türkische Konsulat angegriffen. Gibt es eine Reaktion der Bundesregierung?

Wagner (AA)

Vielen Dank für die Frage. - Der gestrige Übergriff vermummter Personen auf das türkische Generalkonsulat in Hannover, wie Sie ja auch richtig sagen, ist der Bundesregierung bekannt, und wir verurteilen ihn auf das Schärfste. Gewalt gleich welcher Couleur hat in unserer Gesellschaft keinen Platz, und das gilt natürlich in besonderem Maße auch für die unter besonderem Schutz stehenden Auslandsvertretungen in Deutschland. Hinsichtlich dieses Themas stehen wir natürlich mit der türkischen Seite in Kontakt, und wir hoffen, dass die Täter jetzt schnell ermittelt und strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Zusatzfrage

In der jüngsten Vergangenheit gab es auch Angriffe der PKK auf türkische Einrichtungen, insbesondere auf Moscheen. Die türkische Community ist sehr besorgt über die Übergriffe. Was tun die deutschen Sicherheitsbehörden, um die Sicherheit der türkischen Community zu sichern?

Wagner (AA)

Das richtet sich sicherlich gleich an das BMI. Aber ich wollte noch einmal klarstellen, dass wir jetzt keine Erkenntnisse zu der Urheberschaft haben. Da läuft ja, wie gesagt, gerade die Ermittlung. Insofern sage ich noch einmal: Wir verurteilen diesen Angriff. Der muss jetzt schnell aufgeklärt werden, und die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden.

Funke (BMI)

Ich kann vielleicht nur ganz kurz ergänzen, dass die Sicherheitsbehörden das selbstverständlich im Blick haben und alles in ihrer Macht Stehende tun, um Gewalt gegen sämtliche Einrichtungen und gegen sämtliche Gruppierungen bei uns zu verhindern. Auch in diesem spezifischen Fall wird es Ermittlungsmaßnahmen geben, um das näher aufzuklären.

Frage

Mir wäre auch neu, dass die Täter schon ermittelt worden wären. Haben Sie denn Hinweise auf die Täterschaft, Herr Wagner?

Wagner (AA)

Herr Kollege, ich glaube, es gab eine Pressemitteilung des türkischen Außenministeriums, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, aber ich habe keine Hinweise unsererseits darauf, wer da der Urheber ist. Insofern müssen wir jetzt auf die Ermittlungen der Behörden warten.

Frage

Herr Hebestreit, Herr Haufe, am Sonntag dürfen wir ja alle wieder die Uhren vorstellen und eine Stunde weniger schlafen. Eigentlich sollte das ja schon längst passé sein. Irgendwie kommt man da auf EU-Ebene nicht voran. Wie ist denn der aktuelle Stand? Wird Deutschland vielleicht noch einmal eine dahingehende Initiative starten? Bei Umfragen sagen nämlich regelmäßig drei Viertel der Befragten, dass sie eigentlich gegen die Zeitumstellung seien.

StS Hebestreit

Da muss sich jetzt wirklich überlegen! Ich glaube, das ist mir im Regierungshandeln überhaupt noch nicht aktiv begegnet. Ich weiß, dass das auf EU-Ebene immer wieder ein Thema gewesen ist.

Mir geht es persönlich so, dass ich mich im Frühjahr immer ärgere und im Herbst immer freue, und am Ende hebt sich das auf. Ich weiß nicht, ob das die Massen bewegt. Ich mache mich gern noch einmal kundig, aber zum jetzigen Zeitpunkt kann ich von keiner Initiativen berichten. Auch beim vergangenen EU-Gipfel in der letzten Woche in Brüssel hat das keine Rolle gespielt.

Vorsitzender Feldhoff

Ergänzungen, Herr Haufe?

Haufe (BMWK)

Nein.

Frage

Ich wollte zur UN-Resolution in Bezug auf Gaza kommen. Herr Wagner, es wurde ja einerseits gesagt, dass die Hamas alle Geiseln in Gaza freilassen müsse. Das ist bisher nicht geschehen, und Israel hält sich auch nicht an die geforderte Waffenruhe; nach dem, was man bisher weiß, genauso wenig wie die Hamas. Auf Israel haben Sie Einfluss. Welche Konsequenzen hat jetzt die Nichtbefolgung der Resolution des UN-Sicherheitsrats aus Ihrer Sicht?

Wagner (AA)

Vielleicht noch einmal einordnend, Herr Kollege: Die Außenministerin hat sich dazu gestern eingelassen. Wir begrüßen, dass der Sicherheitsrat am Montag diese Resolution verabschiedet hat, die, wie Sie ja sagen, eine sofortige Waffenruhe für den Ramadan fordert und zu einem nachhaltigen, dauerhaften Waffenstillstand führen soll. Das entspricht ja dem, was wir zum Beispiel beim Europäischen Rat, aber auch an anderer Stelle immer wieder gefordert haben, nämlich dass es zu einer sofortigen humanitären Feuerpause kommt, die es eben ermöglicht, dass die Geiseln freikommen und auch mehr humanitäre Hilfe nach Gaza kommt.

Ich glaube, es ist jetzt im Grunde so: Das zentrale Organ der Vereinten Nationen hat jetzt in einer wichtigen Frage eine Entscheidung getroffen, und natürlich müssen sich alle Akteure daran halten. Diese Entscheidung gibt ja vor, was die Seiten zu tun haben.

Zusatzfrage

Ja, aber Israel hält sich ja nicht daran. Was folgt daraus?

Wagner (AA)

Israel verteidigt sich erst einmal selbst, das haben wir hier ja immer wieder dargestellt. Es ist immer noch so, dass weit über hundert Menschen als Geiseln in der Hand der Hamas sind. Gleichzeitig ist es so, dass das Leid mit Blick auf die humanitäre Lage in Gaza unendlich groß ist und natürlich die israelische Regierung angehalten ist, mehr dafür zu tun, dass humanitäre Hilfe nach Gaza hineinkommt.

Wir haben hier schon oft dargelegt, in was für einer komplexen, von Dilemmata behafteten Situation sich dieser Konflikt bewegt. Ich glaube, es ist unsere Aufgabe - und das tun wir als Bundesregierung, das tut die Außenministerin, das tun aber auch andere Mitglieder des Kabinetts und auch der Bundeskanzler - zu schauen, welchen Unterschied wir machen können. Dazu sind wir mit unseren internationalen Partnern, aber eben auch mit der israelischen Regierung kontinuierlich im Austausch und im Gespräch.

Frage

Herr Wagner, Sie betonen immer wieder das Selbstverteidigungsrecht Israel. Ist das Töten von über 32 000 Palästinensern, unter ihnen mehr als 10 000 Frauen und Kinder, noch Selbstverteidigung?

Wagner (AA)

Herr Kollege, wir betonen das Leid auf beiden Seiten. Es ist ja, wie ich sage, eine wahnsinnig komplexe Situation. Es ist eben so, dass nach wie vor täglich Angriffe von der Hamas auf Israel gehen, dass die Hamas weiterhin das Existenzrecht des Staates Israel infrage stellt und dass in Gaza weiterhin weit über hundert Menschen, darunter Frauen und Kinder, als Geiseln in der Hand der Hamas sind.

Zugleich ist es mit Blick auf die humanitäre Lage so, dass es ein unglaubliches Leid in Gaza gibt, dass Menschen dort hungern, dass nicht genug humanitäre Hilfe nach Gaza hineinkommt. Da sind wir natürlich auch sehr deutlich und erwarten, dass die israelische Regierung ihren Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht mit Blick auf den Schutz der Zivilbevölkerung nachkommt.

Frage

Noch einmal zu der Resolution: Das Neue ist ja, dass es jetzt eine Entscheidung des UN-Sicherheitsrats gibt. Sie sagen ja selbst: Israel muss sich daran halten. Was passiert, wenn Israel sich nicht daran hält?

Wagner (AA)

Die Hamas muss sich im Übrigen auch an diese Resolution halten. Ich habe ja dargelegt - - -

Zusatz

Aber die Hamas ist ja kein Staat.

Wagner (AA)

Na ja, gut, aber die Frage ist ja: Wie kommen wir zu einer nachhaltigen Lösung? Eine nachhaltige Lösung sieht eben auch vor, dass die Hamas ihre Angriffe einstellen muss und die Geiseln freilassen muss. Gleichzeitig ist es so, dass mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen kommen muss. Für diese beiden Aspekte ist es wichtig, dass wir schnell zu einer humanitären Feuerpause kommen.

Zusatzfrage

Ich hatte Sie so verstanden, dass die Feuerpause es ermöglichen würde, die Geiseln freizulassen. Jetzt haben Sie gesagt, dass die Geiseln freigelassen werden müssen - und dann kommt es zur Feuerpause?

Wagner (AA)

Herr Kollege, ich lasse mir jetzt von Ihnen die Worte nicht im Mund verdrehen.

Zusatz

Das haben Sie gesagt!

Wagner (AA)

Unsere Haltung ist doch sehr klar: Es braucht eine humanitäre Feuerpause, weil wir auch zu einer nachhaltigen Lösung dieses Konflikts kommen wollen. Diese Feuerpause ist wichtig dafür, dass die Geiseln freikommen und dass mehr humanitäre Hilfe nach Gaza hineinkommt.

Frage

Die Ministerin war jetzt fünften oder sechsten Mal -

Wagner (AA)

Zum siebten Mal!

Frage

- zum siebten Mal in der Region, zum sechsten Mal in Israel. Was hat sie auf ihrer letzten Reise, also vor zwei Tagen bzw. gestern, konkret erreicht?

Wagner (AA)

Ich fange vielleicht einmal grundsätzlich an: Ich verstehe ihren Frust, dass wir noch nicht in einer schnellen Lösung dieses Konflikts sind. Ich will aber einfach noch einmal aufblättern, dass es ein wahnsinnig komplexer Konflikt ist, bei dem es auf beiden Seiten nur Leid und unheimlich viele Dilemmata gibt und auch keine schnelle Lösung.

Insofern machen wir das, wofür wir da sind und wofür wir ja auch mit unserer Verantwortung einstehen: Wir probieren, jeden Stein umzudrehen und die Millimeter an Fortschritten zu gehen, die möglich sind. Das ist zum einen die Frage des humanitären Zugangs nach Gaza, die Frage, wie über den Landweg, wie über die Grenzübergänge mehr humanitäre Hilfe nach Gaza hineinkommen kann. Das ist wichtig, weil das der effektivste Weg ist, die Bevölkerung in Gaza mit dem, was sie braucht, zu versorgen. Das ist zum anderen die Frage, wie wir in einen politischen Prozess kommen können, an dessen Ende dann eine Zweistaatenlösung stehen muss; denn wir sind der Überzeugung, dass das der einzige Weg ist, diesen Konflikt, den Nahostkonflikt, nachhaltig zu lösen. Das ist darüber hinaus der Austausch mit unseren Partnern in der Region, die da eine wichtige Rolle spielen. Das sind unsere Bemühungen, die Geiseln freizubekommen. Insofern machen wir Tag und Nacht nichts anderes, als uns da einzubringen und zu schauen, dass wir an konkreten Punkten vorankommen.

Zusatzfrage

Das war jetzt tatsächlich ganz allgemein, und in den letzten Wochen haben Sie das Gleiche gesagt. Aber gab es konkrete Fortschritte - auch in kleinen Schritten, in Millimetern?

Wagner (AA)

Sie haben sicherlich mitbekommen, dass wir zum Beispiel Airdrops machen; dazu können die Kollegen des BMVg sicherlich noch mehr ausführen. Sie haben sicherlich mitbekommen, dass es Diskussionen und Gespräche zu einem maritimen Korridor nach Gaza gibt. Sie haben sicherlich mitbekommen - das hat die Ministerin bei ihrem jüngsten Besuch auch noch einmal sehr öffentlich herausgestellt -, über welche Themen wir in Bezug auf den humanitären Zugang mit der israelischen Regierung sprechen. Insofern mache ich mir Ihre Einschätzung da jetzt nicht zu eigen, dass es keinen Fortschritt gäbe.

Frage

Verstehe ich Sie richtig, dass die Weigerung der israelischen Seite, sich an die Entscheidung des UN-Sicherheitsrats zu halten, aus deutscher Sicht keine tatsächlichen Konsequenzen haben wird?

Wagner (AA)

Herr Kollege, der Beschluss des UN-Sicherheitsrats ist in jedem Fall politisch bindend, und daran haben sich alle zu halten.

Zusatzfrage

Und wenn das nicht passiert - was ja Tatsache ist -, dann hat das aus deutscher Sicht trotzdem keine Konsequenzen?

Wagner (AA)

Ich lasse mich hier jetzt nicht auf Spekulationen darüber festnageln, was morgen oder übermorgen ist. Ich glaube, wichtig ist doch, was unsere Haltung ist, an welchen Schnellschrauben wir probieren zu drehen, welche Positionen wir vertreten, wo wir probieren, das Leid der Menschen in Gaza zu lindern, und gleichzeitig auf die an diesem Konflikt beteiligten Seiten einzuwirken, sodass wir in eine nachhaltige Lösung dieses Konflikts kommen.

Frage

Ich habe eine Frage zur Tarifeinigung bei der Deutschen Bahn: Herr Hebestreit, wie bewertet der Kanzler die Tarifeinigung und das gefundene flexible Arbeitsmodell?

Vor dem Hintergrund, dass Herr Wissing gestern gesagt hat, ein Tarifkonflikt in dieser Art und Weise sollte nicht Schule machen und sollte sich nicht wiederholen: Plant die Regierung irgendwelche Konsequenzen aus diesem Konflikt?

StS Hebestreit

Die Regierung hat ja weit überwiegend ständig darauf hingewiesen, dass es Tarifautonomie in diesem Land gibt und dass man sich aus Arbeitskämpfen heraushält. Das bleibt auch weiterhin die Linie dieser Bundesregierung.

Der Kanzler hat unlängst seiner Hoffnung Ausdruck verliehen, dass man - ich sage es einmal in meinen Worten - bei der Bahn bzw. in diesem Konflikt zu Potte kommt. Das ist jetzt geschehen. Insofern ist es erst einmal gut, dass es eine gütliche Einigung gibt, und es ist auch gut, dass die Fahrgäste der Deutschen Bahn mit einer gewissen Zuversicht in die Osterfeiertage reisen können. Es ist aber nicht Sache der Regierung, das konkrete Ergebnis mit seinen Auswirkungen jetzt zu bewerten. Das sind Entscheidungen der Tarifparteien, und die gilt es auch zu respektieren.

Zusatzfrage

Also keine Konsequenzen?

StS Hebestreit

Nein.

Frage

Ich habe noch eine Verständnisfrage, weil Freitag ja keine Pressekonferenz ist: Wie ist es mit den Terminen des Kanzlers? Kommen die heute, morgen oder gar nicht?

StS Hebestreit

Die kommen gar nicht; denn der Bundeskanzler gönnt sich ein paar freie Tage. Er ist natürlich als Kanzler immer im Amt, aber nicht in Berlin.

Frage

Haben Sie ein paar spannende Details für uns, womit Herr Scholz seine freien Tage verbringt?

StS Hebestreit

Ich gehe davon aus, dass er nicht Ostereier sucht, aber ansonsten ein paar freie Tage gemeinsam mit seiner Gattin genießt.

Frage

Herr Hebestreit, Herr Wagner, der Wahlprozess in Venezuela scheint nicht reibungslos zu laufen. Das größte Oppositionsbündnis sagt, die gewünschte Kandidaten habe nicht registriert werden können. Welche Position nimm die Bundesregierung dazu ein?

Wird darüber bilateral mit Venezuela gesprochen, oder haben Sie dies vor?

Wagner (AA)

Vielen Dank für die Frage. Zur Einordnung: Venezuela leidet unter einer lang anhaltenden politischen und sozialen Krise. Insofern sind freie, faire und glaubwürdige Präsidentschafts- und Parlamentswahlen der Schlüssel für eine friedliche und demokratische Zukunft Venezuelas und die Lösung der anhaltenden politischen Krise.

Insofern unterstützen wir weiterhin die Forderungen nach freien Wahlen. Wir sind besorgt angesichts der Berichte über anhaltende Menschenrechtsverletzungen in Venezuela und die willkürliche Festnahme von Personen im Umfeld der Opposition.

Es ist ganz klar, dass zum Abhalten freier und fairer Präsidentschaftswahlen gehört, dass diese unter ordentlichen Rahmenbedingungen stattfinden. Darauf hatten sich die Regierung Venezuelas und die Opposition im sogenannten Abkommen von Barbados im Oktober 2023 geeinigt. Wir sehen jetzt mit Sorge, dass es Rückschritte bei der Umsetzung dieses Abkommens gibt.

Zusatzfrage

Wird auch bilateral darüber gesprochen, oder haben Sie das vor?

Wagner (AA)

Wir haben mit der derzeitigen Regierung anlassbezogen und nur auf Arbeitsebene Kontakt. Aber unsere Position zu den Wahlen in Venezuela habe ich ja zum Ausdruck gebracht.

Zusatzfrage

Welche Position nehmen Sie zu diesem punktuellen Fall der Kandidatin Corina Yoris ein, die nicht registriert werden konnte?

Wagner (AA)

Dazu kann ich, denke ich, sagen, dass es dem Abkommen von Barbados eindeutig widersprechen würde, wenn die Vorwürfe, dass Frau Yoris gezielt an der Registrierung gehindert worden sei, vollumfänglich zutreffen sollten.

Frage

Ich will zu der Causa Assange kommen. Es gab eine vorläufige Entscheidung des britischen High Court, dass es keine Auslieferung von Herrn Assange an die USA gibt. Herr Hebestreit freut sich der Kanzler darüber? Er hatte sich Anfang März ja gegen die Auslieferung ausgesprochen. Ich kann mir vorstellen, dass das jetzt in seinem Sinne gewesen ist.

Herr Wagner, wie bewertet das die Außenministerin?

StS Hebestreit

Der Bundeskanzler fühlt sich in seiner Position bestätigt, was das Vertrauen in die britische Gerichtsbarkeit angeht.

Zusatz

Aber seine Position war ja auch, dass er gegen die Auslieferung ist.

StS Hebestreit

Wir haben immer wieder betont, dass es eine britische Gerichtsbarkeit gibt und dass wir darauf vertrauen. Das zeigt sich auch in diesem Fall.

Wagner (AA)

Dem möchte ich mich anschließen. Aus unserer Sicht zeigt die gestrige Entscheidung vor allen Dingen eines, nämlich, dass die britische Justiz unabhängig und unparteiisch arbeitet. Im Übrigen kann ich Sie zu dem Fall auch noch auf unsere Einlassung von gestern auf der Plattform X verweisen.

Frage

Ich habe eine Frage zur indischen Justiz. Herr Wagner, ich komme auf den Fall des verhaftenden Oppositionspolitikers Arvind Kejriwal zurück. Nachdem Ihr Kollege den Fall am Freitag kommentiert hat, wurde der stellvertretende Botschafter in Delhi vom dortigen Außenministerium einbestellt. Heute ist das unter ähnlichen Umständen auch seiner amerikanischen Amtskollegin passiert.

Wie bewertet das AA diese Reaktion seitens der indischen Regierung? Sehen Sie sie als verhältnismäßig an? Haben Sie dafür Verständnis?

Wagner (AA)

Vielen Dank, Herr Kollege. In der Tat hat sich mein Kollege vergangene Woche hier zu dem Fall eingelassen. Insofern habe ich jetzt keinen neuen Stand. Aber lassen Sie mich noch einmal sagen, dass das Thema, wie Sie schon gesagt haben, mit der indischen Seite am Samstag erörtert worden ist. Lassen Sie mich aber auch noch einmal betonen, dass wir, Indien und Deutschland, großes Interesse an einer vertieften Kooperation haben und diesbezüglich vertrauensvoll zusammenarbeiten. Insofern würde ich ungern aus vertraulichen internen Gesprächen berichten.

Zusatzfrage

Sie und Herr Hebestreit haben gerade ihr vollstes Vertrauen in die britische Justiz ausgedrückt. Haben Sie auch vollstes Vertrauen in die indische Justiz?

Wagner (AA)

Die indische Verfassung - das kann ich aus eigener Ansicht sagen; ich selbst war in Indien auf Posten - garantiert grundlegende Menschen- und Freiheitrechte. Diese demokratischen Werte teilen wir mit Indien als einem wichtigen Partner in Asien.

Frage

(zum Nahostkonflikt) Vielleicht kann uns Herr Collatz sagen, wann es den letzten Hilfsflug der Bundeswehr über Gaza gab.

Collatz (BMVg)

Sie können bei Luftwaffe gern noch genauer nachfragen, aber ich meine, es war gestern. Wir haben dabei mit acht Flügen etwas über 45 Tonnen an Hilfsgütern verflogen.

Zusatzfrage

Gibt es diese Woche noch einen?

Collatz (BMVg)

Das können wir noch nicht genau sagen, weil wir der zentralen Planung der Flugleitung vor Ort unterliegen. Sie wird durch Jordanien gemacht. Es kommt immer darauf an, was gerade bereitsteht, welche Flugzeuge aus verschiedenen Nationen vor Ort und bereit sind. Abhängig davon wird die Flugplanung gemacht.

Mittwoch, 27. März 2024
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