German Federal Chancellor

02/02/2023 | Press release | Distributed by Public on 02/02/2023 09:45

„Man kann wirklich etwas erreichen“

Im Kinder- und Jugendparlament Marburg (KiJuPa) engagieren sich etwa 100 Kinder und Jugendliche. Die Mitglieder werden alle zwei Jahre an den Marburger Schulen gewählt. Bundeskanzler Olaf Scholz wird bei seinem Besuch an einer Sitzung des Kinder- und Jugendparlaments teilnehmen - und sich mit den jungen Leuten austauschen. Beim Gespräch dabei sind auch Lasse Wenzel, Magdalena Hescher und Liam Neurath. Lasse Wenzel, 15 Jahre, ist seit einem Jahr Vorsitzender des KiJuPa. Er engagiert sich bereits seit sechs Jahren. Seit fünf Jahren ist Magdalena Hescher, 19 Jahre, stellvertretende Vorsitzende. Sie ist seit zehn Jahren beim KiJuPa aktiv. Liam Neurath ist 16 Jahre alt und engagiert sich seit drei Jahren im Kreisjugendparlament.
Frage: Was sind Eure Erwartungen an den Besuch des Bundeskanzlers?

Lasse: Wir freuen uns sehr auf seinen Besuch. Ich hoffe auf einen Dialog auf Augenhöhe. Und fände es sehr gut, wenn er sich für unsere Themen interessiert, sie ernst nimmt. Wichtig finde ich vor allem, dass wir ihm mit unserem Parlament in Marburg zeigen können, welche funktionierenden Formate es in Städten für Kinder- und Jugendbeteiligung gibt.

Wie kam es zu Eurem Engagement im Kinder- und Jugendparlament?

Lasse: Ich bin ja schon seit der dritten Klasse dabei. Damals wurde in der Schule Werbung für das Kinder- und Jugendparlament gemacht, das hat mich direkt angesprochen. Ich hatte auch direkt ein konkretes Thema. Mich und viele andere hat es gestört, dass auf dem Fußballplatz bei uns keine Linien eingezeichnet waren, es gab noch nicht mal eine Torlinie. Weil ich das ändern wollte, habe ich mich zur Wahl aufstellen lassen, und bin dann so in das Kinder- und Jugendparlament gekommen. Dort habe ich auch einen entsprechenden Antrag gestellt, der angenommen wurde. Und am Ende gab es dann Linien auf dem Fußballplatz. Das Erfolgserlebnis hat mir gezeigt, dass man wirklich etwas erreichen kann. Und weil mir das Engagement großen Spaß gemacht hat, habe ich mich als Vorsitzender beworben.

Magdalena: Schon mein Bruder war zwei Jahre vor mir im Kinder- und Jugendparlament aktiv. Dadurch habe ich diese Form von Engagement kennengelernt. Ausschlaggebend war aber auch bei mir ein konkreter Anlass: Ich wollte unbedingt erreichen, dass an einem ziemlich düsteren Weg in der Nähe von meinem Zuhause eine Straßenlaterne aufgestellt wird. Denn so war es schon ziemlich unheimlich, wenn man dort entlanggehen musste. Also habe ich mich über das Kinder- und Jugendparlament für eine solche Straßenlaterne eingesetzt. Die wurde zwar nie errichtet, weil es ein Privatweg ist. Doch gerade weil ich es so wichtig finde, sich zu engagieren und etwas zu bewegen, bin ich dabeigeblieben.

Liam: Bei mir kam es durch meine Familie. Da sind fast alle politisch engagiert. Und als es für mich die Möglichkeit gab, mich im Jugendparlament auf Kreisebene zu engagieren, habe ich die Chance direkt genutzt.

Das Kinder- und Jugendparlament Marburg besitzt ein eigenes Budget von etwa 6.000 Euro pro Jahr. Die Kinder und Jugendlichen haben ein Rederecht in der Stadtverordnetenversammlung. Dort können auch Anträge eingebracht werden. Diese werden dann in den zuständigen Ausschüssen und der Stadtverordnetenversammlung beraten, diskutiert und abgestimmt. Das KiJuPa tagt sieben Mal im Jahr, die Sitzungen sind öffentlich.

Mit welchen politischen Themen beschäftigt ihr Euch hauptsächlich?

Magdalena: Am Anfang einer Legislaturperiode gibt es immer eine Kennenlernfahrt. Dabei wird auch von den Mitgliedern des KiJuPa gemeinsam besprochen, welche inhaltlichen Schwerpunkte wir setzen wollen. Das sind vor allem Umweltschutz, Schule, Verkehr, und alles rund um den Klimawandel. Die einzelnen Anträge ergeben sich dann oft anlassbezogen.

Lasse: Das Besondere bei uns ist ja vor allem, dass die Themen nicht "von oben" bestimmt werden. Sondern dass sich Kinder und Jugendliche direkt an uns wenden können, wenn sie etwas umtreibt.

Wie kann man Eurer Meinung nach erreichen, dass sich mehr junge Leute politisch engagieren?

Lasse: Zunächst sollte die Kinder- und Jugendbeteiligung in allen Städten kein Kann, sondern ein Muss werden. Damit meine ich, dass es auf jeden Fall überall für junge Leute Möglichkeiten geben muss, sich verbindlich in politischen Prozessen einzubringen. Und dass sie auch wirklich angehört werden. Natürlich gerade dann, wenn es um Themen geht, die sie direkt betreffen, wie zum Beispiel Empfehlungen zur Höhe von Taschengeld. Hier in Marburg ist das der Fall, da werden Kinder und Jugendliche und ihre Anliegen auch ernst genommen. Und was den Willen zum Engagement angeht, glaube ich, dass es Sinn machen würde, überall in den Schulen zum Beispiel im Politikunterricht mehr Werbung für solche Formate wie Kinder- und Jugendparlamente zu machen. Viele wissen ja gar nicht, dass es so etwas überhaupt gibt.

Magdalena: Wir in Marburg haben auch gute Erfahrungen mit den Teamern gemacht, die uns unterstützen. Das sind Studierende und die Jugendbildungsreferentin, die einen im Kinder- und Jugendparlament ziemlich gut unterstützen. Die nehmen einem auch die Scheu, vor einer größeren Gruppe zu sprechen. Einmal im Jahr reden wir ja vor der Stadtverordnetenversammlung. Das ist dann schon etwas Besonderes, wenn man vor den erwachsenen Politikerinnen und Politikern auftritt.

Mit parlamentarischer Arbeit seid ihr schon vertraut. Wollt ihr Euch später hauptberuflich politisch engagieren?

Magdalena: Ich will mich auf jeden Fall weiter politisch aktiv einbringen. In welcher Form, weiß ich im Moment noch nicht. Ich tue mich etwas schwer damit, mich auf eine Partei festzulegen. Bei uns im Kinder- und Jugendparlament geht es ja um überparteiliche Arbeit, es geht um die Themen von Kindern und Jugendlichen. Das empfinde ich schon als Vorteil.

Liam: Bei mir ist schon klar, dass ich mich weiter engagiere. Nur in welcher Art und Weise, das weiß ich jetzt auch noch nicht.

Lasse: Ich will gerne Berufspolitiker werden, das ist aktuell mein Ziel. Aber ob das wirklich so kommt, da muss man abwarten. Denn früher war auch schon einmal Feuerwehrmann mein Traumberuf. Das hat sich dann geändert. Aber dass ich mich politisch intensiv engagiere, steht für mich fest.

Die Gründung von Kinder- und Jugendparlamenten ist in erster Linie Sache der Kommunen. Der Bund möchte aber die kommunale Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sowie die bundesweite Vernetzung und Qualifizierung stärken. Um dies zu erreichen, fördert der Bund die Initiative "Starke Kinder- und Jugendparlamente". Sie ist Teil derJugendstrategie der Bundesregierung.