German Federal Chancellor

03/23/2023 | Press release | Distributed by Public on 03/23/2023 05:20

Pressestatement von Bundeskanzler Scholz zum Europäischer Rat am 23. und 24. März 2023

BK Scholz: Guten Morgen! Ich erwarte heute sehr gute und konstruktive Diskussionen. Das ist auch gut vorbereitet für die Fragen, die wir miteinander zu besprechen haben - zunächst mit dem UN-Generalsekretär, wo es darum geht, wie wir dafür Sorge tragen können, dass global die Welt zusammenhält und dass wir sicherstellen können, dass die Unverletzbarkeit von Grenzen und Frieden das Miteinander der Nationen bestimmen, aber natürlich auch, wie wir sicherstellen können, dass aus dem furchtbaren Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine keine Konsequenz folgt, die lautet: Ernährungsunsicherheit in der Welt, Hunger in der Welt und steigende Preise. Deshalb ist es so wichtig, dass wir immer wieder dafür Sorge tragen, dass auch die Getreideexporte zum Beispiel aus der Ukraine unverändert fortgesetzt werden können. Ich bin dem UN-Generalsekretär sehr dankbar für seine Vermittlungen und Aktivitäten in dieser Frage.

Wir werden dann natürlich vertieft auch mit Präsident Selensky noch einmal die Frage des gegenwärtigen Zustands des Krieges Russlands gegen die Ukraine diskutieren. Die Europäische Union ist geeint, handelt gemeinsam und solidarisch. Das ist etwas, was Putin niemals im Blick hatte: dass die Unterstützung für die Ukraine so geschlossen und auch so lange funktioniert. Wir sind auch darauf vorbereitet, die Ukraine so lange zu unterstützen, wie das tatsächlich notwendig sein wird.

Dann werden wir uns mit vielen Fragen beschäftigen, die auf der europäischen Agenda stehen - richtigerweise. Eine wird die Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union sein, also die Frage: Wie schaffen wir es, in kurzer Zeit ein Kontinent zu werden, der CO2-neutral wirtschaftet und gleichwohl seine Chancen als erfolgreicher Wirtschaftsraum zu sichern, vorne dabei zu sein, wenn es um moderne Technologien geht, und gute Arbeitsplätze zu sichern? Das ist möglich, und genau das ist die Aufgabe, über die wir hier auch miteinander sprechen werden und die eine große Rolle spielen wird.

Frage: Herr Bundeskanzler, viele Kollegen von Ihnen sind sehr irritiert, was das Verbrenner-Aus angeht. Wie will Deutschland seine Glaubwürdigkeit erhalten?

BK Scholz: Es gibt klare Verständigungen in Europa. Dazu zählt auch die von allen unterschriebene Vorstellung, dass es eine Regelung geben soll, die die Europäische Kommission vorschlägt, die sicherstellt, dass nach 2035 Fahrzeuge, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden können, weiter zugelassen werden können. Das ist schon Konsens, das ist auch das Ergebnis des Trilogs, und es geht jetzt eigentlich nur noch ganz pragmatisch darum, den richtigen Weg zu finden, diese von der Kommission ja längst gegebene Zusage auch umzusetzen. Wenn ich die Gespräche zwischen der Kommission und der Bundesregierung richtig verstehe, was den zuständigen Kommissar und den zuständigen Minister betrifft, dann ist das alles auf gutem Weg.

Frage: Aber ist nicht viel Geschirr zerschlagen worden?

BK Scholz: Es ist immer richtig, sich an die eigenen Zusagen zu halten. Und die Zusage lautet in einem Erwägungsgrund, dass es einen solchen Vorschlag der Kommission gibt. Und es wird ihn ja auch geben.

Frage (akustisch unverständlich)

BK Scholz: Eines ist ganz klar: Russland hat viel Unterstützung in der Welt verloren. Die Entscheidungen der UN-Generalversammlung sind sehr exemplarisch dafür und sind ja auch wiederholt gefallen. Viele von den Ländern, die dort nicht mit abgestimmt haben, die sich bei der Generalversammlung enthalten haben, haben ja eine klare Haltung. Sie finden, dass der russische Angriffskrieg völlig unvertretbar ist. Sie verurteilen diesen Angriffskrieg. Sie wissen, dass es den Frieden in der Welt bedrohen würde, wenn mächtige Nachbarn weniger mächtige überfallen. Genau das ist das, was der russische Angriffskrieg ausmacht. Deshalb ist auch klar, dass es einen Weg gibt, wie der Frieden gewährleistet werden kann, nämlich wenn Russland Truppen zurückzieht.

Frage: Erwarten Sie Fortschritte beim Thema MERCOSUR?

BK Scholz: Es ist so, dass wir die Handelspolitik voranbringen wollen. Es gibt viele, viele Vereinbarungen, die wir zustande gebracht haben, und viele, die wir vorhaben. Dazu zählt auch MERCOSUR. Ich bin ganz fest davon überzeugt, dass in der Welt, in der wir heute leben, die Zusammenarbeit mit vielen Regionen der Welt für Europa von größter Bedeutung ist. Das wird eine Welt mit vielen erfolgreichen Wirtschaftsnationen sein. Um die Mitte des Jahrhunderts werden 10 Milliarden Menschen auf dem Planeten leben. Davon werden viele einen wachsenden Wohlstand haben, industrielle Strukturen, Möglichkeiten, Rohstoffe exportieren. Auch das spielt für uns eine Rolle.

Mir ist wichtig, dass wir, wenn wir über die Handelspolitik diskutieren, auch klar machen, dass wir ein fairer Partner sind. Da gibt es auch Dinge, neu zu organisieren. Ich finde zum Beispiel, dass das Abkommen zwischen der Europäischen Union und Chile sehr vorbildlich ist, weil es auch eigenständige Entwicklungsmöglichkeiten Chiles mit beinhaltet hat, was etwa die erste Verarbeitung von Rohstoffen betrifft, die dort aus der Erde geholt werden. Gegenwärtig ist es ja doch so, dass ganz, ganz viele über Importe zum Beispiel aus China diskutieren. Aber wenn man genauer hinschaut, sind das gar keine Rohstoffe, die in China aus der Erde geholt worden sind, sondern sie sind aus allen Teilen der Welt zusammengeklaubt und irgendwo dort aus der Erde geholt worden. Wenn wir möglich machen, dass dort, wo die Rohstoffe liegen, auch zum Beispiel der Verarbeitungsprozess stattfindet, dann schafft das für viele dieser Länder Wohlstand, aber gewährleistet gleichzeitig auch ein resilienteres und von weniger einzelnen Ländern abhängiges globales Wirtschaftssystem.

Schönen Dank!